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Hofstetten
Wasserversorger FWM muss sechs Trinkwasserbrunnen bei Hofstetten verfüllen, tut es aber nicht
Die Brunnen werden nicht genutzt, das Wasser hat schlechte Qualität und ist anfällig für Schadstoffe. Die Fernwasserversorgung Mittelmain hätte sie bis Mitte 2024 rückbauen sollen.
Einer der nicht genutzten Brunnen bei Hofstetten.
Foto: Björn Kohlhepp | Einer der nicht genutzten Brunnen bei Hofstetten.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 20.03.2025 02:38 Uhr

Die sechs längst totgesagten Trinkwasserbrunnen bei Hofstetten gibt es weiterhin. Erst wollte der Zweckverband Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM) sie auf Druck von Fachbehörden 2022 freiwillig zurückbauen. Dann überlegte es sich die FWM anders und wollte einen Bescheid vom Landratsamt Main-Spessart abwarten. Als der kam, klagte die FWM dagegen. Im Januar 2023 kam es zu einem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht Würzburg: Die FWM erkannte die Verpflichtung zum Rückbau an, dafür wurde die Frist dazu um ein Jahr, bis 31. Juli 2024, verlängert. Geschehen ist seither nichts.

Wer mit dem Rad zwischen Hofstetten und Steinbach fährt, kennt die eingezäunten Brunnen, die sich wie an einer Schnur am Radweg aufreihen. "Sehr verwundert" zeigt sich Ferdinand Heilgenthal als Vorsitzender der Bürgerinitiative Wasser e.V. Hofstetten, die seit Jahrzehnten gegen die Brunnen kämpft. Er sieht das Ganze als Beispiel dafür, "wie langsam die Mühlen der Behörden, Verbände und Justiz mahlen, bis das Ergebnis bei den betroffenen Bürgern ankommt". "Das kann nicht sein, dass Jahre, ja Jahrzehnte ins Land gehen, bis sich etwas tut, obwohl der Rückbau entschiedene Sache ist", findet er.

Heilgenthal erzählt, dass er seit dem Vergleich immer wieder beim Landratsamt und auch beim Wasserwirtschaftsamt nachgefragt habe. Vom Landratsamt habe er im September zu hören bekommen, dass im Herbst Gespräche mit der FWM stattfinden sollen. Die habe es aber offenbar noch nicht gegeben, so Heilgenthal.

Landratsamt zu den Brunnen Hofstetten: "derzeit behördenübergreifende Abstimmungen"

Auf Anfrage der Redaktion heißt es vom Landratsamt Main-Spessart: "Das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht ruht weiterhin. Derzeit finden diesbezüglich behördenübergreifende Abstimmungen statt." Eine Einschränkung gab es im Rahmen des Vergleichs: Sollte das betreffende Gebiet Hofstetten/West bei dem damals laufenden bayerischen Grundwasserprojekt "SüSWasser" als Gebiet mit Grundwasser-Überschuss (blau) markiert werden, verpflichtete sich das Landratsamt dazu, die Anordnung zum Rückbau noch einmal zu überprüfen.

Entsprechend antwortet das zuständige Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg auf Anfrage bei der FWM: "Der vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Vergleich sieht eine erneute Prüfung der Rückbauverpflichtung durch das Landratsamt Main-Spessart im Rahmen des SüS-Wasser-Projekts des Freistaats Bayern vor. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen." Es werde geprüft, "ob Hofstetten als potentiell gutes Standbein für die langfristige Sicherung der Wasserversorgung der Region dienen kann", so die Pressestelle des Kommunalunternehmens.

In Hofstetten ist laut Homepage des Umweltministeriums kein Grundwasser zu holen

Das zuständige Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz verweist auf Anfrage nach dem Stand oder Ergebnissen des Projekts auf Kartenmaterial auf seiner Homepage. Dort ist Hofstetten nach wie vor weiß, was in Bezug auf Grundwasser ein "potenzielles Defizitgebiet" (sprich: nichts zu holen) bedeutet. Jane Korck, Leiterin des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg, teilt mit, die Bearbeitung des Projekts sei nach ihrem Kenntnisstand noch nicht abgeschlossen. "Unsere bisherigen Stellungnahmen gelten weiterhin und eine Nutzung der Brunnen zur Trinkwassergewinnung ist nach unserem Kenntnisstand nicht möglich", so Korck.

Brunnen in Zeiten von knappem Trinkwasser rückzubauen, klingt unsinnig. Allerdings gibt es dafür aus Sicht der Fachbehörden triftige Gründe. Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg und das Landesamt für Umwelt sehen Hofstetten/West als nicht für die Wassergewinnung geeignet. Ein mehrwöchiger Pumpversuch im Jahr 2000 hatte ein Absinken des Grundwasserspiegels um mehrere Meter zur Folge.

