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Halsbach
"Wir finden kein Gehör": Halsbacher kritisieren schlechtere ÖPNV-Anbindung seit der Umstellung der Buslinien
Die Menschen in dem Lohrer Stadtteil sind frustriert: Das Landratsamt verweist auf eine Haltestelle zwei Kilometer außerhalb, für Rufbusse zahlen sie eine Extra-Gebühr. Auch Rexröther sind betroffen.
Seit der Umstellung der Buslinie zwischen Lohr und Karlstadt sind die Menschen im Lohrer Stadtteil Halsbach schlechter angebunden, finden Stefan Braun (von links), Barbara Müller, Stefanie Ries und Alexander Amend. 
Foto: Katrin Amling | Seit der Umstellung der Buslinie zwischen Lohr und Karlstadt sind die Menschen im Lohrer Stadtteil Halsbach schlechter angebunden, finden Stefan Braun (von links), Barbara Müller, Stefanie Ries und Alexander Amend. 
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 22.11.2024 02:41 Uhr

"Ich habe seit 21 Jahren eine Busfahrkarte und überlege schwer, sie zurückgeben", sagt Stefan Braun. So wie ihm geht es im Lohrer Stadtteil Halsbach derzeit vielen, die bisher den Bus genutzt haben. Denn seit im Januar die Fahrpläne geändert wurden, ist es für die Halsbacher deutlich schwieriger geworden, in Richtung Karlstadt oder Lohr zu kommen.

Vor der Umstellung der Buslinie im Januar gab es eine Buslinie zwischen Karlstadt und Lohr, die durch Wiesenfeld und Halsbach fuhr. Die fränkische Platte, also Orte wie Steinfeld, wurden mit einer eigenen Linie bedient. Im Januar wurden die beiden Linien zusammengelegt. Der Bus der Linie 613 fährt seitdem von Würzburg über Karlstadt nach Lohr und nimmt auf dem Weg eine ganze Reihe von Gemeinden wie Himmelstadt, Zellingen und Steinfeld mit. An Halsbach jedoch fährt der neue 613er vorbei bzw. hält nur an der Staatsstraße zwischen Wiesenfeld und Steinbach, zwei Kilometer außerhalb des Ortes. Zusätzlich gibt es deshalb die Linie 612, die als Zubringer zwischen Lohr und Halsbach fährt.

"Rexroth-Bus" wurde in einen Rufbus umgewandelt

Stefan Braun und Alexander Amend arbeiten beide bei Bosch Rexroth in Lohr und sind eigentlich immer gerne mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Doch mit der Fahrplanänderung wurde zum Beispiel die von vielen Rexroth-Beschäftigten genutzte Verbindung um 15.20 Uhr von Lohr nach Halsbach in einen Rufbus umgewandelt. Der Bus fährt also nur, wenn er vorher reserviert wurde – und das muss jeden Tag aufs Neue gemacht werden.

Das allein sei schon sehr umständlich. Schlimmer sei aber, dass die Rufbusse nur sehr unzuverlässig kämen und die telefonische Buchung schwierig sei. "Von sieben bestellten Bussen kam er bei mir dreimal gar nicht und einmal deutlich zu spät", sagt Amend. Hinzu kommt, dass Rufbus-Nutzer seit August zusätzlich zu ihrer Buskarte 1,50 Euro pro Fahrt zahlen müssen. Da komme einiges zusammen, wenn man den Bus täglich nutze, so Amend. "Ich sehe das mit dem Rufbus zu Randzeiten ein. Aber nicht zu Zeiten, in denen aus einem 360-Seelen-Ort acht Menschen mit dem Bus fahren wollen", sagt Braun. Die Zahl von acht Nutzern habe sich bei einer privaten Umfrage im Ort ergeben.

