
100 Millionen Euro will Bosch Rexroth am Standort Lohr investieren, in Neubauten, Erweiterungen und Modernisierungen. Das hat das Unternehmen 2021 angekündigt und zeitnah losgelegt. Inzwischen sind drei Projekte abgeschlossen und eines fast fertig.
Bei den Neubauten ist die Entwicklung auch für Außenstehende nicht zu übersehen: An der Haaggasse neben dem Frauenkloster ist ein neues Bürogebäude entstanden. Hier sind die Mitarbeiter im August eingezogen. Am Werk zwei in Wombach wächst, ebenfalls gut sichtbar, ein neues Logistikzentrum. Verborgen in und zwischen den Werkhallen hat die Gießerei einen teuren aber energie- und arbeitseffizienten Modernisierungsschub bekommen. Noch nicht begonnen ist ein letztes Bauprojekt innerhalb des Werks eins. Auf einem Stück grüner Wiese, wo dank des Neubaus Bürocontainer verschwunden sind, ist ein zentrales Logistikzentrum für die Fertigung in Planung.

Zeit- und Kostenrahmen seien bislang größtenteils eingehalten worden, erklärt Frank Theil, Technischer Verantwortlicher für den Standort Lohr. Trotzdem haben die Baustellen die eine oder andere Herausforderung mit sich gebracht. In Wombach im Werk zwei wird nah am Main gebaut, im Schwemmland mit feinem Sandboden. Dementsprechend hoch war der Aufwand für die Grundplatte. 150 Betonpfeiler, 60 bis 70 Zentimeter dick, reichen acht Meter in den Boden. Denn erst da habe man festen Grund erreicht. "Wir haben ein halbes Jahr in die Tiefe gebaut", kommentiert Projektleiter Mark Leverkoehne. Im Werk eins ist die Arbeit im laufenden Betrieb die besondere Schwierigkeit. Baumaschinen und Betonmischer kommen zum üblichen Werkverkehr auf dem Gelände. Dennoch habe man die niedrigste Unfallrate der Gießereien in Deutschland, sagt Gießerei-Chef Totnan Bald erleichtert.
Hydraulik-Guss ist anders
Die Investitionen in seinen Bereich, mit einem neuen Gussofen und einer neu entwickelten Kühlstrecke, sieht Bald als "wichtiges Commitment für Gießerei". Er fügt hinzu: "Dem einen oder anderen Mitarbeiter wird ein Steinchen vom Herz gefallen sein." Die Situation bei Düker, wo gerade die Schließung der Gießerei in Karlstadt angekündigt wurde, sei nicht vergleichbar. "Hydraulik-Guss ist nicht normaler Guss", betont er. Aus Lohr würden die Bosch-Rexroth-Werke in der ganzen Welt versorgt. Alle Projekte des Investitionspakets zielen auch auf Energieeffizienz. Sie kämen zum richtigen Zeitpunkt, sind sich die Verantwortlichen einig.

Über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens informiert Standortsprecher Thomas Koenig. Man könne sich der allgemeinen Entwicklung in der Branche nicht ganz entziehen, erklärt er. Im Vergleich zum Rekordjahr 2022 sei die Auftragsentwicklung im ersten Halbjahr erfreulich gewesen. Seit Sommer gebe es einen deutlichen Rückgang. "Der Auftragsbestand ist irgendwann ausgeliefert."
Das erste Halbjahr 2024 werde "in Summe ein schwieriges". Man gehe aber von einer Belebung im Laufe des Jahres 2024 aus. "Es gibt Länder, in denen läuft das Geschäft. Amerika, Indien, Südafrika, auch Länder in Europa." Frankreich sei stabil. Deutschland hingegen sei schwierig. Da helfe die internationale Aufstellung.
Bosch Rexroth sieht er "gut aufgestellt für die Zukunft". Am Standort Lohr erwartet er "nicht aus strukturellen Gründen tiefe Einschnitte". Man müsse aber angesichts volatiler Weltmärkte jeden Tag prüfen, ob man gut aufgestellt ist. "Heute arbeiten wir an den Erzeugnissen für in fünf Jahren."
Modernes Arbeiten im "Cube"-Bürogebäude
Seit August wird im sogenannten "Cube", dem neuen Bürogebäude an der Haaggasse, gearbeitet. Auf 6500 Quadratmetern Nutzfläche mit 280 Arbeitsplätzen halten in der Industriehydraulik neue Arbeitsformen Einzug. Das Ziel: Kreativität und Kommunikation fördern, erklärt Standortleiter Frank Theil. Die Arbeitsbereiche sind offen gestaltet, der eigene Schreibtisch ist für die meisten Mitarbeiter passé. Die persönlichen Habseligkeiten werden in Schließfächern aufbewahrt, der Arbeitsplatz kann täglich wechseln. Für ruhige Arbeit und kurze Besprechungen gibt es 23 "Fokusräume", außerdem 13 Besprechungsräume. Dazu kommen Co-Working-Bereiche, Ausstellungsbereiche und Café-Bereiche.

Noch nichts passiert ist am geplanten Logistikzentrum im Werk "Zum Eisengießer". Erst müssten die anderen Baustellen auf dem Gelände abgeschlossen werden, dann könnten die Arbeiten hier beginnen, erklärt André Kramer, kaufmännischer Leiter des Geschäftsbereichs Industriehydraulik. Hier soll auf 8400 Quadratmetern Platz für 6000 Paletten und mehr als 60.000 Kisten entstehen. Der zentrale Standort soll künftig "just in time" die Fertigung beliefern und die innerbetrieblichen Transporte im Stadtgebiet reduzieren. Weg sind die Bürocontainer, die hier über 20 Jahre standen.
Seit Dezember 2022 läuft ein dritter, neu angeschaffter Mittelfrequenzofen in der Gießerei. Mittelfrequenz bezieht sich auf die nötige Stromfrequenz für den Betrieb. Drei Netzfrequenzöfen sind dafür abgebaut worden. Das bedeutet eine Energieeinsparung von 2,9 Gigawattstunden pro Jahr, erklärt Gießerei-Chef Totnan Bald. So viel benötigen etwa 700 Vierpersonenhaushalte jährlich.
Kontrollierte Kühlstrecke ist die größte Einzelinvestition
Im Zuge der Erweiterung der Gießerei ist ein neues Kühlhaus mit längerer Kühlstrecke gebaut worden, damit die Gussteile in ihrer Sandform langsam abkühlen können. Das ist nötig, damit die Metalle die gewünschten Eigenschaften entwickeln. Bislang habe man sie dafür zu einem anderen Unternehmen gefahren und noch mal erhitzen lassen, erklärt Gießerei-Leiter Totnan Bald. Das fällt jetzt weg, was eine CO2-Einsparung pro Jahr von 2000 Tonnen für den Prozess und 330 Tonnen für den Transport bedeutet. Die Kühlstrecke ist die größte Einzelinvestition im vorgesehenen 100-Millionen-Paket.
"Bis zum Winter" soll das neue Logistikzentrum in Wombach mit einer Fläche von 8100 Quadratmetern fertig werden, sagt Projektleiter Mark Leverkoehne. Ab April 2024 soll der Betrieb laufen. Im 24 Meter hohen Hochlager ist Platz für 10.000 Paletten und 63.000 Kisten. Das Gebäude ist mit Steinwolle gedämmt und erreicht einen KfW-40-Standard. PV-Anlagen sind auf dem Dach vorgesehen. 50 Personen werden hier im Zwei-Schicht-Betrieb arbeiten. Das Lager ermöglicht das Zusammenlegen bisheriger Standorte in Lohr.