Auch die Stadt Karlstadt und die Stadtwerke bleiben nicht von den explodierenden Energiepreisen in Folge des Ukraine-Kriegs verschont. "Der Strompreis beschäftigt die ganze Welt aktuell", sagte Bürgermeister Michael Hombach (CSU) zu Beginn der Stadtratssitzung am Donnerstagabend. Es ging darum, wie teuer Stadt und Stadtwerke im kommenden Jahr den Strom für ihre Einrichtungen und Liegenschaften einkaufen werden müssen. Die Energieversorgung Lohr-Karlstadt (Die Energie) hat dem Gremium ihr Angebot präsentiert und mehrere Optionen zur Auswahl gestellt.
Zwei Optionen: Ein Jahr oder ein halbes Jahr Laufzeit?
Stefan Schinagl, kaufmännischer Leiter des regionalen Energieversorgers, schilderte dem Gremium zunächst die rasanten Entwicklungen auf dem Strommarkt. Diese führen auch zu einem erheblichen Preisanstieg für Karlstadt. Bei der ersten möglichen Variante, einem Jahresvertrag, würden sich die Nettokosten um rund 42,5 Cent pro Kilowattstunde erhöhen. Dadurch müsste die Stadt etwa 631.000 Euro mehr zahlen als im Vorjahr, die Stadtwerke rund 389.000 Euro – eine Kostensteigerung von 252 Prozent. Die Gesamtkosten für ein Jahr belaufen sich damit auf 1,68 Millionen Euro.
Bei der zweiten Variante, einem Vertrag mit einer Laufzeit von einem halben Jahr, soll der Strom noch teurer sein, und zwar um noch einmal 4,5 Cent (insgesamt 47 Cent) pro Kilowattstunde. Die Hoffnung dahinter wäre, dass sich die Strompreise 2023 wieder beruhigen. Sollte sich der Strommarkt entspannen oder Preise staatlich reguliert werden, könnte die Stadt im zweiten Halbjahr davon profitieren. "Das ist ein Stück weit Spekulation. Von unserer Seite aus ist das nicht zu prognostizieren", sagte Schinagl. Abhängig sei das unter anderem davon, ob Atomkraftwerke weiterbetrieben werden. Eine Rolle spiele auch, ob mehr Haushalte mit strombetriebenen Geräten heizen und sich so der Verbrauch erhöht.
Stadtkämmerer für Planungssicherheit
Der Geschäftsführer der Energie Marek Zelezny betonte, dass man keine Empfehlung geben könne. Es sei nicht sicher, wie sich der Preis entwickelt. "Ende letzten Jahres waren wir der Meinung, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist." Die Realität habe sich dann anders gezeigt. Ereignisse wie die Sabotage der Nord-Stream-Gaspipelines würden die Märkte weiter anheizen. "Alle Prognosen sind passé. Wir schauen wieder in eine unsichere und schwierige Zukunft."
Die Ratsmitglieder waren sich einig, dass es sich um keine leichte Entscheidung handelt. Eugen Köhler (CSU) zeigte sich skeptisch, ob die Strompreise bald sinken werden: "Wir sehen eine weitere Eskalation. Ich schätze das so ein, dass wir in einem halben Jahr keine Entspannung haben." Stefan Rümmer (SPD) war anderer Meinung: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Preis so bleibt. Sonst haben wir in einem halben Jahr kein produzierendes Gewerbe mehr."
Stadtkämmerer Ralf Liebl sagte: "Natürlich trifft das den städtischen Haushalt mit voller Wucht." Neben den Energiekosten bereitet dem Kämmerer auch die Inflation Sorgen. Wie sich die Einnahmesituation der Stadt entwickeln werde, wisse man nicht. Insbesondere bei der Gewerbesteuer seien Einbußen möglich. "Ich wünsche mir Planungssicherheit." Liebl plädierte daher für den Einjahresvertrag. So oder so: Noch nie habe die Stadt ihren Strom so teuer einkaufen müssen, sagte Bürgermeister Hombach.
Stadt bezieht weiter regionalen Ökostrom
Mit 13:10 Stimmen hat sich das Gremium schließlich jedoch für die halbjährigen Vertrag entschieden. "Keiner hat es sich leicht gemacht", kommentierte Hombach das Abstimmungsergebnis. "Wir hoffen, dass der Preis nach unten geht. Wir werden das sehr engmaschig beobachten."
Zu entscheiden war auch, welche Qualität der Strom haben soll. In der Vergangenheit war das laut Energie regional produzierter Ökostrom aus Solarparks in Eußenheim und Wiesenfeld. Schinagl zeigte auf, dass Öko-Strom aus Skandinavien rund 0,45 Cent günstiger wäre, Strom aus nicht-regenerativen Energien sogar 0,95 Cent. Die Stadt will ihren Strom allerdings weiterhin regional beziehen. Eine Abstimmung dazu gab es nicht.
Hinter verschlossenen Türen hatte sich das Gremium vor Sitzungsbeginn schon über den neu abzuschließenden Stromvertrag ausgetauscht. Laut Bayerischer Gemeindeordnung besteht für Gemeinderatssitzungen jedoch der Grundsatz der Öffentlichkeit. Dazu gehört auch der Prozess der politischen Willensbildung. Laut dem Pressesprecher der Stadt, Uli Heck, sollte den Stadträten die Möglichkeit gegeben werden, unabhängig von der Öffentlichkeit ihre Meinung kundzutun. Eine Diskussion habe es dann aber auch im öffentlichen Teil der Sitzung gegeben. Diese habe sich inhaltlich nicht von der vorherigen Debatte unterschieden, so Heck.