Wenn der Rufbus ausfällt, haben Auswärtige im Ort keinen Handyempfang

Zumal es aus Sicht der Halsbacher eine einfache Lösung gäbe: Zur gleichen Zeit wie der Rufbus fährt ohnehin ein Bus der Linie 613 an Halsbach vorbei, hält aber nur zwei Kilometer vom Ort entfernt an der Staatsstraße. Wenn dieser Bus bei Bedarf in den Ort reinfahren würde, könnte man sich den 612er-Bus sparen. "Bei dem Spätschicht-Bus um 22.05 Uhr wurde das genau so gelöst: Nur wenn man beim Einsteigen sagt, man will nach Halsbach, fährt der Bus in den Ort rein", erklärt Braun.

Die Halsbacher fühlen sich sprichwörtlich im Regen stehen gelassen. Sie stehen an der Haltestelle 'Abzweigung Halsbach', die rund zwei Kilometer außerhalb des Ortes liegt.
Foto: Katrin Amling | Die Halsbacher fühlen sich sprichwörtlich im Regen stehen gelassen. Sie stehen an der Haltestelle "Abzweigung Halsbach", die rund zwei Kilometer außerhalb des Ortes liegt.

Barbara Müller, deren Familie die Brauerei in Halsbach betreibt, ist von den Schwierigkeiten mit dem Rufbus ebenfalls betroffen. "Wenn wir bei uns Bierproben machen, fahren die Leute gern mit dem Rufbus am Abend wieder Richtung Lohr", sagt sie. Bei der Buchung würden sie inzwischen mehrmals nachfragen, ob die Gäste den Rufbus auch wirklich bestellt hätten und er bestätigt sei. Denn im Ort selbst gibt es keinen Handyempfang. Wenn der Rufbus also nicht kommt, könnten die Gäste an der Haltestelle nicht einmal ein Taxi rufen.

Auch die Verbindung nach Steinbach ist laut Alexander Amend deutlich schlechter geworden. Die Rufbusse der Linie 612 fahren zwar durch den Ort, man könne aber nicht einsteigen.

Probleme mehrfach beim Landratsamt angesprochen

Was die Halsbacher besonders ärgert: Beim Landratsamt, das für die Umsetzung der Fahrpläne im Verkehrsverbund VVM verantwortlich ist, haben sie bereits mehrfach um Verbesserungen gebeten. "Aber wir finden kein Gehör", sagt Müller. Die Antworten der Behörde seien wenig hilfreich und geändert habe sich seitdem nichts. Auch der Lohrer Bürgermeister, den sie um Hilfe gebeten haben, konnte nichts ausrichten.

Vom Landratsamt seien sie auf die Linie zwischen Karlstadt und Lohr verwiesen worden, die ja regelmäßig Halsbach bediene – allerdings nur die Haltstelle "Abzweigung Halsbach", zwei Kilometer außerhalb des Ortes an der Staatsstraße. Zu dieser Haltestelle führt nur ein unbefestigter und unbeleuchteter Fußweg, zusätzlich muss die vielbefahrene Staatsstraße überquert werden. Gerade bei Regen und in der Dunkelheit sei das nicht zumutbar, finden die Halsbacher. Viele fahren deshalb zum Beispiel ihre Kinder morgens zu der Haltestelle und holen sie abends wieder ab.

Das könne jedoch nicht jeder machen. "Die zwei Flüchtlingsfamilien im Ort haben keine andere Wahl, wenn sie nach Karlstadt müssen", sagt die Halsbacherin Stefanie Ries. Sie würden dann mit ihren kleinen Kindern und vollgepackten Taschen an der Straße entlang laufen. Dabei seien schon sehr gefährliche Situationen entstanden, so Ries.

Landratsamt verweist auf Zuganbindung in Karlstadt

Das Landratsamt erklärt auf Anfrage, dass bei der Planung der Linie 613 zwischen Lohr und Würzburg darauf geachtet wurde, dass die Zuganschlüsse in Karlstadt erreicht werden können. "Die Stichfahrten nach Halsbach sind daher aus fahrplantechnischen Gründen auf der Linie 613 zeitlich nicht realisierbar", heißt es von Pressesprecher Markus Rill. Aus diesem Grund sei aber die Linie 612 erweitert worden.

