Wer durch die parallel zur westlichen Stadtmauer verlaufende Kärrnergasse in Karlstadt schlendert, mag sich an deren nördlichen Ende wundern, wie die sonst recht malerische Altstadt linker Hand plötzlich unansehnlich ausläuft.
Kurz vor dem Hofriethgärtlein befindet sich auf einem offensichtlich verwahrlosten Grundstück ein leergeräumtes Wohnhaus aus den 1950ern, daneben eine kleine Garage. Siegbert Wagner, Inhaber des gleichnamigen Architekturbüros aus Karlstadt, bezeichnet das Grundstück im Bauausschuss am Dienstagabend sogar als "Schandfleck". Dieser soll aber bald einem schöneren Anblick weichen.
"Die Eigentümerin möchte das jetzige Gebäude abreißen lassen. Erhaltenswert ist es leider nicht", konstatiert Wagner. An die Stelle des etwa 70 Jahre alten Gebäudes in der Kärrnergasse 6 soll ein neues Wohnhaus mit fünf barrierefreien Wohnungen und vier Garagenstellplätzen treten. Dabei stehen die zukünftigen Nutzer zum Großteil fest, verrät der Architekt. "Sie werden ihre großen Wohnhäuser in der Siedlung an die jüngere Generation übergeben und dort in die Altstadt ziehen."
Im Norden bis an Grundstücksgrenze gebaut
Da für das Grundstück nur eine Garageneinfahrt zulässig ist, schlägt Wagner in Absprache mit den neuen Altstadtbewohnern vor, ein Carsharing-Konzept umzusetzen, bei dem maximal zwei Stellplätze benötigt werden. "Die Nutzer wären bereit, sich ein oder zwei Autos zu teilen und ansonsten Fahrräder und die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen", führt er den Gedanken aus. Die Überlegung ist, vier Garagenstellplätze in Form von zwei Doppelparkern zu errichten, bei denen die Pkw übereinander abgestellt werden können.
Schon lange ist das Areal Teil des Bebauungsplans "Westliche Altstadt", wie Bürgermeister Michael Hombach dem Sachvortrag entnimmt. Die Änderung dieses Plans und der Entwurf des neuen Wohngebäudes sollen für das Grundstück nun ein paar Änderungen mit sich bringen, die in erster Linie die Grundstücksgrenzen betreffen.
In nördlicher Richtung soll das neue Gebäude bis an die Grundstücksgrenze gebaut werden. "So markiert die angrenzende öffentliche Grünfläche den künftigen Abschluss der Bebauung", erklärt Wagner. Auch Hombach betont, dass es darum ginge, einen fließenden Übergang vom Bebauungsgebiet zum Hofriethgärtlein herzustellen.
PV-Module voraussichtlich nicht machbar
Die westliche Baugrenze bleibt unverändert, da hier direkt die Stadtmauer angrenzt. Allerdings werde das aufstehende Geschoss des mehrgeschossigen Neubaus – das auch vom Mainparkplatz aus sichtbar sein wird – mindestens drei Meter von der Mauer entfernt sein.
Für die geplanten Wohnungen im Obergeschoss soll somit eine begehbare und begrünte Dachterasse geschaffen werden. Zusätzlich soll ein kleiner Innenhof für die einzige Erdgeschosswohnung entstehen, schildert Wagner dem Gremium samt Visualisierung. Diese ist jedoch noch nicht zur Veröffentlichung bestimmt.
Ob es denn möglich wäre, Photovoltaik-Module auf dem Dach anzubringen, wollte Ausschussmitglied Rainer Schäfer (CSU) wissen. Wagner quittierte das zunächst mit einem fast schon verzweifelten Lachen und meinte, dass das Landesamt für Denkmalpflege in dieser Sache "wohl nur bedingt mitspielt". "Ich würde es mir wünschen, aber das ist eine rein genehmigungstechnische Sache. Wir könnten alternative Anlagen einbauen, die in Ziegelfarbe ins Dach integriert werden. Das ist aber nicht wirtschaftlich, da deren Leistung schlechter ist und sie das Doppelte kosten", weiß Wagner.
Carsharing gar nicht in Satzung vorgesehen
Feststeht, dass das künftige Haus mit einer Wärmepumpe beheizt werden soll. Unklar sei noch, ob es sich dabei um eine Sole-Wasser-Pumpe oder eine Luft-Wasser-Pumpe handeln werde. "Außerdem steht dort auch ein Brunnen, den wir anzapfen könnten, aber das haben wir noch nicht genauer untersucht", sagt Wagner.
Edgar Ehrenfels (Freie Wähler) störte sich ein wenig an der Stellplatzsatzung im Hinblick auf Wagners Äußerungen zum Carsharing. "So ein Konzept ist doch in der städtischen Satzung noch gar nicht aufgenommen", meinte er. Bauamtsleiter Marco Amrhein gab ihm Recht. "Unsere Satzung sieht eine Reduzierung der Stellplätze nicht vor. Im Moment müsste noch eine Stellplatzablöse gefordert werden", so Amrhein.
Ob die Vorstellungen der künftigen Bewohner der Kärrnergasse 6 sowie des Architekten umsetzbar sind, müsse man im Laufe des Verfahrens noch sehen. Die Empfehlung an den Stadtrat, die Änderungen des Bebauungsplans zu beschließen und somit auf einen baldigen Bauantrag hinzuarbeiten, fiel einstimmig aus.