Wer im Raum Karlstadt zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen möchte, muss nun keine langen Touren mehr auf sich nehmen. "Viele Patienten erzählen, dass sie vorher für Termine nach Würzburg, Bad Kissingen oder Kitzingen gefahren sind", sagt Ahmad Alboudi, Facharzt für HNO-Heilkunde, im Gespräch mit dieser Redaktion. Am 1. Oktober hat er zusammen mit seiner Frau Zainab Abdullah die "HNO Praxis Main-Spessart" in der Hauptstraße in Karlstadt eröffnet.
In den Räumlichkeiten in der Innenstadt befand sich bis März 2023 die HNO-Praxis von Heinz Hauck, der damals trotz längerer Suche keinen Nachfolger finden konnte. Dr. Friedrich Hochapfel in Lohr war somit eineinhalb Jahre lang der einzige HNO-Arzt, der im Landkreis Main-Spessart seine Dienste anbot.
Personalsuche war lang und intensiv
Das syrische Ehepaar beschäftigte sich seit vergangenem Jahr mit dem Aufbau der neuen Praxis. "Das waren schwierige Zeiten und eine chaotische Baustelle. Die Zeit war mit einigen schlaflosen Nächten verbunden. Die letzten beiden Septemberwochen und die erste im Oktober waren am schwierigsten. Da hat vieles erst nicht so funktioniert, wie es sollte", so der 36-jährige Alboudi. Genau wie seine 34-jährige Frau hatte er zuvor schon mehrere Jahre im ambulanten Bereich gearbeitet, war aber nie selbstständig tätig.
Eine große Baustelle war die Personalsuche. Im HNO-Bereich sei es schwierig, überhaupt genug Personal zu finden. "Die meisten interessieren sich nicht mehr für diese Branche, weil in vielen anderen fachmedizinischen Branchen gleich bezahlt wird, man aber weniger Anforderungen erfüllen muss." Bis zu 50 Prozent der HNO-Praxen hätten daher Personalmangel, wie Alboudi einer Pressemitteilung des Deutschen Berufsverbands der HNO-Ärzte entnimmt. Sie müssten dann oft ihre Abläufe den Qualifikationen entsprechend umstellen.
Mit den insgesamt fünf Medizinischen Fachangestellten, die gemeinsam mit den beiden Fachärzten das Praxisteam bilden, sind Alboudi und Abdullah jetzt sehr zufrieden. Da aber nicht alle von ihnen Vorerfahrungen im HNO-Bereich haben, gab es in den Wochen vor der Eröffnung noch einige Schulungen.
Alboudi: Wir mussten alles aus dem Nichts aufbauen"
Alboudi, der zuvor in einer Gemeinschaftspraxis in Ansbach tätig war, betont, wie kraftraubend der Aufbau der Praxis war. "Es gab in Karlstadt keine Praxis zur Übernahme mehr, nachdem Herr Hauck schon im Vorjahr aufgehört hatte. Wir mussten also alles aus dem Nichts aufbauen und neue Geräte und Instrumente anschaffen", sagt Alboudi.
Schon nach den ersten Wochen Praxisbetrieb sieht der Facharzt aber auch, dass sich der Aufwand bezahlt macht. "Da der HNO-Bedarf in Karlstadt und Main-Spessart so groß war, merkt man den Leuten ihre Freude an und das ist letztlich auch unsere Belohnung", so Alboudi. Ihn schockiert der Ernst der Lage, in der sich einige Patientinnen und Patienten in den vergangenen 18 Monaten befunden hätten. Er weist darauf hin, dass auch Tumorpatienten lange keine HNO-Anlaufstelle in der Nähe gehabt hätten. "Der Patient kann nicht beurteilen, wie ernst der Grund für seine Beschwerden ist. Wenn er dann keinen Termin bekommt, ist das nicht gut", gibt Alboudi zu Bedenken.
Alboudi sieht weitere HNO-Praxis als Vorteil
Mit Dr. Christian Wilhelm wird ein weiterer junger HNO-Facharzt im Januar seine Praxis im Gesundheitszentrum in Karlstadt eröffnen. Alboudi blickt dem entspannt und kollegial entgegen: "Ich würde mich freuen, wenn wir gut zusammenarbeiten können und empfinde es als Vorteil, wenn es noch eine weitere Praxis gibt, da der Bedarf enorm groß ist." Auch für Zeiträume der gegenseitigen Vertretung brauche es einen weiteren HNO-Arzt.
Einen Doktortitel hat Alboudi bisher nicht, was sich jedoch bald ändern soll. Aktuell promoviert er parallel zum Praxisbetrieb an der Universität in Dresden. "Die Art meiner Studie erfordert aber nicht, dass ich vor Ort sein muss. Ich arbeite mit meinen Daten ausschließlich online. Nach der Sprechstunde habe ich zurzeit immer noch sehr viel zu tun."