Über gleich zwei Zukunftsthemen diskutierte der Marktheidenfelder Stadtrat in seiner Sitzung am Donnerstagabend lebhaft. Zum einen ging es um die weitere Bezuschussung des ÖPNV in Form des vergünstigten 365-Euro-Tickets, zum anderen um den akuten Platzmangel in den städtischen Kitas.
Einig war sich der Stadtrat, dass der Marktheidenfelder Stadtbus ein Erfolgsmodell ist. "Das wird sehr gut angenommen und hat sich aus unserer Sicht bewährt", erläuterte Matthias Hanakam, der geschäftsleitende Beamte der Stadt. Im August 2020 wurde das Monatsticket erstmals für zehn Euro eingeführt. Im Januar dieses Jahres wurden beispielsweise 187 Monatstickets verkauft, im März sogar 195. Die Stadt zahlt dabei einen Zuschuss von 23,25 Euro pro Ticket. Das Gremium stimmte einer Verlängerung der vergünstigten Fahrkarte bis Juli 2023 zu.
Stadt begründet die Ablehnung mit fehlenden Haushaltsmitteln
Kontrovers diskutiert wurde hingegen über das 365-Euro-Ticket für den Verkehrsverbund Mainfranken, das bereits in mehreren Städten und Gemeinden in Main-Spessart Thema war. Das Ticket für Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende kostet für ein Jahr 365 Euro und wird bereits vom Freistaat Bayern bezuschusst, damit es für diesen Preis angeboten werden kann. Der Landkreis überlegt nun, den Preis für das Ticket auf 165 Euro zu senken, indem die Städte und Gemeinden sowie der Landkreis jeweils 100 Euro beisteuern. Im Kreis Würzburg gibt es das Angebot bereits.
In der Beschlussvorlage des Marktheidenfelder Stadtrates wurde jedoch empfohlen, die weitere Bezuschussung abzulehnen. Matthias Hanakam begründete das so: "Es ist zwar eine gute Sache, aber wir haben derzeit keine Mittel dafür." Außerdem sei der ÖPNV Aufgabe des Landkreises und die Stadt habe kein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Fahrpläne. Man befürchte "unkalkulierbare Kosten" durch eine deutlich erhöhte Nachfrage bei einer zusätzlichen Vergünstigung. Von Juli bis November 2021 wurden in Marktheidenfeld 105 der Jahrestickets verkauft.
Widerspruch kam unter anderem von Holger Seidel (FW). Es sei eine gute Sache, da gebe es kein "aber", so der Stadtrat. "Wenn wir die Verkehrswende hinbekommen wollen, müssen wir den ÖPNV stärken. Auch wenn der Landkreis uns vielleicht nicht immer alle Wünsche erfüllt." Dem schloss sich Caroline Kutz (proMAR) an, die darauf verwies, dass die Kosten nicht völlig unkalkulierbar seien: "Ich glaube nicht, dass wir das drei- bis vierfache an Tickets verkaufen werden." Auch Eva-Maria Wiesmann (Grüne) warb für den Kompromiss, die Bezuschussung für ein Jahr auszuprobieren.
Deutliche Kritik an der Rolle des Landkreises
Die Ablehnung der Räte wurde vor allem an der Rolle des Landkreises festgemacht. "Der Landkreis will, dass wir etwas fördern, bei dem wir nicht mitreden können", so Heinz Richter (proMAR). Auch Helmut Adam (CSU) verwies darauf, dass der ÖPNV klar Aufgabe des Landkreises sei. Harsche Kritik kam auch von Ludwig Keller (proMAR), der von einem "Taschenspielertrick des Landkreises" sprach. "Aus fiskalischer Verantwortung können wir nicht zustimmen", so Keller.
Nach einer kurzen Beratung wurde die Beschlussvorlage geändert und die Räte stimmten über eine Probephase der Bezuschussung über ein Jahr ab. Denkbar knapp war dann das Ergebnis: Zwölf Räte stimmten dafür, elf dagegen.
Zeitplan für Kita-Neubau an der Ludwigstraße als zu langsam kritisiert
Ein weiteres heiß diskutiertes Thema in der Sitzung war die Entwicklung der städtischen Kindertagesstätten. Dass es zu wenig Plätze gibt, ist kein Geheimnis und wird auch seit einigen Jahren immer wieder im Stadtrat diskutiert. Um gegenzusteuern, ist der Neubau eines sechsgruppigen Kindergartens neben der Friedrich-Fleischmann-Grundschule in der Ludwigstraße geplant.
Der technische Bauamtsleiter Andreas Burk präsentierte folgenden Zeitplan: An der Ludwigsstraße soll bis Mitte 2026 die neue Kita gebaut werden. Die Kita Kolping soll abgebrochen und am gleichen Standort bis Mitte 2028 neu errichtet werden, mit einem zwischenzeitlichen Umzug der Gruppen in den dann bereits fertigen Neubau in der Ludwigstraße. Die Gruppen aus der Kita am Lohgraben sollen ab Mitte 2028 dann in den Neubau der Kolping-Kita umziehen. Das Gebäude am Lohgraben könne dann anderweitig genutzt werden, genaue Pläne gibt es dafür noch nicht.
Für den Neubau in der Ludwigstraße waren alle Stadträte mit Ausnahme von Richard Oßwald (CSU), der an dieser Stelle lieber Wohnraum für junge Familien und eine neue Kita an einem anderen Standort gesehen hätte.
Kita Altfeld soll um eine Gruppe erweitert werden
Der Zeitplan wurde jedoch in fast allen Wortmeldungen als deutlich zu langsam kritisiert. "In dieser Zeit bauen die Chinesen einen Flughafen", kommentierte Wolfgang Hörnig (CSU) die vorgesehenen 14 Monate für Ausschreibung und Vergaben. Außerdem regte er einen Umbau bei laufendem Betrieb an, von dem laut Bauamtsleiter Burk jedoch die Kindergartenleitung abgeraten habe. Helmut Adam (CSU) forderte eine Lösung für den akuten Platzmangel, auch angesichts der geflüchteten Kinder aus der Ukraine, die betreut werden müssten.
Nachdem Bürgermeister Thomas Stamm noch einmal deutlich gemacht hatte, dass es sich nur um einen Grundsatzbeschluss handele und der Zeitplan noch nicht final sei, stimmten die Räte dem Vorschlag mit einer Gegenstimme zu.
Zusätzliche Entspannung soll ein Anbau an der Kita Altfeld bringen, für den die CSU einen Antrag eingereicht hatte. Das Angebot soll dort von drei auf vier oder idealerweise sogar fünf Gruppen erweitert werden. Das sei zusätzlicher Platz, der schnell realisiert werden könne, begründete Wolfgang Hörnig den Antrag. Das Gremium beschloss einstimmig, eine Voruntersuchung für die Erweiterung in Auftrag zu geben.
Und übrigens Kinder und deren Unterbringung geht vor Parkplätze für Autos.
Wenn die Stadträte und der Bürgermeister mal denken würde, würden Sie einen Kindergarten ein paar Stockwerke höher bauen. Oder können die Kinder keine Treppe mehr hochlaufen?