Der Weg durch den Garten ist ein echter Aufstieg. Einmal quer über das am Hang gelegene Grundstück durchs Grün, über die steinernen, unregelmäßig versetzten Stufen, an deren rechter Seite ein selbstgebauter, hölzerner Handlauf entlangführt. Am Ende der Treppe liegt das 2008 fertiggestellte Strohballenhaus. Mit seiner über die Jahre dunkler gewordenen Holzverkleidung erinnert es eher an eine große Gartensauna. „Vielleicht wird es ja mal eine“, sagt Hubert Bathon und lächelt. Der 65-Jährige hat zusammen mit seiner Ehefrau Christine 2001 das Grundstück in Partenstein erworben.
Fast 15 Jahre ist es her, dass er am oberen Teil des Gartens ein Strohballenhaus gebaut hat. Anders als beim konventionellen Hausbau mit Zement und Steinen, halten Stroh, Lehm und Holz als Bausubstanz her. Schließt man die Tür hinter sich, steht man im zwölf Quadratmeter großen Wohnraum, der nicht effektiver genutzt werden könnte.
Projekt wäre zwischendurch fast eingestampft worden
Ein Küchenbereich, ein Esstisch und ein Schreibtisch finden sich in den einzelnen Ecken des Raumes. Eine Leiter führt auf die Galerie hoch zum Schlafbereich. Ein Holzofen mit Kamin sorgt für wohnlichen Charakter. Zwei überdachte Außenkomposttoiletten befinden sich auf dem Gelände. "Ein Freund hat zu Baubeginn dazu geraten, ein richtiges Fundament zu gießen, um das Haus nicht nur als Schlafraum nutzen zu können", erinnert sich Hubert Bathon, der das Haus komplett in Eigenregie mit "kleinen Hilfsarbeitern" hochzog.
Auch musste er damals feststellen, dass es besser gewesen wäre, den Bauprozess detaillierter durchzuplanen. Sein „Learning-by-Doing“-Ansatz habe zwischendurch dazu geführt, dass er das Projekt mit 200 verbauten Strohballen sogar einstampfen wollte. „Ich bin manchmal ein bisschen zu minimalistisch im Denken und habe versucht, mit so wenig Material wie möglich auszukommen. Dann habe ich erkannt, dass ich das Ganze anders angehen muss, damit es zum Beispiel nicht am Kamin reinregnet.“ Letztendlich sei dann alles gut gelaufen, die Deckendurchführung am Kamin wurde mit Glaswolle isoliert und mit Fermacellplatten sowie flexiblem Bleiblech abgedichtet.
Mäuse kamen anfangs bis unters Dach
Der Last tragende Strohballenbau, bei dem das Gewicht von Überbau und Dach durch die Strohwände getragen wird, entpuppte sich gerade in der Anfangszeit als Wohlfühlort für tierische Besucher. Eingangspforten für Mäuse führten dazu, dass diese sogar bis nach oben ins Dach klettern konnten. „Hier hat es überall gekruschpelt“, erinnert sich Christine Bathon. Inzwischen sei das Problem aber behoben, die Schlupflöcher weitestgehend beseitigt. Auch technische Sachen haben sich verändert. Aus dem früheren Analogtelefon ist ein Digitalanschluss geworden.
Doch was ist abgesehen von diversen Startschwierigkeiten und Problemen beim Hausbau seither passiert? Wie lebt es sich nach 15 Jahren im Stroh – beziehungsweise, lebt es sich dort überhaupt noch? Schon kurz nach Fertigstellung seines Projekts habe Hubert Bathon es bereut, das Haus nicht größer gebaut zu haben. „Mir wurde es dann doch irgendwann alles zu klein und ich habe angefangen, über die Jahre kleine Ergänzungen dazu zu bauen“, sagt er. Heute finden sich oberhalb des Strohballenhauses ein Schlafhäuschen und ein Badehäuschen, die wie zusätzliche Inseln für den Lebensalltag gedacht sind.
Kompostheizung sorgt für Warmwasser bei jedem Wetter
Die Außendusche wird je nach Jahreszeit genutzt und mit einem Biomeiler mit Warmwasser versorgt. „Im Häckselgut befindliche Bakterien vermehren sich und zersetzen das genässte Material unter Abgabe von Wärme. Diese kann in Wärmetauscherrohren an das Duschwasser abgegeben werden. Je nach Außentemperatur muss man diesen Prozess am Laufen halten und das Häckselgut eventuell nachwässern“, erklärt Bathon, der mit seiner Warmwasserzuleitung in früheren Jahren schon Wassertemperaturen von fast 70 Grad erreicht hat. Davon habe auch seine Frau schon oft profitiert: „Warmes Duschwasser im Wald - das ist einfach genial.“
Die kleinen Projekte, die rund um das Strohballenhaus entstanden sind, zeigen, dass die Geschichte der Bathons mehr ist als nur die eines außergewöhnlichen Häuschens. Es ist die Geschichte eines ganzen Grundstücks, das die beiden seit über 20 Jahren durchs Leben begleitet und auf dem sie sowohl gemeinsam als auch für sich alleine vieles durchgemacht haben. „Das Leben hier hat unsere Beziehung schon auch herausgefordert“, erzählen Hubert und Christine Bathon.
Beide bewohnen auch das "normale", gemauerte Haus. Das steht direkt neben dem Strohballenhäuschen, hat ein Bad mit Dusche und Toilette und allem anderen, was konventionell lebende Menschen erwarten könnten. Das Haus vermieteten die beiden zwischendurch jeweils mehrere Jahre an eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, später an einen gemeinsamen Freund. Sie selbst lebten in dieser Zeit ausschließlich in einem Wohnwagen und bauten dann das Strohballenhaus.
„Die Vermietung des gesamten Hauses machen wir heute nicht mehr. Es war selbst für unsere Begriffe zu minimalistisch im Strohhäuschen und es hätte uns nicht gutgetan, dort weiter auf engstem Raum zu leben", erzählt Hubert. Mitbewohner auf Zeit haben die beiden immer wieder. Die Bathons arbeiten freiberuflich – er als Teilzeit-Ergotherapeut und in der Umweltbildung, sie gibt Klavierunterricht. Beide singen und musizieren in Senioreneinrichtungen und haben einen Handel mit fairen, ökologischen und regionalen Produkten.
Leben auf dem Grundstück als tägliches Lernen, Experimentieren und Erfahren
Der ursprüngliche Wunsch, den Christine und Hubert Bathon vor ihrem Umzug nach Partenstein hatten, war, therapeutische und pädagogische Angebote in der Natur in Verbindung mit Musik zu schaffen. „Wir hätten damals rückblickend viel mehr Selbstbewusstsein und innere Stabilität gebraucht“, gestehen sich beide ein und wirken dabei etwas traurig.
Ein Vollzeitjob wäre für Hubert, der nächstes Jahr in Rente geht, zeitlich undenkbar gewesen. Die Gebäude und das Naturgrundstück scheinen den beiden durch beständige Pflege- und Instandhaltungsarbeiten viel abzuverlangen.
Unterkriegen lassen sich die Bathons von Rückschlägen der Vergangenheit aber nicht, meint Christine Bathon. Sie bezeichnet ihr tägliches Leben auf dem Grundstück als „experimentell“. „Bei uns ist alles ein Lernen, Experimentieren, Erfahren." Ihr Mann ergänzt: "Wir müssen schauen, dass unsere Form zu wohnen auch noch unseren Bedürfnissen entspricht und uns guttut, ohne dass wir irgendwelchen Idealen nachlaufen."