Samuel Brunngässer, Jettchen Löwenstein, Babette Weinstock oder Moses Blatt. Diese Namen und mit ihnen 23 weitere sind auf einer Tafel am Rathaus in Bastheim zu lesen. Es handelt sich dabei um Namen jüdischer Einwohner, die in Bastheim oder Reyersbach geboren waren und auch teilweise hier aufgewachsen sind. Doch noch ein weiteres Schicksal verbindet sie. Sie wurden im Zuge der grausamen Judenverfolgung im Nationalsozialismus ermordet.
90 Jahre sind inzwischen vergangen, seitdem die Nazis in Deutschland begonnen hatten, das Leben der hier lebenden Juden durch Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung zunehmend unerträglicher zu gestalten. Diese Entwicklung gipfelte im Holocaust, der Massenvernichtung von fast sechs Millionen europäischer Juden während des Zweiten Weltkrieges.
Die Erinnerung an den Holocaust wachhalten
Besonders um die Erinnerung an dieses schreckliche Geschehen auch bei den jüngeren Generationen wachzuhalten, haben Bürgermeister Tobias Seufert und Mitglieder des Gemeinderates nun eine Gedenktafel am Rathaus mit den Namen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger anbringen lassen, die in Bastheim beziehungsweise Reyersbach geboren wurden und durch den Holocaust ihr Leben verloren haben. Dieselbe Tafel findet sich auch am Aufgang zum Kirchplatz in Reyersbach.
Ein verrosteter Koffer steht vor der Tafel. Sinnbild für die damaligen Deportationen, die in Unterfranken von Würzburg aus erfolgten. Er erinnert an die unzähligen Vertriebenen und Ermordeten, die früher einmal Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie Nachbarn in den Dörfern waren und die dieses schreckliche Schicksal erleiden mussten.
"DenkOrt Deportationen 1941-1944" vor dem Würzburger Hauptbahnhof
Ein zweiter – ebenfalls von den Mitarbeitern des gemeindlichen Bauhofs hergestellter – Koffer steht bereits seit einigen Jahren vor dem Würzburger Hauptbahnhof und bildet dort zusammen mit denen aus 87 anderen unterfränkischen Kommunen den "DenkOrt Deportationen 1941-1944", einem mehrfach ausgezeichneten Projekt, eine Gedenkstätte und ein Mahnmal, das zum Verweilen und zum Nachdenken auffordert.
Vom Hauptbahnhof und vom ehemaligen kleinen Güterbahnhof an der Aumühle in Würzburg war ein Großteil der zwischen 1941 und 1944 deportierten 2069 Jüdinnen und Juden von Unterfranken abtransportiert worden. Nur 63 von ihnen überlebten den Holocaust.
Unterstützt von Elisabeth Böhrer aus Sondheim, die seit Jahrzehnten ehrenamtlich die Geschichte der Landjuden in Unterfranken erforscht und bewahrt und dafür mehrfach ausgezeichnet worden ist, hat Ortschronist Hermann Leicht die Geschichte der jüdischen Gemeinde Bastheim und Reyersbach nachverfolgt und in der Bastheimer Chronik dokumentiert. Im 18. Jahrhundert war die jüdische Gemeinde hier entstanden, als die Freiherren von Bastheim jüdische Familien am Ort aufgenommen hatten.
Um 1900 lebten 53 Jüdinnen und Juden in Bastheim und Reyersbach
1900 war fast jeder zehnte Einwohner ein Jude (insgesamt 53 Personen). Danach nahm die Zahl stetig ab. 1933 lebten nur noch 17 jüdische Menschen in Bastheim. Vorhanden waren eine Synagoge – dort, wo heute das Kolpingheim steht -, eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Verstorbenen wurden in Kleinbardorf und in Oberwaldbehrungen beigesetzt. Die meisten jüdischen Einwohner sind ab 1933 als Folge der zunehmenden Entrechtung und des wachsenden Verfolgungsdrucks abgewandert.
Bürgermeister Tobias Seufert dankte Hermann Leicht für seine wichtige Arbeit und betonte die Notwendigkeit, gerade angesichts des Terrorüberfalls auf Israel und des verstärkt zu beobachtenden Antisemitismus den Holocaust und die Verbrechen an den Jüdinnen und Juden immer wieder vor Augen zu führen. "Wir dürfen das nie vergessen und sollten eigentlich unsere Lehren daraus gezogen haben, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Das Schicksal unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ruft uns zur Zivilcourage gegen Hass und Unmenschlichkeit auf."