Was passiert mit dem Turmkaufhausareal in der südlichen Altstadt von Karlstadt? Darüber wird nach wie vor intensiv diskutiert, die Stadt will die Öffentlichkeit weiter an den Gesprächen um eine mögliche Nutzung des fünf Gebäude umfassenden Komplexes beteiligen. Denn laut Bürgermeister Michael Hombach (CSU) handelt es sich dabei um ein "Schlüsselgrundstück", das wichtig sei, um die Attraktivität der südlichen Hauptstraße zu steigern.
Konkret geht es um die Gebäude in der Brückenstraße zwei und vier sowie der Unteren Spitalgasse fünf und sieben. Um hier aber überhaupt etwas entwickeln zu können, ist die Stadt auf Investoren angewiesen.
Die Architektinnen Silja Wiener und Ines Wolff stellten dem Stadtrat in seiner Sitzung am Donnerstag zunächst die Ergebnisse der denkmalpflegerischen Voruntersuchung vor. Diese war vom Landesamt für Denkmalpflege gefordert worden und ist die Grundlage für alle weiteren Planungen.
Kernbau in der Brückenstraße zwei stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert
Das erfreuliche Ergebnis: Besonders der zweigeschossige Dachstuhl von 1533 des ehemaligen Pfründnerspitals in der Brückenstraße zwei sei "wirklich sehr gut erhalten". Gleiches gilt für die alten Gewölbekeller. Der Kernbau stammt sogar aus dem 14. Jahrhundert. Insgesamt seien alle Häuser in einem relativ guten Zustand. Durch Feuchtigkeit gebe es zwar Schäden an den Dächern, "das kann man aber alles reparieren", so Wolff.
Ein Restaurator hatte mehrere Proben entnommen und datiert. Das Gebäude in der Brückenstraße vier stammt demnach aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Das Erdgeschoss der Häuser in der Spitalgasse soll im 16. Jahrhundert entstanden sein, Obergeschoss und Dach wurden danach erneuert. Die Aufteilung der Gebäude sei mit der Zeit stark verändert worden.
In Bürger-Workshops wird über eine mögliche Nutzung diskutiert
Das Turmkaufhaus war lange eine Institution in Karlstadt. Nach 57 Jahren schloss das Einzelhandelsgeschäft im Sommer 2017 nach dem Tod des Inhabers seine Türen.
Kein Denkmal ist hingegen der Flachdachanbau aus den 1960er Jahren. Architektin Wiener plädierte dafür, dieses Gebäude abzureißen, dort eine Freifläche anzulegen oder etwas Neues zu errichten. "Hier regnet es rein, das Gebäude wird man nicht halten können", sagte ihre Kollegin Wolff. "Die Stadt könnte hier Offenheit und Platz gebrauchen", sagte Thorsten Heßdörfer (Freie Wähler).
Die Gebäude befinden sich im Besitz der Stadt Karlstadt. Im Stadtrat und in mehreren Bürger-Workshops – zuletzt im Juli – wurden bereits Ideen für die weitere Nutzung des Hegewaldgeländes, zu dem auch das Turmkaufhaus zählt, gesammelt. Dort schlugen Bürger und Bürgerinnen einen offenen Ort der Begegnung vor, beispielsweise mit einem Unverpackt-Laden oder Mehrgenerationenhaus.
Maroder Flachdachanbau soll abgerissen werden
Die Architektinnen stellten dem Gremium am Donnerstag ebenfalls drei Ideen für die Entwicklung des Areals vor. Wiener betonte dabei aber: "Wir zeigen hier nur, was möglich wäre – eine finale Planung ist das noch nicht." Deshalb könne man auch noch keine Aussage zu den Kosten treffen. Es gebe "wahnsinnig viel Fläche". Das sei Vor- und Nachteil zugleich. "Zusammen gibt es hier 6200 Kubikmeter umbauten Raum, das entspricht mindestens sechs Einfamilienhäusern." Schön wäre eine Nutzung, die den Stadteingang wiederbelebe und für die Öffentlichkeit offen stehe. Dies sei auch ein Wunsch bei der Bürgerwerkstatt gewesen, sagte die mit der Machbarkeitsstudie beauftragte Planerin Petra Zeese.
unAlle drei vorgestellten Varianten beinhalten einen Neubau anstelle des maroden Flachdachanbaus, jedoch in unterschiedlicher Größe. Angedacht ist eine "frequenzbringende Nutzung" – etwa mit Cafés oder Läden. Mit unterschiedlichen Aufteilungen und Mietformen könnte dies auch in der Brückenstraße zwei und vier umgesetzt werden. In den oberen Geschossen sowie in der Spitalgasse könnten Wohneinheiten entstehen. Ein Entwurf beinhaltet auch die gewerbliche Nutzung des großen Dachgeschosses in der Brückenstraße zwei. Ein weiterer Vorschlag: Den Fußgängerdurchgang schließen und das Gebäude erweitern. Auch der Anbau von Gauben sei möglich.
Thorsten Heßdörfer äußerte seinen Frust: "Wir tappen auf der Stelle. Zwar wünschen wir uns eine öffentliche Nutzung, viele Läden machen aber gerade zu." Kleine Geschäfte gebe es genügend in der Altstadt. "Ich glaube nicht, dass das funktioniert." Dem stimmte Harald Schneider (SPD) zu: "So produzieren wir eventuell in ein paar Jahren wieder Leerstände." Von der Idee einer Markthalle nehme er deshalb wieder Abstand. "Die müsste dann auch belebt sein."
Planerin Zeese: Brauchen örtliche Interessenten, die Geld in die Hand nehmen
Rainer Schäfer (CSU) fragte, ob man aus Dach oder Keller auch eine Eventlocation machen könnte. Dafür sei ein guter Investor und ein passendes Gesamtkonzept nötig, so Wiener. Auch ein Hotel wäre möglich – "die Stadt muss überlegen, was sie sich dort wünscht".
"Wir haben viel Spielraum", sagte Planerin Petra Zeese. Es gebe Zuschussmöglichkeiten, die Finanzierung sollte also möglich sein. "Trotzdem brauchen wir örtliche Interessenten, die Geld in die Hand nehmen und den Mut haben, an eine solch große Entwicklung heranzugehen." Zuvor müsse eine intensive Diskussion mit Stadtrat und Bürgerschaft geführt werden. "Wir müssen realistisch an die Sache herangehen. Die Stadt hat nicht das Geld, die Gebäude zu finanzieren. Wir brauchen einen Partner, der uns hilft, das Projekt umzusetzen", sagte Heßdörfer.
Im Februar will der Stadtrat laut Hombach in einer Klausur über die Entwicklung der Südstadt sprechen.
Einfach wird es bestimmt nicht werden .