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Schaippach
Von geplantem Wasserschutzgebiet nichts gewusst: Schaippacherin hat Investitionen in Permakultur-Vorhaben womöglich umsonst getätigt
Stefanie Amend wollte auf ihrem Grundstück gern einen nachhaltigen "Waldgarten" anpflanzen. Dazwischen sollen Hühner picken. Doch nebenan ist ein Trinkwasserbrunnen.
Stefanie Amend, hier mit Vater Burkard Amend, wollte in Schaippach auf einer Fläche neben einem Tiefbrunnen zukunftsweisende Landwirtschaft betreiben. Dort soll aber ein Wasserschutzgebiet entstehen, was ihnen bisher nicht bekannt war.
Foto: Björn Kohlhepp | Stefanie Amend, hier mit Vater Burkard Amend, wollte in Schaippach auf einer Fläche neben einem Tiefbrunnen zukunftsweisende Landwirtschaft betreiben.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 24.01.2025 02:40 Uhr

Die Schaippacherin Stefanie Amend würde auf einem Grundstück jenseits der ICE-Strecke, am Schotterweg zur Gemündener Sauruh, gerne ein nachhaltiges Landwirtschaftsprojekt mit Geflügelhaltung realisieren. Ein Landschaftsgärtner und Permakultur-Designer hat schon die Pläne erstellt, auch ein mobiler Hühnerstall, drei Puten, Wasserbehälter und Elektrozäune sind beschafft. Doch dann erfuhr sie, dass dort irgendwann ein Wasserschutzgebiet entstehen soll, was ihre Pläne hinfällig macht.

Der Hintergrund: Seit etwa zehn Jahren gibt es in Schaippach zwei neue Tiefbrunnen, die Gemünden mit Wasser versorgen. Ein Wasserschutzgebiet außen herum gibt es aber nicht – bislang zumindest. Das 1,7 Hektar große Grundstück von Stefanie Amend grenzt an einen der Brunnen an.

Zum waldartigen Vorhaben des "Waldgartens" gehören auch Hühner

Ihr Vorhaben klingt zukunftsweisend. Auf dem Wiesengrundstück, das seit Jahren an einen Landwirt verpachtet ist, der dort zur Düngung auch Mist ausbrachte, sollte ein "Waldgarten" mit Grünland entstehen. "Ich will meinen Kindern die Natur näherbringen", sagt die Mutter von drei Kindern, die auch mit der Grundschule in Gemünden und der Schulkindbetreuung in Kontakt stehe. Der Plan war, dort Obst- und Nussbäume sowie Sträucher zu pflanzen. Zum Freihalten von Gras und zum Düngen sollten Hühner und vielleicht auch Schafe gehalten werden. Um die Hühner vor Greifvögeln zu schützen, wurden die Puten angeschafft. Diese leben nun einstweilen mitten in Schaippach.

Einhalt gebot den Plänen eine vorsichtshalber getätigte Nachfrage beim Kommunalunternehmen Stadtwerke Gemünden (KU) – dort solle ein Wasserschutzgebiet entstehen, hieß es, Hühnerhaltung gehe dann nicht mehr. Ihr und ihrem Vater Burkard Amend seien schon Kosten von mehreren Tausend Euro entstanden, sagen die Amends.

Burkard Amend sieht Versäumnis des KU und der Stadt Gemünden

Burkard Amend sieht ein Versäumnis des KU als Betreiber der Brunnen und der Stadt, der das KU gehört. Anlieger müssten doch über ein geplantes Wasserschutzgebiet in Kenntnis gesetzt werden, findet er. Für die Trinkwassersicherheit wären ja auch jetzt schon eine Einschränkung der Nutzung oder zumindest Nutzungshinweise sinnvoll, auch dazu sei nichts bekannt. "Wenn ich gewusst hätte, das wird ein Wasserschutzgebiet, hätte ich gar nicht mit dem Planen angefangen", sagt Amend. Er glaubt, dass das Wasserschutzgebiet zehn Jahre lang einfach vergessen wurde.

Auf dem Grundstück hinter diesem Tiefbrunnen hätte Stefanie Amend gern einen Waldgarten mit Hühnerhaltung angelegt.
Foto: Björn Kohlhepp | Auf dem Grundstück hinter diesem Tiefbrunnen hätte Stefanie Amend gern einen Waldgarten mit Hühnerhaltung angelegt.

