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Ostheim
Aus für zwei Filialen: Warum die Bäckerei Lenhardt ihren Laden in Stockheim und das Café in Ostheim schließt
In den beiden Filialen geht das Licht aus: Die Familienbäckerei Lenhardt wird sich künftig auf ihr Hauptgeschäft in Oberelsbach konzentrieren. Was sind die Gründe?
Die Bäckerei Lenhardt in Oberelsbach wird in vierter Generation fortgeführt. Ute und Joachim Lenhardt freuen sich, dass ihre Tochter Johanna (Mitte) den Betrieb übernehmen wird.
Foto: Simone Stock | Die Bäckerei Lenhardt in Oberelsbach wird in vierter Generation fortgeführt. Ute und Joachim Lenhardt freuen sich, dass ihre Tochter Johanna (Mitte) den Betrieb übernehmen wird.
Simone Stock
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:35 Uhr

Nach 19 Jahren ist Schluss: Ende November schließt die Bäckerei Lenhardt aus Oberelsbach ihr Café mit Verkaufsstelle im Rhönmarkt in Ostheim. In der Zweigstelle in Stockheim gehen schon einen Monat früher die Lichter aus. Ute und Joachim Lenhardt haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, versichern sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Doch am Ende entscheiden die Zahlen. Und die sprechen eine deutliche Sprache: "Es rechnet sich einfach nicht mehr."

In der Filiale in Stockheim, die vor sechs Jahren eröffnet wurde, haben bislang zwei Verkäuferinnen gearbeitet. Nach dem Tod einer Mitarbeiterin kann der Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden. Ende des Monats gehen daher im Geschäft in der Hauptstraße die Türen zu. Die Verkäuferin vor Ort hat bereits eine neue Arbeitsstelle gefunden, sagt Ute Lenhardt.  

Der Arbeitskräftemangel wirkt sich voll auf den Familienbetrieb aus

Und wie sieht es für die fünf Mitarbeiterinnen in der Filiale in Ostheim aus? Eine Verkäuferin wird künftig im Betrieb in Oberelsbach arbeiten, die anderen Kolleginnen suchen sich neue Arbeitsplätze. Ute und Joachim Lenhardt konzentrieren sich künftig auf ihr Hauptgeschäft, die Bäckerei und das Mühlencafé in Oberelsbach sowie die Verkaufsstelle im örtlichen Tegut.

"Es sind vor allem wirtschaftliche Gründe, die uns zu diesem Schritt zwingen", bedauert Ute Lenhardt. Aber auch der Arbeitskräftemangel wirke sich voll auf den Familienbetrieb aus. "Sonntags steht die ganze Familie von 7.30 bis 17 Uhr im Café und bedient die Kunden. Personal für das Wochenende ist ganz schwer zu finden."

Für Bäckermeisterin Johanna Lenhardt stand schon sehr früh fest, dass sie den elterlichen Betrieb einmal übernehmen will.
Foto: Marc Huter | Für Bäckermeisterin Johanna Lenhardt stand schon sehr früh fest, dass sie den elterlichen Betrieb einmal übernehmen will.

Seit der Corona-Pandemie habe sich die Situation deutlich verschlechtert. Doch das sind nicht die einzigen Sorgen, die die Bäckerei-Inhaber drücken. "Unsere Öfen werden mit Öl betrieben, das kommt uns teuer, und auch der Strompreis wird zum 1. Januar 2024 deutlich steigen", klagt Joachim Lenhardt. Gestiegene Preise für Mehl und höhere Löhne kommen obendrauf. "Und wenn die Ernte schlecht ist, steigen die Preise weiter. Darauf haben wir keinen Einfluss." 

Im Edeka-Markt in Ostheim gibt es weiterhin Lenhardt-Backwaren

Knapp ein Jahr hat die Familie hin und her überlegt, wie es weitergeht. Nachdem die Kunden in Ostheim bislang aus dem Vollen schöpfen und zwischen drei Bäckereien wählen konnten, bleiben nun Ende November noch zwei übrig. 

Doch auch ohne eigene Filiale müssen die Kunden nicht auf die Backwaren der Lenhardts verzichten: Den Edeka-Markt Leyh werden sie, wie in den vergangenen Jahrzehnten, auch weiterhin beliefern, versichern Ute und Joachim Lenhardt.    

"Wir bekommen derzeit viel Zuspruch von unseren Kunden, die es bedauern, dass wir die Läden in Ostheim und Stockheim schließen müssen", sagt die Chefin. Die meisten Leute hätten Verständnis für den Schritt, aber es gibt auch ärgerliche Töne. Am meisten freut sie sich, wenn Kunden ankündigen, dass sie dann nach Oberelsbach kommen, um Brot und Brötchen einzukaufen. "Das zeigt uns, dass unsere Qualität geschätzt wird."

Mit Johanna Lenhardt führt die vierte Generation den Betrieb weiter

Die Bäckerei Lenhardt ist ein Familienbetrieb, Tochter Johanna steht in den Startlöchern, das Geschäft in vierter Generation zu übernehmen. Ihre Schwester Corry arbeitet im Verkauf. Derzeit stellt die Familie die Weichen, um auch weiterhin bestehen zu können und für die Kunden da zu sein. Ein großer Vorteil ist da die räumliche Nähe zum Hauptgeschäft, dem Mühlencafé. Da die Lenhardts gegenüber wohnen, können die Familienmitglieder bei Stoßzeiten flexibel einspringen und anpacken.

