Die Geschichte beginnt mit einem Desaster. Wie segensreich das sein sollte, zeigte sich erst fast 25 Jahre später. Damals war nicht abzusehen, dass in ferner Zukunft am Parkplatz "Rhönblick" zwischen Gräfendorf und Burgsinn das Vorzeigeprojekt "Strecke 46 – Auf Spurensuche" mit einer feierlichen Runde abgeschlossen würde. An jenem 9. April 1997 wurde auf der Tagung der Naturparke in Heidenheim nur klar, dass der Naturpark Spessart von fast allen anderen abgehängt worden war. Was hatte man denn überhaupt zu bieten? Für den an der Sitzung beteiligten Dieter Stockmann mündete dies Tage später in einer Audienz bei Landrat Armin Grein und einem Sonderauftrag.
Der damalige Naturpark-Geschäftsführer und Forstdirektor Christoph Frucht hatte nämlich im Anschluss an die Tagung nicht nur die Idee entwickelt, dem Erzwilddieb Johann Hasenstab ein zu erwanderndes Denkmal zu setzen, sondern meinte auch, mit den alten Bauruinen der nie vollendeten Autobahn ließe sich etwas anfangen. Grein beauftragte also Stockmann und der wühlte sich durch die Archive. Die "Strecke 46" gewann Gestalt und die erste Idee für einen Lehrpfad wurde am 16. Dezember 1998 in Burgsinn vorgestellt. "Die Emotionen kochten im Gemeinderat über", erinnerte Stockmann in seinem humorvollen Rückblick am Donnerstag die Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden, Forst, Lokalen Aktionsgruppen (LAG) und AELF.
Diese Autobahnruine kennt man sogar in Japan und Südafrika
Die Ratsmehrheit hatte Angst, dass Burgsinn zur Anlaufstelle für ewig Gestrige werden könnte. Landrat Grein zog einen Schlussstrich unter das Projekt. Stockmann aber hatte Feuer gefangen und machte privat weiter, befragte Augenzeugen der einstigen Bauarbeiten, recherchierte und schrieb schließlich 1999 das Buch "Strecke 46 – die vergessene Autobahn". Es fanden sich weitere Begeisterte. Wenig später folgte die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte und dann, in Zeitlofs, eines eingetragenen Vereins. Es gab die ersten Führungen, die ersten Presseberichte. Funk und Fernsehen entdeckten die Strecke, die schließlich dank einer Fernsehreportage der französischen Agentur AFP sogar in Japan und Südafrika bekannt wurde.
Am 22. Oktober 2003 stellte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege alle Bauwerke der Strecke und einen sieben Kilometer langen Abschnitt an der Hochstraße unter Denkmalschutz. Im Jahr 2015 erfolgte, angestoßen vom Regionalmanagement des Landkreises Main-Spessart, der nächste Schritt: Das neue Heimatministerium wollte Projekte fördern, die die Identität der Bürger und den Tourismus stärken. Bis Mitte 2017 entstanden unter Federführung des Regionalmanagements der Landkreise Main-Spessart und Bad Kissingen die ersten drei Lehrpfade. Die Nachfrage stieg. Stockmann: "Heute kann ich mich vor Führungsanfragen nicht mehr retten."
Drei Lokale Aktionsgruppen kooperierten
Der nächste Schritt musste also folgen. Der Titel "Strecke 46 - auf Spurensuche". Es ist, wie Bürgsinns Bürgermeister Robert Herold ausführte, "ein Kooperationsprojekt der LAG Spessart, LAG Wein.Wald.Wasser und der LAG Bad Kissingen". Auch die Gemeinden Gemünden, Gössenheim, Karsbach, Zeitlofs, Gräfendorf und Burgsinn sowie die Bayerischen Staatsforsten brachten sich in dieses vom LEADER-Programm geförderte Projekt ein. Umgesetzt wurden fünf örtliche Lehrpfade, ein Infopunkt an der Burgruine Homburg und eine verknüpfende Mountainbike-Route.
"Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein LEADER-Projekt laufen kann", meinte Peter Niehoff von der LAG Spessart. Es seien mehrere Landkreise und Orte eingebunden, es sei innovativ und nachhaltig. Und es ist, so ergänzte Dieter Stockmann, keineswegs alltäglich, "dass es ein gemeinsames Projekt dreier LAG gibt".
Ein Glanzlicht setzt dem Projekt die digitale Aufarbeitung durch die Firma cognition auf. Sie hat nicht nur den Internetauftritt überarbeitet und attraktiv gestaltet, sondern auch die kostenlose App "AR46" entwickelt. QR-Codes bieten den Spurensuchern vor Ort weitere Informationen, außerdem wurden verschiedene Szenen in Augmented Reality dargestellt – so dass sich die Besucher beispielsweise mitten auf der damaligen Baustelle wiederfinden können. Außerdem können über eine Karte historische Fotos, Originalschnitte von Film und Ton aufgerufen und kann spannenden Geschichten gelauscht werden.