Für die Verbindung von Lohr nach Halsbach um 15.20 Uhr hätten die Planer eine geringere Nachfrage erwartet, so Rill, weshalb diese zu einem Rufbus wurde. "Wir haben von Januar bis Juli nur 39 Fahrtwünsche erhalten, bei denen 62 Personen befördert wurden", heißt es vom Landratsamt. Probleme mit der Buchung habe es in der Anfangsphase gegeben, diese seien aber gelöst worden.

Dem entgegnet Stefan Braun, dass viele Halsbacher den Rufbus gar nicht mehr bestellen würden, weil er in der Vergangenheit sehr unzuverlässig gewesen sei. Auch die zusätzliche Gebühr von 1,50 Euro pro Fahrt würde viele von der regelmäßigen Nutzung abhalten.

Buchung über App soll im Dezember kommen

Für das Jahresende war ein Fahrplanwechsel angekündigt, der sich laut Landratsamt jedoch verschiebt, unter anderem wegen der Baustelle zur Wiesenfelder Ortsumgehung. Ob die Halsbacher durch den Fahrplanwechsel Verbesserungen erwarten können, beantwortete Rill nicht.

Immerhin für die Buchung von Rufbussen ist laut Landratsamt Besserung in Sicht: Im Laufe des Dezembers soll die App "Callheinz", die schon in vielen anderen Landkreisen genutzt wird, auch in Main-Spessart an den Start gehen. Rufbusfahrten können dann über die App gebucht werden und nicht mehr nur noch telefonisch.

 
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  • Kai Hofstetter
    Prima, wenn man den Rufbus auch mit der App buchen kann, wenn es im Ort keinen Handyempfang gibt...
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  • Erich Spiegel
    Ich glaube nicht, dass die Behörden und das Landratsamt einfach keine Verbesserungen wollen, taub sind oder irgendwie unfähig. Sie versuchen wie überall im Land aus den begrenzten Finanzmitteln das Beste heraus zu holen. Rufe nach der Finanzierung durch das Land oder den Bund sind schnell da, aber auch hier sind die Kassen klamm. Geld drucken auf Pump, immer neue „Sondervermögen“ ist auch keine Lösung und geht auf Dauer schief, siehe Argentinien. Dazu gibt es einen interessanten Bericht mit Namen „Warum Argentinien immer wieder pleitegeht“ bei DW.com, der den wirtschaftlichen Abstieg des Landes beschreibt. Wenn „Sondervermögen“ dann möglichst wenig und nur für Investitionen (z.B. in marode Brücken, Schulen, Straßen). Leider muss der Sozialstaat gekürzt werden, auch wenn es uns allen weh tut.
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  • Erich Spiegel
    Hoffentlich handelt es sich um einen echten "Skandal" und nicht um einen schnöden Erpressungsversuch, um medienwirksam die Lokalpolitiker unter Druck zu setzten. Das kommt leider immer mehr in Mode. Die verantwortlichen Politiker sollten nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden unter Abwägung aller Aspekte. Politiker sollten auch Klartext reden, wenn Maßnahmen nicht mehr finanziert werden können. Vermutlich werden wir alle unsere Ansprüche zurückschrauben müssen, weil es wirtschaftlich rückwärts geht die nächsten Jahre. Die europäische Industrie, die unseren Wohlstand finanziert hat ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr wäre wünschenswert, aber wegen der immensen finanziellen Belastungen der kommenden Jahre für marode Brücken, Schule, Bundeswehr, Energiewende, etc. wird man Abstriche machen müssen. Wir als Bürger sollten auch unpopuläre Maßnahmen mittragen.
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