Höhere Mindestlöhne und gestiegene Spritkosten – was vielen kleinen Betrieben Probleme bereitet, macht Taxi-Unternehmen besonders zu schaffen. Uwe Reuffurth aus Burgsinn ist Sprecher der Taxifahrer in Main-Spessart und führt in dieser Funktion seit über 30 Jahren die Verhandlungen für eine wichtige Einnahmequelle der Branche: Krankentransporte für Patientinnen und Patienten, die selbst nicht mehr fahren können oder nach einer medizinischen Behandlung geschwächt sind.
Verhandlungspartner sind die gesetzlichen Krankenkassen. Und die machen laut Reuffurth zurzeit Probleme, da sich einige weigern, die Kilometer-Sätze anzupassen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage sei das aber dringend nötig, so Reuffurth.
Krankentransporte machen Großteil des Geschäfts aus
Gerade in ländlichen Regionen wie Main-Spessart sind die Krankenfahrten für Taxi-Unternehmen überlebenswichtig. Über 90 Prozent ihres Geschäfts machen Reuffurth und viele seiner Kolleginnen und Kollegen damit. Die Anzahl privater Taxifahrten sei dagegen verschwindend gering. "Auf dem Land hat ja fast jeder ein eigenes Auto oder lässt sich von Freunden oder Nachbarn fahren", so der Burgsinner Unternehmer. Die Verhandlungen um die Kilometer-Sätze sind für ihn und seine Kollegen deshalb umso wichtiger.
Vor elf Jahren gab es bereits einen ähnlichen Streit mit den Kassen um die Bezahlung. Damals hat eine Gruppe von Taxifahrern auf dem Karlstadter Marktplatz demonstriert. Der Protest hat Wirkung gezeigt, die Krankenkassen haben damals eingelenkt. "Aber jetzt stehen wir wieder vor der gleichen Situation", sagt Reuffurth. Mit der AOK und der Barmer habe er bereits eine Einigung erzielt, mit der DAK würden die Verhandlungen derzeit stocken, so Reuffurth.
Taxifahrer müssen sich an die Tarifordnung halten
Taxifahrer können sich nicht einfach aussuchen, welchen Preis sie für die Spezialfahrten verlangen. Für private Fahrten gilt die Taxi-Tarifordnung in Main-Spessart, die mit dem Landratsamt ausgehandelt wird und für alle Unternehmen verbindlich ist. 2,40 Euro pro Kilometer plus 4,60 Mindestfahrpreis sind das laut Reuffurth aktuell. "Da muss sich jeder dran halten. Außer wir haben einen Extra-Vertrag wie den, den wir mit den Krankenkassen ausgehandelt haben."
Derzeit sind die Kilometer-Sätze je nach Kasse unterschiedlich. Reuffurth möchte sie vereinheitlichen lassen und strebt für alle Krankenfahrten einen Preis von 2,10 Euro pro Kilometer an – plus Mindestfahrpreis und Wartezeitvergütung. Das sei aber immer noch günstiger als der Preis der Taxi-Tarifordnung.
Der Patient selbst hat bei der Suche nach einem Transportunternehmen wenig Mitspracherecht. Grundsätzlich muss er immer die nächstgelegene Firma wählen. Wenn die Krankenkasse mit diesem Unternehmen jedoch keinen Vertrag hat, könnte der Patient die Differenz zum allgemeinen Taxi-Preis theoretisch selbst draufzahlen, wenn er unbedingt mit diesem Anbieter fahren möchte.
Zu den ohnehin zähen Verhandlungen mit den Kassen komme laut Reuffurth noch ein Problem dazu: "Es gibt immer wieder Kollegen, die wir teilweise gar nicht kennen, die mit den Krankenkassen heimlich etwas anderes ausmachen und sich nicht an die Verträge halten." Das sei unkollegial und erschwere die Verhandlungsposition. Und: Diese Praktik ist laut Reuffurth auch nicht erlaubt: Denn entweder müssten sich die Fahrer an den für alle geltenden Vertrag halten oder an die allgemeine Taxi-Tarifverordnung. Doch das sei schwer zu kontrollieren.
Für die Einhaltung der Taxi-Tarifordnung zuständig ist das Landratsamt. Auf Nachfrage teilt Pressesprecher Markus Rill mit, dass derzeit keine konkret nachweisbaren Fälle bekannt seien. Die Behörde gehe Hinweisen auf Fehlverhalten jedoch intensiv nach, auch zurzeit laufen Prüfungen.
Krankenkassen "drohen" mit Online-Ausschreibungen
Ein weiterer Dorn in Reuffurths Auge: Manche Krankenkassen würden den Unternehmen damit "drohen", dass sie die Fahrten per Online-Ausschreibung vergeben. Der Zuschlag würde dann an den günstigsten Anbieter gehen – unabhängig davon, ob dieser auch der nächstgelegene ist.
Manchen Taxi-Unternehmen, die ein günstiges Angebot abgeben, falle erst auf, dass sie bei diesem niedrigen Preis drauflegen würden, wenn sie schon zugesagt haben. Da sei es schon vorgekommen, dass sie die Fahrten doch nicht übernehmen und die Kassen kurzfristig Ersatz bei einem Vertragspartner anfragen, berichtet Mnazik Waragjan von der Firma Main-Taxi aus Lohr. Reuffurth und seine Verbundskollegen wollen sich von den Krankenkassen jedoch nicht so unter Druck setzen lassen und machen bei diesen Ausschreibungen deshalb nicht mit.
Eine Anfrage dieser Redaktion bei der Krankenkasse DAK, warum es bei den Verhandlungen nicht vorangehe, bringt nur wenig konkrete Informationen. "Anpassungen erfolgen je nach individueller Vertragslaufzeit sowie bei besonderen äußeren Anlässen, z.B. bei Erhöhung des Mindestlohns", schreibt Pressesprecherin Tanja Mayinger. Mit dem Taxiunternehmen Reuffurth habe man einen laufenden Vertrag. Von Online-Ausschreibungen, wie sie Reuffurth kritisiert, mache man keinen Gebrauch, so Mayinger.
Auch für die Krankenkasse Barmer teilt Pressesprecherin Stefani Meyer-Maricevic mit, dass zum 1. Januar 2023 ein neuer Vertrag mit Uwe Reuffurth verhandelt wurde. Darin sei auch vereinbart worden, dass die Krankenkasse keine Ausschreibungen mehr durchführe.