
Bei seiner Entsorgung durchläuft Klärschlamm im Grunde drei Prozesse: Entwässerung, Trocknung und Verbrennung. Neue gesetzliche Rahmenbedingungen erfordern nun, den Klärschlamm, der aus behandeltem Abwasser entsteht, künftig umweltfreundlicher zu entsorgen. Wie das funktionieren soll und warum Karlstadt dafür einem Zweckverband zur Klärschlammverwertung beitreten sollte, erklärte Andreas Kohlmann, technischer Leiter der Stadtwerke Karlstadt, dem Stadtrat am Dienstag.
Ab 2029 muss der Rohstoff Phosphor, der in der Landwirtschaft für Dünger und Futtermittel benötigt wird, bei der Entsorgung von Klärschlamm zurückgewonnen werden. Die verschärften Regeln sollen die Umweltbelastung eingrenzen und verhindern, dass Klärschlamm weiterhin unbehandelt in der Landwirtschaft verwertet wird. Die Vorschriften bedeuten auch, dass neue Prozessketten entwickelt werden müssen, die auch den Weg des Karlstadter Klärschlamms betreffen.
Bisher wird Karlstadter Klärschlamm im Zementwerk verbrannt
Bislang wird dieser, nach Entwässerung in der Kläranlage, im Karlstadter Zementwerk Schwenk sowohl getrocknet als auch verbrannt. Für die Stadt ist das eine bequeme Lösung. Die wird aber bald nicht mehr möglich sein, wie Andreas Kohlmann sagt. Eine Phosphor-Rückgewinnung funktioniere nur über eine Monoverbrennung, also ohne Zusatz weiterer Stoffe. Die ist beispielsweise im Gemeinschaftskraftwerk in Schweinfurt (GKS) möglich, nicht aber bei Schwenk in Karlstadt.
Aus einer im Auftrag der Stadt Würzburg durchgeführten Studie des Fraunhofer-Instituts geht hervor, dass eine Trocknung am Müllheizkraftwerk (MHKW) Würzburg mit anschließender Verbrennung am GKS die sinnvollste Option wäre. Bei diesem Entsorgungskonzept für den Klärschlamm sollen neben der Stadt und dem Landkreis Würzburg auch die Landkreise Kitzingen, Neustadt/Aisch, der Main-Tauber-Kreis und Main-Spessart eingebunden werden, so Kohlmann.
Klärschlamm kann als Energieträger im Zweckverband ortsnah genutzt werden
So könne man Synergien in Form einer interkommunalen Zusammenarbeit nutzen. Der Zweckverband, dem die genannten Kreise angehören, soll den Namen "Klärschlammverwertung Main Tauber Aisch (ZKMTA)" tragen. Einige Vorteile dieses Konzepts: Neben der Entsorgung zu finanziell stabilen Konditionen könne der Klärschlamm "als regenerativer Energieträger ortsnah genutzt" werden. Vor allem aber werde der Phosphor "gesetzeskonform zurückgewonnen".

Konkret werde der ZKMTA den in den Kläranlagen entwässerten Klärschlamm der Mitglieder – wie etwa Karlstadt – übernehmen, zur Trocknungsanlage nach Würzburg transportieren, dort trocknen und anschließend zur Verbrennung nach Schweinfurt ans GKS fahren, wie Kohlmann schildert. Dann kommt es zum Recycling des Phosphors aus der übrigen Asche. Wie das konkret aussehen wird, sei heute aber noch unklar. Kohlmann: "Hier prüft die Industrie aktuell bundesweit in Pilotanlagen mögliche Varianten zur wirtschaftlichen Umsetzung."
Über 40 Kläranlagenbetreiber bereits an Bord
Warum aber kann auch die Trocknung des Klärschlamms nicht mehr in Karlstadt stattfinden? "Am MHKW in Würzburg ist ausreichend Wärme vorhanden, da für die Trocknung auch Abdampfnutzung möglich ist. Außerdem gilt die Wärme dort nach dem Gebäudeenergiegesetz und dem Wärmeplanungsgesetz als erneuerbare Energie", weiß Kohlmann. Von Karlstadter Seite aus wird der technische Leiter der Stadtwerke bald gemeinsam mit dem Werkleiter Christoph Fluhrer und dem technischen Angestellten Kurt Deißenberger im Zweckverband auftreten.
