Bayern längstes Denkmal, die Autobahnruine „Strecke 46“ zwischen Bad Brückenau und Gemünden, soll „in Wert gesetzt“ werden. An dem Tourismusprojekt des Regionalmanagements Main-Spessart wird sich auch Gemünden beteiligen, hat Bürgermeister Jürgen Lippert entschieden. Den Stadtrat informierte er am Montag über das Projekt.
Die knapp 70 Kilometer lange Strecke 46 von Zeitlofs bis Seifriedsburg gilt als Vorläufer der heutigen Rhönautobahn A 7. Von 1937 bis 1939 wurde an der Großbaustelle gearbeitet, bis der Zweite Weltkrieg begann. Die später verworfene Trasse ist bis heute teils deutlich erkennbar, und es stehen 46 Bauwerke, die nie miteinander verbunden wurden, in der Landschaft herum.
Große und kleine Wanderwege, Ausstellungen, Informationstafeln, geschichtliche Hintergründe zur Technik und den damaligen Lebens- und Arbeitsbedingungen – solcherart könnte eine touristische Attraktion geschaffen werden, berichtete Bürgermeister Lippert.
Über 60 000 Euro an Investitionen sieht das Regionalmanagement am Landratsamt Main-Spessart vor. 90 Prozent trägt das Bayerische Heimatministerium. Mit jeweils 975 Euro beteiligen sich die Kommunen Burgsinn, Gräfendorf, Zeitlofs und jetzt auch Gemünden; dazu die Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte, die Grundeigentümer und das Regionalmanagement des Landkreises Bad Kissingen.
Mit einer Ausnahme begrüßen die Gemündener Stadträte die „Inwertsetzung“: Matthias Risser regte an, auf der Gemündener Homepage auf das Denkmal hinzuweisen und Touristen auf die „schönen“ Sinn- und Saaletäler hinzuweisen. Ferdinand Heilgenthal sieht die Beteiligung als passend für das „Wander- und Radwegzentrum Gemünden“. Die Stadt biete sich als Ausgangs- und Endpunkt der Erkundung der Strecke 46 an.
Martin Geßner hingegen hält – wohl wegen des braunen Schattens, der auf der ehemaligen Baustelle liegt – nichts von der Bewahrung: Ein Rückbau von Brücken und Pfeilern und eine sinnvolle Weiterverwendung der Sandsteine, dafür solle man sich einsetzen. Lippert entgegnete, weder die Erfindung der Autobahnen, noch die Planung der Strecke 46 habe etwas mit den Nationalsozialisten zu tun.
Gerade darüber, dass Hitler sich die Autobahnen zu eigen gemacht habe und vielen heute fälschlich als ihr Vater gelte, könne man aufklären.
Die Aufarbeitung der Geschichte der Strecke 46 ist zuvorderst Dieter Stockmann zu danken. Der Mitarbeiter des Landratsamts Main-Spessart hat sich bereits 1998 dem nie vollendeten Bau verschrieben, brachte im Jahr 2000 ein Buch („Strecke 46“, 208 Seiten, dritte Auflage, ISBN: 978-3-9811192-0-6) heraus, betrieb die Unterdenkmalschutzstellung 2003 und ist Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte e. V.
Kreuzungsfreie und dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltene Straßen – die Autobahnen – sind eine deutsche Erfindung, aber nicht der Nationalsozialisten. Die übernahmen und förderten jedoch das Autobahnnetz ab 1933. Die Strecke 46 von Würzburg nach Bad Hersfeld/Fulda sollte eine von drei Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland werden.
Im Gegensatz zu später waren Autobahnen nicht dazu gedacht, Wirtschafts- und Siedlungszentren miteinander zu verbinden, sondern sie sollten dem „Autowanderer“ landschaftliche Schönheiten erschließen. Das industriell bedeutende Schweinfurt hätte nur eine Zubringerstraße nach Würzburg erhalten.