Ob Töpfe, Unterwäsche, Spielzeug oder Schreibwarenartikel, das Turmkaufhaus am Stadteingang bot seinen Kunden und Kundinnen ein wildes Sammelsurium an Verkaufsgegenständen und war lange Zeit eine Institution in Karlstadt. Nach 57 Jahren schloss das Einzelhandelsgeschäft, dass an ein DDR-Kaufhaus erinnerte und auch deshalb bei den Einheimischen beliebt war, im Sommer 2017 nach dem Tod des Inhabers seine Türen. Seitdem ist es verlassen und dient vor allem als Fläche für Plakate.
Doch das Interesse am ehemaligen Turmkaufhaus, das seinen Namen der Nähe zum Karlstadter Katzenturm verdankt, ist weiterhin groß. "Jeder fragt, 'dürfen wir da mal rein und durchlaufen?'", berichtet Silja Wiener vom Architekturbüro Wiener + Partner, die derzeit mit einer Bestandsaufnahme des Gebäudes betraut ist. Die gute Nachricht: Am 11. September ist genau das möglich, dann können Interessierte anlässlich des "Tag des offenen Denkmals" einen Blick hinter die Gemäuer des ehemaligen Kaufhauses werfen. Stündlich finden an diesem Tag von 11 bis 15 Uhr Führungen mit der Architektin statt, die ungefähr eine Dreiviertelstunde dauern werden.
In Erinnerungen schwelgen
"Ich glaube, dass die Leute kommen und in Erinnerungen schwelgen werden und sagen, da habe ich meine erste Barbie gekauft", erzählt die Architektin bei einer Vorabführung durch das Gebäude. Auch sie könne sich noch gut daran erinnern, dass sie eines ihrer Faschingskostüme im Turmkaufhaus gekauft hat. Bis heute sind Überbleibsel des Einzelhandelsgeschäftes sichtbar, so zeugen unter anderem ein grünes Plakat mit der Aufschrift "70 Prozent auf alles, ausgenommen reduzierte Ware" sowie ein vergessener Kartenständer von den letzten Geschäftstagen des Kaufhauses.
Das Gebäude, das Einheimische bislang vor allem mit dem Turmkaufhaus verbinden, beherbergt jedoch gleich drei unterschiedliche Denkmäler: Kastenamt, Pfründner-Spital und ein Wohngebäude. Das allein sei laut Wiener "eine Besonderheit" und einer der Gründe, wieso am "Tag des offenen Denkmals" erstmalig Führungen durch das Gebäude stattfinden. Es gehe deshalb nicht in erster Linie um den Verkaufsraum, sondern darum, was darüber und darunter liegt.
Die größte Überraschung: Ein zweigeschossiger Dachstuhl
Das Highlight ist für die gebürtige Karlstädterin der "wunderschöne Dachstuhl von 1533, der zweigeschossig ist", denn davon gebe es in einem so gut erhaltenem Zustand nur noch wenige zu sehen. Damals gehörte dieser laut der Architektin zum Karlstadter Spital, einem der ältesten urkundlich erwähnten Spitale, das im 14. Jahrhundert außerhalb der Stadtmauern gegründet wurde, im 15. Jahrhundert in die Brückenstraße 2 umzog und dort bis 1956 beheimatet war. Bei der Führung "zeigen wir Pläne, wie es mal war, damit die Menschen es sich vorstellen können."
Zu Zeiten des Turmkaufhauses nutzten die Angestellten den Dachstuhl, der nur durch eine kleine Holztreppe zugänglich ist, als Lager. "Hier war alles voller Holzregale", berichtet Wiener, diese hätten bis an die Decke gereicht. Bei der Bemerkung, dass der Gang zum Lager für die Verkäuferinnen und Verkäufer ganz schön anstrengend gewesen sein muss, schmunzelt die Architektin. "Man kannte es nicht anders", und weiter fügt sie an, "wenn die Mitarbeiter meinten, 'das habe ich im Lager', dann hat das immer etwas gedauert."
Weiterhin hätte sie überrascht, dass das ehemalige Kastenamt in der Brückenstraße 4, wo die Menschen damals Waren tauschten, komplett unterkellert ist. Bei der Führung sei der Zugang zum Keller aus Sicherheitsgründen zwar nicht möglich, dafür werden aber Bilder ausgestellt, die einen Eindruck des Gewölbekellers vermitteln sollen.
Belebung des Turmkaufhaus als Ziel
Die Geschichte des Turmkaufhauses soll nicht mit dem "Tag des offenen Denkmals" enden. Seit April 2020 befindet sich das Gebäude im Besitz der Stadt Karlstadt. 2021 wurden im Stadtrat und in einem Bürger-Workshop Ideen für die weitere Nutzung des Hegewaldgeländes, zu dem auch das Turmkaufhaus zählt, gesammelt. Dort schlugen Bürger und Bürgerinnen beispielsweise einen Unverpackt-Laden oder ein Mehrgenerationenhaus vor.
Bislang wurde jedoch seitens der Stadt noch keine Entscheidung getroffen, die Belebung sei aber laut Ulli Heck, dem geschäftsführenden Beamten im Bereich Medienkommunikation, ein klares Ziel der Stadt Karlstadt. "Wie das gelingen kann, ob mit einer gastronomischen Nutzung, Nahversorgung, Handel, wie auch immer, bleibt den Ergebnissen und der weiteren Diskussion vorbehalten", informiert er auf Nachfrage. Aufgrund seines Standortes gilt das Turmkaufhaus als "Ankergrundstück", das Potenzial für eine hohe Kundenfrequenz aufweise, deshalb müsse gut überlegt sein, was dort untergebracht werde, betont er.
Kaufsumme belief sich auf knapp 400.000 Euro
Die Kaufsumme belief sich laut Heck auf knapp 400.000 Euro und wurde mit 283.500 Euro durch die Städtebauförderung der Regierung im Rahmen des kommunalen Entwicklungsfonds gefördert. Dies entspreche einem Förderungssatz von rund 80 Prozent. "Gut 100.000 Euro musste die Stadt Karlstadt mit eigenen Mitteln aufbringen", so Heck.
Weiterhin führt das Architekturbüro Wiener + Partner derzeit eine denkmalpflegerische Voruntersuchung für 55.000 Euro durch, deren Ergebnisse im Oktober oder November vorgestellt werden. "Wir gehen derzeit von einer Förderung in Höhe von 50 Prozent aus, sodass wir letztendlich 20.000 bis 30.000 Euro durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege zurückbekommen."
Dabei handle es sich laut Heck, um eine vorläufige Schätzung, fielen höhere Kosten an, würde auch die Fördersumme steigen. Im nächsten Schritt sei dann die Renovierung des Turmkaufhauses geplant, über deren Kosten derzeit noch keine Aussage getroffen werden kann.