Auch wenn die Zeiten für Familienbäckereien derzeit nicht leicht sind:  Johanna Lenhardt aus Oberelsbach liebt ihren Beruf.
Foto: Marc Huter | Auch wenn die Zeiten für Familienbäckereien derzeit nicht leicht sind:  Johanna Lenhardt aus Oberelsbach liebt ihren Beruf.

Flexibilität wird immer mehr gefragt sein. Mit der Schließung der zwei Filialen wird es in der Backstube leerer werden. Derzeit beschäftigen die Lenhardts sechs Bäcker, künftig noch vier. Insgesamt arbeiten 40 bis 45 Angestellte in der Backstube, im Verkauf und im Büro. Die Bäcker haben die Lenhardts allesamt selbst ausgebildet. "Uns ist eine familiäre Atmosphäre im Betrieb wichtig, und wir haben nur wenig Fluktuation bei unseren Mitarbeitern", sagt Ute Lenhardt stolz.

Arbeitskräfte für Backstube und Verkauf sind schwer zu finden

Das Problem sei heute vielmehr, neue Mitarbeiter zu finden. Wenn etwa längerfristige Krankheitsfälle und Urlaubszeit zusammenkommen, könne der Personalmangel nicht mehr aufgefangen werden. "Wir mussten nun erstmals in 19 Jahren unseren Laden in Ostheim für eine Woche schließen, weil kein Personal mehr da war", macht sie deutlich. 

Die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten diesen Mangel nicht auffangen. "Wenn die, die da sind, zu viele Überstunden machen müssen, haben sie irgendwann auch keine Energie mehr." Dazu kommt, dass es kaum noch Interesse für eine Ausbildung im Bäckerhandwerk gibt. "Es kommt kein Nachwuchs mehr nach", sagt Johanna Lenhardt, die selbst im vergangenen Jahr ihre Meisterprüfung als Prüfungsbeste abgeschlossen hat.

Trotz schwieriger Zeiten: Johanna Lenhardt liebt das Bäckerhandwerk

Sie war von klein auf in der Backstube dabei und liebt ihren Job. Für sie stand schon früh fest, dass sie den Betrieb übernehmen wird. Auch wenn sie sich bewusst ist, dass die Zeiten noch schwieriger werden könnten.

Der Mangel auf dem Arbeitsmarkt wird wohl noch größer werden, glaubt die 27-Jährige. Die Bewerbungen gehen zurück, zwei Jugendliche haben sich zuletzt nach dem Probearbeiten in der Bäckerei für andere Berufe entschieden. Ein Defizit zeichne sich auch beim Blick auf die Berufsschule ab. "Zur Berufsschule müssen die Azubis nach Schweinfurt fahren. Und die Klassen werden immer kleiner."

Die Familie Lenhardt konzentriert sich auf ihr Stammgeschäft 

Vor 15 Jahren standen die Zeichen für die Lenhardts noch auf Expansion. 2010 eröffneten sie neben der Bäckerei ihr Mühlencafé in Oberelsbach und belieferten zahlreiche Lebensmittelmärkte und Läden im Streutal und der oberen Rhön. Filialen in Nordheim und Stockheim wurden eröffnet, das Café in Ostheim war eine feste Größe. Jetzt erfolgt die Reduktion von ehemals fünf auf zwei Standorte sowie ausgewählte Lieferkunden. Das fällt nicht leicht. "Aber Arbeit muss sich eben auch rentieren", macht Joachim Lenhardt deutlich.

Die Ankündigung, dass Vereine bei Festen und Veranstaltungen weiterhin beliefert werden, hat in der Umgebung für Erleichterung gesorgt. "Das behalten wir auf jeden Fall bei", versichert Ute Lenhardt. Für die treue Kundschaft macht Tochter Johanna die beste Ansage: "Wir machen weiter, und wir bleiben in Oberelsbach." 

Die Nachfolge der Bäckerei Lenhardt ist gesichert

Die Bäckerei Lenhardt wurde 1937 gegründet, als Josef Lenhardt die damalige Bäckerei in Oberelsbach übernahm und weiterführte. Damals gab es noch zwei Bäckereien im Ort: den unteren und den oberen Bäck, wie es im Dorf hieß.
Rita und Walter Lenhardt führten den Betrieb weiter, 1997 übernahmen Ute und Joachim Lenhardt die Leitung des Familienbetriebs. Die vierte Generation steht schon in den Startlöchern. Tochter Johanna wird das Geschäft übernehmen.
Nach dem Abitur im Jahr 2014 begann sie eine Bäckerlehre bei Köhlers Vollkornbäckerei in Würzburg. 2018 bis 2020 machte sie die Ausbildung zur Konditorin in der Patisserie Walter in Kleinheubach. In der Folge absolvierte sie die Meisterschule an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim und war Prüfungsbeste unter 34 Meisterschülerinnen und -schülern. Zudem machte sie eine Fortbildung zur geprüften Betriebswirtin.
ski
 
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Kommentare
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  • Dieter Hartwig
    Es wurde ja gerade im Bäckerhandwerk meiner Meinung nach mit Filialbetrieben übertrieben. Verkauf am Ort der Backstube war früher auskömmlich. Warum immer größer und immer mehr Filialen habe ich nie verstanden
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