Auf der Webseite des Modehauses Kuhn ist die Welt noch in Ordnung: "Mode auf über 4.000 m² mitten im Main-Tauber-Kreis: Entdecken Sie das führende Modehaus der Region und freuen Sie sich auf einen besonderen Shoppingtag in Bad Mergentheim", heißt es auf der Startseite. Das aktuellste Video auf dem Instagram-Kanal des Modehauses ist gerade mal einen Tag alt und zeigt die neue Sommerschuh-Kollektion. Ein anscheinend florierendes Modehaus, das seit 1967 besteht, schließt seine Türen – was steckt dahinter?
Auf Nachfrage dieser Redaktion bei der Geschäftsführung des Modehauses bestätigt Geschäftsführer Hans-Joachim Kuhn die bevorstehende Schließung. Er übernahm 1992 das Unternehmen in zweiter Generation als geschäftsführender Gesellschafter; seit 2021 führt er das Modehaus zusammen mit seinen Kindern Maike und Johannes. Im Gespräch verweist Kuhn auf eine Pressemitteilung, in der sich die drei zu ihrer Entscheidung äußern. Informationen über diese schriftliche Erklärung hinaus gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht, erklärt Hans-Joachim Kuhn.
Schließung des Modehauses: "Für alle Beteiligten eine Herausforderung"
In der Pressemitteilung führt er als Grund für die Schließung an, dass man es nicht geschafft habe, "mit den Immobilieneigentümern für uns eine wirtschaftlich zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten" – und das, obwohl sich die Immobilie im Besitz der Familie des Vaters von Hans-Joachim Kuhn befindet, wie aus einem Artikel der Fränkischen Nachrichten hervorgeht.
"Bei unserer erfolgreichen Arbeit in den letzten Jahren für das Modehaus und für die Stadt sind wir uns jedoch sicher, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung ist. Das ist für alle Beteiligten eine Herausforderung", wird Hans-Joachim Kuhn weiter zitiert. Eine große Veränderung steht auch den Mitarbeitenden bevor, deren Jobs es nach der Schließung des Modehauses nicht mehr geben wird. "Wir sind uns sicher, dass sich auch für unsere schöne Stadt Bad Mergentheim sowie für unsere Mitarbeiter neue Wege und neue Lösungen ergeben werden", so Hans-Joachim Kuhn.
Bis zur Schließung soll der Geschäftsbetrieb normal weiterlaufen
Sein Sohn und Geschäftsführer Johannes Kuhn betont, dass man die Mitarbeitenden frühzeitig über die Schließung informieren wollte: "Wir werden den Geschäftsbetrieb am 31. Dezember 2023 geordnet einstellen", heißt es in der Pressemitteilung. Die Mitarbeitenden seien darüber am vergangenen Samstag, und somit laut Kuhn "deutlich vor den rechtlichen Fristen" informiert worden. "In erster Linie war es das Engagement unseres Teams, das uns in den letzten Jahren erfolgreich gemacht hat. Wir sind sehr stolz auf unser Team und möchten für den Einsatz allen herzlich danken", so Johannes Kuhn. Einige Mitarbeiterinnen hätten bereits jetzt ihre Unterstützung bis zum Schluss zugesichert – "dafür sind wir außerordentlich dankbar".
Er beteuert, dass der Geschäftsbetrieb bis zur Schließung normal weiterlaufen soll: "Unsere Betriebsschließung bedeutet, dass alle Gehälter, alle Lieferanten und alle Dienstleister bis zum Schluss bezahlt werden." Und: Es bleibe noch ausreichend Zeit, um sich von den Kunden zu verabschieden, die dem Kaufhaus jahrelang die Treue gehalten und es unterstützt hätten.
Die Corona-Jahre hat das Modehaus in Bad Mergentheim gut überstanden
Die Zukunft sieht er als ungewiss: "Was danach für den Einzelhandel in Bad Mergentheim kommt, wissen wir nicht", erklärt Johannes Kuhn in der Pressemitteilung. "Wir für unseren Teil können sagen, dass wir unser Bestes gegeben haben, unser Unternehmen und die Innenstadt attraktiv zu gestalten. Aus unserer Sicht haben wir dabei einen guten Job gemacht. Es ergeben sich für die Stadt sicherlich neue Chancen. Wo Türen zu gehen, gehen andere auf."
Das Statement seiner Schwester und Geschäftsführerin Maike Kuhn lässt vermuten, dass die Schließung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den vergangenen Corona-Jahren steht. Man könne auf "fünf turbulente, aber erfolgreiche Jahre im Unternehmen zurückblicken", sagt sie. "Unsere Umsätze haben sich von der Corona-Pandemie weitestgehend erholt. Sicherlich gab es einige große Herausforderungen. Die meisten konnten wir jedoch gut meistern."
Drei Geschäfte der Schwestergesellschaft werden weitergeführt
Vor allem habe man gelernt, "wie fragil auch ein Traditionshaus wie das Modehaus Kuhn in solchen Zeiten sein kann", so Maike Kuhn. "Jeder, der sich intensiv mit der Branche beschäftigt oder auskennt, weiß, dass es ein sehr hohes Maß an Leidenschaft und Willen für den stationären Einzelhandel braucht, damit dieses Konzept funktioniert – nicht nur von den Geschäftsführern und Mitarbeitern, sondern auch von den Akteuren der Politik und von den Eigentümern der Einzelhandelsimmobilien", so ihr Fazit.
Eine gute Nachricht gibt es: Die Stores "Lieblingsstücke" und "Kuhn Schuhe" in Bad Mergentheim sowie das "Trend Karree" in Künzelsau sind von der Schließung nicht betroffen. Sie bleiben geöffnet und werden von der Schwestergesellschaft Kuhn C.H. GmbH & Co KG wie bisher weitergeführt.