
So voll wie am Montag hat man den Sitzungssaal im Gemündener Rathaus selten erlebt. Neben dem Stadtrat fanden sich rund 35 Zuhörerinnen und Zuhörer ein. Der Andrang verwunderte aber nicht weiter, denn eine Woche nach der Quasi-Absage für die Schaippacher Ortsumgehung stand das Thema auf der Tagesordnung des Stadtrats. Ein Vertreter und eine Vertreterin des Staatlichen Bauamts in Würzburg erläuterten noch einmal die Gründe für das vermutliche Aus. Die Emotionen kochten zwischendurch immer wieder hoch. Der Schaippacher Stadtrat Bernd Rützel (SPD) etwa sagte: "Mit dem, was Sie hier vorgestellt haben, bin ich nicht einverstanden." Dies brachte ihm lauten Beifall ein.
Baudirektor Rüdiger Köhler, Bereichsleiter Straßenbau am Staatlichen Bauamt, holte zunächst weit aus und zählte die umfangreichen Aufgaben, größeren und kleineren Projekte des Staatlichen Bauamts auf. Vor allem aufgrund der B26n fehlten Personalkapazitäten für andere Projekte. Für die knapp drei Kilometer lange Strecke der Ortsumfahrung Schaippach zum Möbel-Berta-Kreisel bräuchte es zwei Großbrücken und drei kleinere, eine Behelfsbrücke und Lärmschutzwände. Die Maßnahme habe sich von geschätzten 9,4 Millionen Euro Investitionskosten 2009 auf geschätzte 23,4 Millionen im Jahr 2022 verteuert. Dies habe zu einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis geführt. "Mit diesen Zahlen ist die Maßnahme nicht mehr wirtschaftlich", folgerte Köhler trocken. Die Ortsumgehung werde nicht weiter geplant.
Rützel wunderte sich über die genannten Verkehrszahlen
Rützel sagte: "Ich hätte mir gewünscht, Sie wären schon vor einem Jahr dagewesen." In acht Jahren sei er 13 Mal beim Bauamt gewesen. "Der Zollberg ist einfach eine Gefahrensituation", sagte er. "Wir lassen uns die Ortsumgehung Schaippach nicht einfach nehmen." Schon 2012 sei die Planung ziemlich weit gewesen. Er wunderte sich über die von Köhler genannte jüngste Verkehrsmessung 2023 mit knapp 5700 Fahrzeugen und die aktualisierte Prognose von 6500 Fahrzeugen 2035. "Ich erwarte eine neue Verkehrszählung." Er sei in der Vergangenheit in mit dem Bauamt abgestimmten Pressemitteilungen von weit höheren Zahlen ausgegangen.
Auf Nachfrage Wolfgang Remelkas (BfB) sagte Köhler, die Verkehrszählung sei elektronisch über einen gewissen Zeitraum gelaufen. Das Gerät könne zwischen Pkw und Lkw unterscheiden. Ob die Ortsumgehung nun gestrichen oder nur verschoben sei, wollte Remelka wissen. Köhler: "Zum aktuellen Zeitpunkt planen wir mit dem Nutzen-Kosten-Wert nicht weiter."
Wiltschko wundert sich, dass sich die Sinngrund-Bürgermeister nicht melden
Erhard Wiltschko (FWG) aus Schaippach sagte: "Ich bin verwundert, dass sich die Bürgermeister des Sinngrunds nach dem Theater der letzten Woche noch nicht gemeldet haben." Er wolle genau wissen, wann und wie die Verkehrszahlen ermittelt wurden, die Presse habe andere Zahlen. Er sei "komplett enttäuscht", so seien alle Vorplanungen für die Katz. Der Bahnbrücken-Austausch sei ja auch im Hinblick auf die Umgehung gemacht worden. Die Umgehungen Rieneck und Schaippach seien immer miteinander verbunden gewesen.
"Ich hätte gern gewusst, wer die wirtschaftliche Prüfung konkret veranlasst hat", sagte Robert Lampert (CSU). "Eigentlich haben Sie gar keine Zeit dafür gehabt, weil Sie ja Personalmangel haben." Die Umgehung hätte 2022 ja schon fertig sein sollen, dann wäre es gar nicht zu einer Überprüfung gekommen, so Lampert. Köhler antwortete, die bayerischen Straßenbauvorhaben würden alle fünf bis sieben Jahre überprüft, der Ausbauplan aktualisiert. Die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses mache ein externes Fachbüro.
Lippert glaubt nicht mehr an die Ortsumgehung
Bürgermeister Jürgen Lippert sagte: "Man könnte auf die Idee kommen: Man wartet so lange, bis es unwirtschaftlich ist." Er glaube angesichts des Nutzen-Kosten-Verhältnisses nicht, dass die Ortsumgehung je kommt. Trotzdem möchte er das Thema nicht abhaken.
Neben der Ortsumgehung ging es auch um die Erneuerung der Schaippacher Ortsdurchfahrt. Rana Meyering, beim Staatlichen Bauamt verantwortlich für den Straßenbau in Main-Spessart, sagte, dabei sei das Kommunalunternehmen Stadtwerke Gemünden (KU) federführend. Allerdings sei die Sanierung nur unter monatelanger Vollsperrung möglich. Teile der bestehenden Fahrbahn seien außerdem schadstoffbelastet. Wann der Bau beginnt, könne sie momentan nicht sagen.
Warum ist das KU bei der Sanierung der Ortsdurchfahrt federführend?
Remelka fand es es ein No-Go, dass die Planung der Ortsdurchfahrt, die Staatsstraße ist, auf die Stadt "abgeladen" wird. In die gleiche Kerbe schlug der Bürgermeister. "In Anbetracht der Schwierigkeiten", so Lippert, "kann man nicht von uns verlangen, dass wir eine Straße, die uns nicht gehört, federführend sanieren." Er sehe für den von MdL Schwab ins Spiel gebrachten Investitionsfonds als Alternative für die Umgehung bei der Ortsdurchfahrt keine Verwendung. Köhler nannte als Beispiel eine Verkehrsinsel, um den Verkehr etwas abzubremsen.