
Die ersten Pächter der 2012 eröffneten Waldrast hatten nach fünf Jahren gewechselt, die zweiten nach zwei Jahren das Handtuch geworfen. Danach stand der 1,3 Millionen Euro teure Neubau oberhalb der Wallfahrtskirche Mariabuchen für ein Jahr leer. Jetzt, mitten in der Corona-Krise, wagen drei Frauen einen Neuanfang: die beiden Schwestern Sandra und Anna Jodlowski sowie ihre Mutter Maria de Fatima Fresco. Sie geben dem Pilgerlokal eine portugiesische Note.
Auf die Waldrast stießen die drei per Zufall: Bei einem Spaziergang Ende 2019 wurden sie darauf aufmerksam, dass die Gaststätte leer steht – und begeisterten sich für das Objekt. Der Antrieb, dass sie spontan begannen, Pläne zu schmieden, resultiert aus einer bemerkenswerten Vorgeschichte.
Töchter führen das Unternehmen
Pächterin der Gaststätte mit ihren – im Normalbetrieb – 100 Sitzplätzen (und 80 weiteren im Biergarten) ist nicht etwa die Mutter. Die Geschäfte führen vielmehr die 25-jährige Sandra Jodlowski und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Anna. Dabei stecken die beiden noch tief im Examensstress: Beide wollen im kommenden Jahr ihre Studiengänge in Würzburg abschließen. Anna studiert Wirtschaftswissenschaften und Jura, Sandra will nächstes Jahr ihren Bachelor in Musikwissenschaft machen. Zudem ist Anna Jugendwartin im TV Zellingen, begleitet Sandra seit Mai jeden Sonntag die Andachten in Mariabuchen als Organistin.
Hier liegt die "Waldrast Lisboa"
Dass sie das Abenteuer Waldrast dennoch angepackt haben, ist einem schweren Unfall geschuldet. 2015 nämlich war Anna in Würzburg von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden. Ein halbes Jahr hatte sie im Krankenhaus verbracht, erst wieder mühsam Gehen gelernt.
Für Maria de Fatima Fresco als alleinerziehende Mutter hatte es in dieser Situation nur eine Entscheidung gegeben: Um ihre Tochter bei der Genesung zu unterstützen, hatte sie ihre beiden Lokale in Aachen aufgegeben und war in die Nähe ihrer Töchter nach Erlabrunn im Landkreis Würzburg gezogen. "Mama hat alles aufgegeben für uns", verdeutlichen Anna und Sandra Jodlowski. Jetzt sei es an der Zeit, ihr mit der Waldrast etwas zurückzugeben.
Waldrast hat nun einen neuen Beinamen

Die beiden Studentinnen "mit Öcher (Aachener) und portugiesischem Blut in den Adern" wandten sich an den Eigentümer der Waldrast, die Pflegestiftung Mariabuchen, und wurden mit ihr handelseinig. Die Waldesruh trägt jetzt den Beinamen "Lisboa" (Lissabon) als Hinweis auf die portugiesische Küche, für die Fresco verantwortlich ist.
Den Namen hat sie mitgebracht aus Laudenbach, wo die 57-jährige Portugiesin aus der Küstenstadt Figueira da Foz (zwischen Porto und Lissabon) ab 2017 die Gaststätte des Vereinsrings Mehrzweckhalle Laudenbach als "Restaurante Lisboa" betrieb – bis das Frauentrio nun auf die Waldrast stieß.
Töchter müssen nun portugiesisch kochen lernen
Einfach so wollte die Mutter, die seit ihrem 21. Lebensjahr begeisterte Köchin ist, den Enthusiasmus ihre Töchter allerdings nicht teilen. "Wir mussten ihr ein Versprechen abgeben", gesteht Anna im Gespräch mit der Redaktion. "Wir müssen in zehn Jahren portugiesische Küche erlernen." Das war die Bedingung der Mutter, die mittlerweile recht zufrieden ist mit den Fortschritten ihrer Töchter. "Beim Backen muss ich nicht mehr nachschauen", sagt sie stolz. "Das beherrschen sie schon hundertprozentig."
Als nächstes stehen Fleisch- und Fischgerichte auf dem Stundenplan der beiden, wobei Olivenöl aus Portugal, frische Produkte aus der Region sowie Gewürze wie Oregano, Thymian, Rosmarin, Anis und Koriander wichtige Nebenrollen spielen.
Kontakt: (0 93 52) 6 03 04 61. Geöffnet: Montag bis Freitag 12-22 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen 10-22 Uhr. Homepage: https://www.waldrastlisboa.de/