Vor zwei Wochen, bei der ersten Mahnwache mit den beiden Stadtführern Marco Schmitt und Johann Giglhuber glomm unter den 30 Teilnehmern noch ein Hoffnungsschimmer auf eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts. Wladimir Putin hat inzwischen die Welt um diese Illusion beraubt. Er hat aber auch eins erreicht: ein rasant wachsendes Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich auch in einer erheblich gesteigerten Teilnahme niederschlug.
An den wahren Absichten von Putin gibt es keinen Zweifel
Zum Geläut der Friedensglocke im Turm der Stadtpfarrkirche versammelten sich an die 150 Menschen, die ein Zeichen der Solidarität setzen wollten, aber auch ein Ausdruck der Ohnmacht gegenüber einem skrupellosen Despoten darstellten. Unter ihnen auch ein Paar aus der Ukraine, das auf einem Transparent die Schließung des Luftraums über ihrem Heimatland forderten. Volodymyr Marchuk erklärt seine Forderung mit der rücksichtslosen Vorgehensweise Putins, der vor dem Angriff auf weitere Territorien des einstigen Sowjetreichs nicht zurückschrecken wird. Seine bizarre Rechtfertigung des Krieges lasse keinen Zweifel an den wahren Absichten des Diktators.
Dankbar ist der gebürtige Ukrainer aus Schweinfurt, der am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt arbeitet, für die Hilfsbereitschaft der Menschen. Er selbst stelle gerade einen Hilfstransport zusammen, für den sein Arbeitgeber größere Mengen medizinischen Materials bereitgestellt habe. Er wolle versuchen, bis an sein Heimatland zu gelangen, um die Hilfsgüter direkt vor Ort an Bekannte zu übergeben, die das Material an ein Krankenhaus weiterleiten.
Große Angst vor einer langen Dauer des Krieges
Johann Giglhubers Mitgefühl gilt den Flüchtlingen. Er erinnert sich an die Vertreibung seiner Vorfahren aus den Sudeten. Sein Großvater soll mit nichts anderem als einem Löffel und einem kaputten Teller in seiner Zufluchtsstätte angekommen sein. Bei Nicola Müller herrscht tiefe Betroffenheit vor. Weil kaum objektive Berichterstattung möglich ist, sei schwer nachzuvollziehen, was in der Ukraine passiert. Große Angst habe sie vor einer langen Dauer der Auseinandersetzung und dass sich der Kriegsherd ausdehnt. An eine Gefahr durch Atomwaffen glaube sie nicht.
Die Gefahr einer Ausweitung des Kriegsgeschehens, ist auch Erwin Weths größte Sorge. "Die Nato hat das Problem, den richtigen Weg zufinden, damit der Konflikt nicht noch weiter eskaliert". Putin sei jedenfalls nicht zum Dialog bereit. Seine Hoffnung gelte in erster Linie einem Widerstand aus den eigenen Reihen. "Putin wird auf Dauer die Meinungsäußerung seines Volkes nicht verhindern können".
Überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft
Anna Endres hat sich nach eigenen Worten schon überlegt, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Sälzerin zeigte sich überwältigt von der großen allgemeinen Hilfsbereitschaft, mit der Putin nicht gerechnet hat. Daher sei der Präsident auch vollkommen unberechenbar, was ihn so gefährlich mache." Aber er hat sich auch in militärischen Fragen sowie der Einigkeit der Staatengemeinschaften verschätzt", meint ihre Freundin Nicole Kirst. Putin werde merken, dass er von dem Rest der Welt isoliert ist. Daher wird er eines Tages für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, hofft die Bad Neustädterin. Die Hilfsaktionen können zumindest die Folgen für die Bevölkerung etwas mildern. Die Mahnwache sei eher ein Zeichen der Hilflosigkeit, aber auch der Verbundenheit mit den Leidenden.
Die Mahnwache soll in zwei Wochen an gleicher Stelle fortgesetzt werden, kündigte Schmitt zu guter Letzt an.