Corona bringt stetig Veränderungen im Alltag vieler Menschen mit sich. So wechseln auch die Zutritts-Regelungen für Geschäfte und Einrichtungen immer wieder und sorgen bei Unternehmern wie bei Kunden für Verwirrung. Hinzu kommt, dass diese Verordnungen nicht bundesweit einheitlich festgelegt sind, sondern sich je nach Bundesland unterscheiden. Vergangene Woche wurde in Bayern beispielsweise die 2G-Regel für den Einzelhandel aufgehoben. Im benachbarten Baden-Württemberg zählt mittlerweile die 3G-Regel. Wie sehen Geschäftsleute im Main-Tauber-Kreis ihre Situation und wie schätzen sie die ungleichen und oft wechselnden Regelungen in Folge von Corona ein?
Hans-Joachim Kuhn ist geschäftsführender Gesellschafter der Modehaus Kuhn GmbH & Co. KG und Vorsitzender der City-Gemeinschaft Bad Mergentheim. Er erklärt, dass die aktuellen Corona-Regeln deshalb viele Probleme machen, „da zeitgleich mit dem Urteil, das in Bayern zur unkontrollierten Öffnung des Handels geführt hat, bei uns die FFP-2-Maskenpflicht auch für den klassischen Einzelhandel eingeführt worden ist. Dass hier in den grenznahen Kreisen die Kunden nach Würzburg noch deutlich stärker abwandern als sonst, ist eine logische Konsequenz.“
Bad Mergentheimer Geschäfte verzeichnen ein Umsatz-Minus von mehr als 30 Prozent
Er sagt, dass nach Informationen aus Mitgliedsbetrieben der City-Gemeinschaft Bad Mergentheim sich derzeit der Umsatz im Schnitt um mehr als minus 30 Prozent zum Vorjahr beläuft. „Das heißt, dass viele Betriebe sicherlich wieder Kurzarbeit anmelden müssen und auf die staatliche Unterstützung Ü IV zurückgreifen werden. Einmal mehr wird dem Online-Handel und den Lebensmitteldiscountern staatlich verordnet in die Hände gespielt. Neben den strukturellen Problemen und einer immer schwieriger werdenden Parkplatzsituation – beispielsweise aktuell die Entscheidung der Gebührenpflicht auf der Würzburger Talavera – ist klar, dass der klassische Einzelhandel keine Lobby hat – im Gegenteil.“
Hans-Joachim Kuhn fordert von der Politik: „Wenn die politisch Verantwortlichen tatsächlich ein Aussterben der Innenstädte verhindern wollen, dann sollen sie endlich handeln. Förderprogramme, wenn alles danieder liegt, machen keinen Sinn. Man sollte sich schon vorher Gedanken machen, welche Konsequenzen die politischen Entscheidungen mittel- und langfristig haben.“
Das Geschäftsjahr 2021 war von Angst geprägt
Kathrin Hecht leitet den Bastel- und Geschenkladen „Schön und Selten“ in Lauda. Sie berichtet, dass ihr Geschäftsjahr 2021 geprägt von Angst gewesen sei: „Angst, dass die Kunden lieber im Internet kaufen, Angst vor einem erneuten Lock-Down, Angst, mein Geschäft nicht halten zu können.“ Sie beschreibt die Situation im Einzelhandel als bedenklich: „Die Leute kommen nicht einfach so zum Schauen oder um sich inspirieren zu lassen, sondern nur, wenn sie gezielt etwas brauchen.“ Gerne würde sie mehr beraten und weiterhelfen. Doch viele seien ihrem Eindruck nach verunsichert, welche Regeln gültig seien und würden bevorzugt im Internet einkaufen. Zu den Regelungen meint sie: „Es ist für mich bedrückend, wenn man mir vorschreibt, wen ich in mein Geschäft lassen darf. Ich liebe meinen Laden und bin über jeden Kunden froh, der in dieser Zeit zu mir kommt. Ohne Kunden gäbe es meinen Laden nicht mehr!“
Buchhandlung in Tauberbischofsheim setzt auf treue Kunden
Johannes Benz ist Inhaber der Buchhandlung „Schwarz auf Weiss“ in Tauberbischofsheim. Er befürchtet keine direkte Abwanderung nach Würzburg oder anderen bayerischen Städte durch sich unterscheidende Coronaregeln: „Wir haben eine treue Kundschaft hier vor Ort, die gerne bei uns einkauft und somit auch den lokalen Einzelhandel unterstützt. Das zeigen sie uns jeden Tag im Laden und sagen es uns auch.“
Die Einwohner, so Benz, hätten verstanden, dass andernfalls weitere Geschäfte in der Innenstadt schließen müssten. Zwar rechne er auf das Jahr gesehen mit Umsatzeinbußen, aber das nicht aufgrund ungleicher Regelungen in den Bundesländern. Es gebe eine allgemeine Verunsicherung. Und derzeit würde zudem die kalte Witterung eine Rolle spielen, weshalb die Menschen ungern ihr Haus verlassen, um einkaufen zu gehen. Natürlich gebe es dann einen Anstieg der Onlinebestellungen: „Der Online-Handel boomt.“ Deshalb biete man bei „Schwarz auf Weiss“ einen Webshop an und „wir liefern nach Hause, wenn das vom Kunden gewünscht wird.“