Die Gründung des ZKMTA werde auch aufgrund von Kostenvorteilen bei der Entsorgung durch die Mengenbindung des Klärschlamms der einzelnen Kommunen empfohlen. Für den Beitritt liegen bereits Absichtserklärungen von über 40 Kläranlagenbetreibern vor.
Kohlmann merkt an, dass der ZKMTA nicht den gesamten Prozess bis zur Phosphorrückgewinnung alleine leisten könne. Daher werde man den bereits bestehenden Zweckverband Abfallwirtschaft Raum Würzburg (ZVAWS) als strategischen Partner mit einbinden. Auch gebe es Überlegungen, einen weiteren neuen Zweckverband für die Region Nordbayern zu gründen, der bei späteren Schritten der geschilderten Prozesskette unterstützen kann.
Wird "Klärschlammtourismus" in der Region erzeugt?
Gerhard Kraft (Die Grünen) wollte wissen, ob es geprüfte Alternativen zur vorgestellten Entsorgungsmethode gegeben habe und warum diese unter Umständen verworfen wurden. "Mir scheint, dass vor allem nach einer einfachen Lösung gesucht wurde. Aber bekommen wir so nicht einen Klärschlammtourismus in der Region?", wollte er wissen.
Kohlmann entgegnete, dass es mal Überlegungen gegeben habe, das Ganze in Zellingen zu machen. Es scheitere aber letztlich an der Trocknung. "Der Prozess braucht sehr viel Energie, also geht man dahin, wo sie zur Verfügung steht. Wir müssten bei uns für diesen Prozess noch Energie zuführen", so seine Erklärung.
15 Cent Mehrkosten pro Kubikmeter Abwasser
Auch fragte Kraft, welche Kosten pro Tonne durch das Entsorgungsverfahren anfallen würden. Dazu könne Kohlmann bisher nichts Konkretes sagen, gehe aber aktuell von 15 Cent pro Kubikmeter Abwasser an Mehrkosten aus. "Wenn wir etwas Eigenes aufstellen wollen, wird es wesentlich teurer und wir wären damit auch die einzigen. Lohr und Marktheidenfeld zum Beispiel haben dem Beitritt bereits zugestimmt", sagt er.
Hinterfragt wurde das Vorhaben auch von Ingo Röder (Freie Wähler). Er betont, dass Schwenk Millionen in die Trocknung von Klärschlamm investiert habe und das seiner Meinung nach auch gut mache. "Jetzt ändern wir es wieder um. Das ist ein typisch deutsches Problem, dass wir unsere Entsorgung verkomplizieren und teurer machen, mir geht da die Hutschnur hoch", fand Röder klare Worte.
Vergleichsweise kurze Transportwege für den Klärschlamm
In seiner Antwort erinnerte Kohlmann daran, nicht nur mit dem Zementwerk in Karlstadt sehr privilegiert zu sein. Andere würden ihren Klärschlamm hunderte von Kilometern zu Schwenk fahren. "Für uns bleibt auch der vergleichsweise kurze Weg nach Würzburg oder Schweinfurt ein Vorteil. Das Fraunhofer-Institut hat auch dazu Untersuchungen angestellt. Der Energieverbrauch für den Transport nach Würzburg ist beispielsweise geringer, als wenn wir hier bei uns eine eigene Methode aufbauen.
Nach den Beschlussfassungen aller potenziellen Mitglieder soll die Gründungsversammlung des Zweckverbands zeitnah einberufen werden. Geplant ist sie derzeit für Anfang Mai. Der Karlstadter Stadtrat stimmte dem Beitritt zum ZKMTA mit zwei Gegenstimmen mehrheitlich zu. Ab wann das geschilderte Entsorgungsverfahren umgesetzt werden kann, ist noch offen. Dafür müssen sowohl die Trocknungsanlage in Würzburg als auch die Verbrennungsanlage in Schweinfurt erstmal gebaut werden.