
Die lange vorgesehene Schaippacher Ortsumgehung wurde kürzlich als unwirtschaftlich abgestempelt. Stadtrat Erhard Wiltschko (FWG) und Werner Müller werfen die Flinte aber noch nicht ins Korn und haben erneut Ministerpräsident Markus Söder nach Schaippach eingeladen. Sie fordern in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, auch Auskunft darüber, ob jemand die Umgehung Schaippach im Staatlichen Bauamt Würzburg verzögert oder verhindert habe.
Und nicht nur sie, sondern auch der in Schaippach lebende Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (SPD) haben die Zahlen der jüngsten Verkehrszählung mit Verwunderung aufgenommen. Baudirektor Rüdiger Köhler, Bereichsleiter Straßenbau am Staatlichen Bauamt, hatte in der Woche nach dem "Aus" für die Schaippacher Umgehung vor den Gemündener Stadträten eine Zahl von 5663 Fahrzeugen am Tag in Schaippach genannt. Rützel forderte in der Stadtratssitzung prompt eine neue Verkehrszählung.
Nicht nur Bernd Rützel ging zuletzt von über 7000 Fahrzeugen am Tag in Schaippach aus
Der Abgeordnete ging in der Vergangenheit von einer deutlich höheren Zahl von Fahrzeugen, mindestens 7000 am Tag, aus. Auch die Redaktion ging aufgrund früherer Informationen von über 7000 Fahrzeugen am Tag aus. Im Dezember 2005 hängten die Schaippacher weiße Betttücher mit der Aufschrift "Ortsumgehung Schaippach muss her – 30 000 Fahrzeuge pro Woche – so geht es nicht mehr!" auf, was knapp 4300 Fahrzeuge am Tag gewesen wären.
Baudirektor Köhler teilt auf die Bitte um Aufklärung mit, dass es schwer sei, nachzuvollziehen, wer in der Vergangenheit welche Zahlen gesagt hat. Er habe jedenfalls die Zahlen der offiziellen Verkehrszählung. Diese sind auch im Internet unter www.baysis.bayern.de (Verkehrsdaten/Dauerzählstellen) unter Angabe der Straßennummer 2303 einsehbar.
Unter der Woche fahren tatsächlich mehr als 7000 Fahrzeuge täglich durch Schaippach
Laut Köhler wird für die Ermittlung des durchschnittlichen täglichen Verkehrs (DTV) der Verkehr in einem Jahr an zwei Terminen – erstes und zweites Halbjahr – über eine ganze Woche gezählt. Dann werde mittels normierter Faktoren auf den ausschlaggebenden DTV-Wert umgerechnet. "Damit", so Köhler, "werden Schwankungen zum Beispiel über die Wochentage umgerechnet, damit dann ein Wert ermittelt werden kann, der für alle Zählstellen vergleichbar ist." Die Zahl 5663 Fahrzeuge in Schaippach (2018 waren es 5660) sei also nicht der maximal gezählte Verkehr, sondern ein Durchschnittswert, bei dem auch Tage mit geringerem Verkehrsaufkommen berücksichtigt würden.
Was die Daten der Zählstelle bei Schaippach aber auch zeigen: An einem normalen Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag – wenn keine Ferien sind und keine winterlichen Straßenverhältnisse herrschen –, sind es 7216 Fahrzeuge am Tag in Schaippach, darunter 568 Fahrzeuge des Schwerverkehrs. An Sonn- und Feiertagen hingegen wurden nur 3246 Fahrzeuge gemessen. Womöglich erklärt das auch unterschiedliche Zahlen in der Vergangenheit.
2023 wurde in Schaippach dreimal gezählt
Die Zählstelle für Schaippach befindet sich zwischen Schaippach und Rieneck. Gezählt worden sei dort 2023, so Köhler, sogar dreimal, und zwar jeweils eine Woche im Mai, im Oktober und zusätzlich im November. Im November sei ein weiteres Mal gezählt worden, da es offensichtlich Probleme bei der Oktober-Zählung gegeben habe. Das zeige, so Köhler, dass Zählungen auch kritisch hinterfragt und bei Unklarheiten oder Unregelmäßigkeiten gegebenenfalls wiederholt würden.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab, der in einer Pressemitteilung schrieb, dass die Ortsumgehung Schaippach nicht komplett ausgeschlossen sei, betont auf Nachfrage, er setze sich für alle Straßenbauprojekte in Main-Spessart ein. Die Priorisierung der Ortsumgehungen habe das Verkehrsministerium alleine vorgenommen, kein Abgeordneter sei beteiligt gewesen. Es sei auch lediglich entschieden worden, dass Neustadt vor Schaippach gereiht wird, was anhand der Verkehrsbelastung gerechtfertigt sei.
Allerdings, so Schwab, stehe bezüglich der Umgehung Schaippach in den Sternen, ob sie im Hinblick auf aktuelle Naturschutz-Vorschriften überhaupt genehmigungsfähig wäre. Denn die Umgehung würde mitten durch ein FFH-Gebiet laufen.