Roland Brönner, Vorstand des KU, verneint auf Anfrage, dass das Wasserschutzgebiet vergessen wurde. "Das ist ein Verfahren, das ewig dauert." Es sei geplant, aber tatsächlich noch nicht beantragt, weil zunächst noch Auflagen wie die kürzlich gebohrten Grundwassermessstellen erfüllt werden müssten. Jetzt schon über Einschränkungen in der Zukunft zu informieren, hielte er für verfrüht. Anlieger wüssten ja, dass da Brunnen seien. Aber klar sei: Irgendwann komme das Schutzgebiet, und dann sei eine Geflügelhaltung auf dem Grundstück nicht mehr möglich.

Er verstehe, dass es für die Amends ärgerlich ist, so Brönner. Das KU habe mit der Familie aber auch über Ideen gesprochen, die Pläne ohne Tierhaltung zu realisieren. Wenn dort Wald oder so etwas wie Wald entstünde, wäre das sehr wünschenswert. "Wir würden das Grundstück auch kaufen", sagt Brönner.

Amend schlägt einen Grundstückstausch vor, Lippert lehnt ab

Davon hätte aber seine Tochter nichts, sagt Burkard Amend. Die Ideen des KU wären darauf hinausgelaufen, die Hühner auf einem zweiten Grundstück zu halten. Amends Lösungsvorschlag: Ein Grundstückstausch mit dem KU oder der Stadt. Das KU hat jedoch keine geeigneten Grundstücke in Schaippach – im Gegensatz zur Stadt. Denn in Sportplatznähe, also weit weg von den Brunnen, gebe es ein mit 2,3 Hektar nur unwesentlich größeres städtisches Grundstück. Das habe die Stadt bei der Flurbereinigung bekommen. Den Mehrwert würden die Amends natürlich bezahlen. Amend geht von etwa 1,10 Euro pro Quadratmeter aus, was für das ganze städtische Grundstück einen Wert von 25.000 Euro bedeuten würde. Aber Bürgermeister Jürgen Lippert lehne einen Grundstückstausch ab.

Der mobile Hühnerstall ist bereits gebaut. Wann und ob er überhaupt zum Einsatz kommen wird, ist unklar.
Foto: Björn Kohlhepp | Der mobile Hühnerstall ist bereits gebaut. Wann und ob er überhaupt zum Einsatz kommen wird, ist unklar.

Anfangs, so erzählt es Landwirt Amend, hätten sie geschaut, ob sie von privat ein Grundstück für das Vorhaben kaufen könnten. Aber niemand wollte verkaufen. Von der Stadt hätten sie ein aus seiner Sicht kleines und steiles zur Pacht angeboten bekommen, aber seine Tochter soll etwas Eigenes haben, da sie das Projekt als Teil ihrer Altersvorsorge sieht. Schließlich überschrieb er ihr mit dem nun strittigen Grundstück eines seiner landwirtschaftlichen Grundstücke.

Antrag, den Stadtrat über den Grundstückstausch abstimmen zu lassen

Einfach die Überschreibung rückgängig zu machen, wie der Bürgermeister vorgeschlagen habe, bringe wenig. Weil es aus dem Betriebsvermögen seines landwirtschaftlichen Betriebs herausgelöst wurde, seien dabei 4000 Euro Steuern angefallen. Die ließen sich seinem Steuerberater zufolge nicht mehr rückerstatten. Und dann hätte seine Tochter ja immer noch kein Grundstück für ihr Vorhaben. Er hätte gern einen Runden Tisch zu dem Thema gehabt, aber den habe der Bürgermeister abgelehnt. Jetzt hat seine Tochter einen Antrag gestellt, den Stadtrat über den Vorschlag abstimmen zu lassen.

Bürgermeister Lippert teilt auf Anfrage mit, für ihn sei die Grundstücksangelegenheit ein nichtöffentlicher Vorgang. Ihm stelle sich die Frage, warum sich der Stadtrat mit der Angelegenheit befassen sollte, sollte es um ein Wasserschutzgebiet gehen. Dann wäre das Sache des KU. Und offenbar sieht er das Thema auch nicht im Stadtrat.

 
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