Landratsamt: ungenutzte Brunnen eine Gefahr fürs Grundwasser

Eine Juristin des Landratsamts legte 2023 vor Gericht dar, warum ein Rückbau oder eine Verfüllung der Hofstettener Brunnen unerlässlich sei. Durch die vorhandenen Brunnen und die durchstoßenen Schichten könnten Schadstoffe ins Grundwasser eindringen. Die Brunnen in den Mainauen ließen sich zudem nicht gut genug schützen. Es sei auch unklar, ob das Wasser überhaupt je gebraucht werde.

Außer den Brunnen sollen auch diese Messpegel rund um die Brunnen verschwinden.
Foto: Björn Kohlhepp | Außer den Brunnen sollen auch diese Messpegel rund um die Brunnen verschwinden.

Ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamts erläuterte ebenfalls vor Gericht, dass das Hauptproblem sei, wie schnell Schadstoffe an der Oberfläche im Hofstettener Brunnenwasser landeten. Oberflächennahes Wasser war auch der Grund, warum das Kommunalunternehmen Stadtwerke Gemünden mit zwei Brunnen im Sindersbachtal auf der gegenüberliegenden Mainseite letztlich eine Million Euro in den Sand setzte. Wasser von dort, einst gedacht als zweites Standbein der Gemündener Wasserversorgung, wird  heute nur als Löschwasser genutzt, obwohl es von der Menge, der Qualität und der Schützbarkeit her besser wäre als das Hofstettener Wasser.

Diplomgeologe: kein Trinkwasser, nur Brauchwasser in Hofstetten/West

Die BI hatte einst einen Diplomgeologen zu Rate gezogen, der urteilte, dass es in der ganzen Gemarkung Hofstetten kein Trinkwasser gebe, sondern allenfalls Brauchwasser, das aufwendig aufbereitet werden müsste. Im August 2013 wurden die 1972 ausgewiesenen Wasserschutzgebiete aufgelöst.

Schätzungen der FWM gingen 2017 von 400.000 bis 500.000 Euro Kosten für den Rückbau der Brunnen und der zugehörigen Messpegel aus, von einem mittleren sechsstelligen Betrag geht er auch heute aus. Rund 15 Millionen Mark, fast vollständig staatliche Fördergelder, waren nach FWM-Angaben bisher in die schon 1980 und 1981 gebohrten Brunnen gesteckt worden. Die FWM würde die Hofstettener Brunnen dennoch gerne als Notbrunnen erhalten.

Am 16. März hat die BI Wasser ihre Jahreshauptversammlung. "Da wollen wir weitere Schritte beschließen", sagt Heilgenthal, "eventuell auch von Seiten der BI Rechtsmittel einlegen." Denn er glaubt, dass die FWM den angeordneten Rückbau der Brunnen "weiterhin rausziehen und irgendwann im Sand verlaufen lassen" möchte. Nach der Anfrage der Redaktion bekam er ein Schreiben von der FWM, ob er mal auf ein Gespräch vorbeikommen möchte. Er fragt sich, was der Sinn davon sein sollte, wenn doch juristisch eigentlich alles klar ist.

 
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  • Irma Hoffmann
    Auf wieviel Zeit sie spielen sieht man doch an der gewonnenen Klage gegen das LRA MSP im Fall des berechtigten Bauantrages eines Aussiedlerhofes in Erlach/Main. Hier wurde der Bauantrag mehrere Jahre ausgebremst und letztlich gab es bei der Urteilsverkündung eine ordentliche Watschn fürs LRA. Nachdem ja der Aufsichtsrat der Fernwasser und die Landräte in WÜ/MSP sich die Bälle gerade zuspielen ist nun die Fernwasser in Berufung gegangen nachdem das LRA MSP glanglos vor dem VG WÜ verloren hat. Diese Juristen wissen doch immer wie sie mit Berufungen weiterhin auf Zeit spielen können.
    Schade, wir sind da nicht weit von ........ weg wo das Recht ständig zu Gunsten der Mächtigen gebrochen wird
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  • Hermann Spitznagel
    Wieso hat man da für Millionen Brunnen gebohrt, wenn ein Diplomgeologe feststellt, dass es dort kein brauchbares Trinkwasser gibt?
    Die Geologie verändert sich doch in einigen Jahren nicht.
    Bei Sulzfeld-Kitzingen liegen doch auch mehrere Brunnen unmittelbar am Main.
    Fördern die auch Mainwasser?
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