
Das Haus in der Uhlandstraße in Karlstadt sticht sofort hervor. Der zweigeschossige Bau mit Flachdach ist von Gärten umgeben, in denen Mähroboter leise ihre Bahnen ziehen. Ein beinahe quadratischer Hauptbaukörper und die vom Altbau übrig gebliebene Doppelgarage mit darunter liegendem Keller bieten insgesamt 433 Quadratmeter Nutzfläche, auf drei Wohnungen verteilt. Gebaut wurde das Haus vor vier Jahren von Achim Schreck, der heute mit seiner Frau im Erdgeschoss wohnt.
Der gebürtige Karlstadter hat Automatisierungstechnik studiert und war lange Geschäftsführer einer Softwarefirma, an der er heute noch 30 Prozent hält. Das E-Auto mit Wallbox im Carport und der Fingerabdruck-Sensor am Eingang geben schon vor Betreten des Hauses einen Eindruck davon, wie viel Technik im und am Haus verbaut ist. "Energie ist ein Stück weit mein Hobby. Daher habe ich einiges von meinem Wissen im Haus einfließen lassen", offenbart Schreck, der zeitweise mit dem Karlstadter Architekten Werner Haase zusammen eine Firma im Bereich Industrieautomation hatte.
Zwei Wärmepumpen im Keller
Was man nicht direkt sehen kann, ist die eigentliche Schaltzentrale der eng miteinander vernetzten Gebäudetechnik. Die befindet sich im Keller. Zwischen Schaltschränken und dem 2000 Liter fassenden Warmwasserspeicher befinden sich zwei Wärmepumpen. Eine arbeitet mit Luft, die andere mit Sole. Letztere nutzt Schreck vor allem im Winter, bei besonders niedrigen Temperaturen. Die Wärmepumpen ersetzen bei Schreck aber nicht nur die Heizkörper, sondern auch eine Klimaanlage. "Beide Pumpen sind reversibel und können daher auch zum Kühlen genutzt werden", erklärt er.

Aber wie genau funktioniert das Kühlen mit Wärmepumpen? Dafür steht neben dem Warmwasserspeicher noch ein 400 Liter fassender Kältespeicher. Mithilfe einer Steuerung können Ventile angesteuert werden, die beeinflussen, ob Wasser aus dem Kalttank oder dem Warmtank in die Verteilung fließen soll. "Wenn es vom Winter auf den Sommer zugeht, schaltet die Steuerung auf Kühlen um, vor dem Winter auf Heizen", so Schreck. Für beide Vorgänge nutzt er denselben Wärmetauscher. Dabei heizt und kühlt er aber nicht – wie in den meisten Neubauten üblich – über den Fußboden, sondern über die Decke.
Deckenheizung mit einigen Vorteilen
"Es sind Wasserspiralen in die Decke gelegt, die über Leitungen angesteuert werden. Ventile ermöglichen mir, jeden Raum einzeln zu bespielen", schildert Schreck die Funktionsweise. Die Deckenheizung oder -kühlung kommt vor allem im größten Raum der Wohnung zum Einsatz, der Wohnzimmer, Küche und Esszimmer in einem ist.
Die Vorteile liegen für den ehemaligen Berufs- und heutigen Hobbytechniker auf der Hand: "Kühlt man mit der Fußbodenheizung, kann es schnell zu kalt werden. Beim Heizen liefert die Deckenheizung eine extrem behagliche Wärme, sodass ich auch im Winter barfuß laufen kann." Außerdem reagiere die Deckenheizung deutlich schneller als die Variante im Boden, da weniger Masse aufgeheizt werden muss.
Da eine angenehme Temperaturdifferenz zwischen drinnen und draußen beim Kühlen deutlich geringer ausfällt als beim Heizen im Winter, braucht man beim Kühlen mit Wärmepumpe auch weniger Leistung. "Wenn es draußen 35 Grad heiß ist, kühle ich nicht auf 22 Grad runter. Alleine eine Absenkung um sechs Grad gegenüber der Außentemperatur fühlt sich schon sehr angenehm an", so Schreck.

Gute Dämmung und Lüftungsanlagen
Der Temperaturhaushalt im Neubau in der Uhlandstraße wird auch durch andere Faktoren begünstigt. Durch eine Beschattung auf der Seite des großflächigen Terrassenfensters und eine gute Dämmung der Außenhülle, heizt sich das Gebäude deutlich weniger auf als andere, was eine geringere Kühlleistung der Decke erfordert. "Die Beschattung hilft, den Wärmeertrag über die Fenster zu reduzieren", weiß der 66-Jährige.
Achim Schrecks Haus ist ein energieeffizientes Gebäude mit KfW-40 plus-Standard. Beim Bau wurden drei Lüftungsanlagen installiert – in jeder Wohnung eine. Da beim gewöhnlichen Lüften warme Luft verloren geht, arbeiten die Anlagen mit Wärmerückgewinnung, um diese Verluste zu minimieren. "Wenn ich beispielsweise im Winter draußen acht Grad habe und drinnen 22 Grad, fahren die acht Grad von draußen über den Wärmetauscher gegen die 22 Grad und die Luft kommt vielleicht mit 19 Grad ins Gebäude rein", verdeutlicht Schreck den Effekt. Auf diese Weise müsse er wenig nachheizen, da er 90 Prozent Rückgewinnung von der Wärme hat.
Natürlich war auch das Flachdach nicht nur eine spontane Laune des Bauherren. Irgendwo muss der Strom für den eigenen Energiekreislauf schließlich herkommen. 84 Photovoltaik-Module (PV) füllen nahezu die gesamte Dachfläche. Schreck gibt selbst zu, dass diese Menge an PV "völlig überdimensioniert" ist. Guckt man aber auf die Zahlen, rechnet sich der private Solarpark.
"Wenn alles glattläuft, werde ich am Jahresende 4000 Kilowattstunden zugekauft haben. Die zahle ich von dem, was ich ins Netz einspeise. Den kompletten restlichen Strom mache ich selbst und puffer ihn zwischen", erläutert Schreck. Für Energie – also Haushaltsstrom für Licht und zum Kochen in allen drei Wohnungen, Heizen, Kühlen und das Laden des Elektroautos – gibt er somit heute unterm Strich kein Geld aus.

Sechsstellige Summe für Technik investiert
Die unzähligen technischen Installationen im Gebäude hatten aber auch ihren Preis, den Schreck nur grob beziffern kann. "Ich habe insgesamt sicherlich eine sechsstellige Summe ausgegeben", meint er. Mit etwa zehn Kilometern verlegtem Kabel und einem aus über 100 Geräten bestehenden Netzwerk, wollte Schreck "auch ein Stück weit zeigen, dass es geht". "An manchen Stellen ist es vielleicht auch ein bisschen übertrieben", gesteht er sich ein. Sein Ziel sei aber immer gewesen, möglichst energieeffizient zu sein und relativ nah an die Autonomie zu kommen.
Um diesem Ziel noch einen Schritt näherzukommen, hat Achim Schreck sein nächstes Spielzeug schon im Blick. Wenn die wieder günstiger werden, möchte er sich einen Elektrolyseur kaufen. Der spaltet per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. "So kann ich mit dem Wasserüberschuss vom Sommer selbst Wasserstoff produzieren und im Winter zum Heizen nutzen", sagt er.