Projektentwickler Willi Sutter hat sein Büro zwar im schönen Freiburg im Schwarzwald, kommt aber auch ins Schwärmen, wenn er von der Karlstadter Altstadt spricht. Neben dem Museum hat es ihm auch das Turmkaufhaus angetan, für dessen konzeptionelle Flächenplanung Sutter verantwortlich ist. In der Bürgerversammlung am Donnerstag im Historischen Rathaus stellte er den Bürgerinnen und Bürgern sowie Mitgliedern der Verwaltung seine Konzepte vor.
Das Gebäude in der Hauptstraße, das vor der Bürgerversammlung von einigen Interessierten begangen wurde, bezeichnet er als einen "prägnanten Leerstand". Karlstadt bescheinigt er aber im Allgemeinen aufgrund der vielen schönen Ecken, dem Fachwerk und den Fahrradwegen am Main ein "großes Entwicklungspotenzial". "Ich werde Ihnen heute auch viele Zahlen zeigen, weil es wichtig ist, wirtschaftlich zu beurteilen, und zu verstehen, welches Investment sich langfristig bewährt", warnte Sutter den Saal vor.
Tourismus- und Gastro-Nutzung statt Warenhaus
Dem Projektentwickler schwebt eine touristische Nutzung mit einem innovativen Café- und Ladenkonzept vor. Immer wieder fällt das Wort "Treffpunktfunktion". Denkbar wäre eine unkonventionelle Markthalle mit Einkaufsmöglichkeiten und Kulturveranstaltungen. Projekte dieser Art habe Sutter mit seinem Team schon mehrfach umgesetzt – auch bei Gebäuden, die runtergekommener waren als Karlstadts ehemaliges Warenhaus.
Ein mögliches Konzept sieht außerdem vor, dass gerade im Ober- und Dachgeschoss bis zu 14 Ferienwohnungen entstehen könnten. "Die passen gut rein und vertragen sich mit der historischen Substanz", erklärt Sutter. Ein Wellnessbereich hätte im Erdgeschoss Platz.
Da Sutter die Erfahrung gemacht hat, dass sich nach Info-Vorträgen oft Investoren melden oder Genossenschaften gründen, rechnete er auch einige Kostenmodelle vor. Die Investitionskosten pro Quadratmeter Fläche liegen im Turmkaufhaus zwischen 4000 und 6000 Euro. Die Gesamtinvestitionen liegen bei etwa fünf Millionen Euro. Sutter: "Dazu kommt aber noch das Inventar, dass ein potenzieller Investor am besten mitliefern sollte".
Bevorteilung des Privatinvestors währt nicht ewig
Präsentiert wurden auch langfristige Kalkulationen. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung des Gebäudes über 30 Jahre, zeigt, wie unterschiedlich diese bei einem privaten Investor, einer Genossenschaft oder einem Investment der Stadt Karlstadt aussehen kann.
Während ein privater Investor seine Gesamtinvestitionen über die ersten 12 Jahre steuerlich abschreiben kann, haben Genossenschaft und die Kommune diese Möglichkeit nicht. "Bei der Stadt wäre es schlecht für den Haushalt und eine gemeinnützige Genossenschaft darf ohnehin gesetzlich keine roten Zahlen schreiben", führt Sutter aus. Der Privatinvestor ist also steuerlich bevorteilt.
Entscheidend ist jedoch die Liquiditätsrechnung, also was am Ende wirklich im Geldbeutel landet. Beim Privatinvestor zeigt sich erst ein regelmäßiges Plus bis zum 12. Jahr nach Investment, bevor der Free Cash Flow – also das Geld zur freien Verfügung – zunächst wegbricht und sich erst später wieder durch Tilgungen und Umverteilungen erhöht. Laut Sutters Berechnungen landet der Privatinvestor nach 30 Jahren bei einem Plus von knapp 2,7 Millionen Euro.
Auslastung von 65 Prozent wünschenswert
Die Genossenschaft und die Stadt sind als Investoren aufgrund des steuerlichen Nachteils einige Jahre im Minus. Nach den 30 Jahren aber stünde unterm Strich durch Tilgungen und eine verbesserte Wirtschaftlichkeit ein Plus von fast 3,2 Millionen Euro (Genossenschaft) oder 2,8 Millionen Euro (Stadt Karlstadt). Auch die kumulierte Liquidität (abzüglich der Auszahlungen) der Genossenschaft wäre beim Turmkaufhaus nach 30 Jahren höher als beim Privatinvestment. Die Genossenschaft käme hier bei einem Plus von gut 2,7 Millionen Euro raus, der Privatinvestor nur bei 2,4 Millionen Euro.
Neben dem Investor muss sich für das Turmkaufhaus auch ein Betreiber finden. Sutter rechnete auch die Betriebskosten mit den erwarteten Einnahmen gegen und präsentierte das Ergebnis für drei verschiedene Auslastungen. Bei einer Auslastung von 55 Prozent ergebe sich ein jährlicher Gewinn von 136.000 Euro. Beträgt die Auslastung die erhofften 65 Prozent, wären es 221.000 Euro im Jahr. "Beim Turmkaufhaus rechne ich bei der Auslastung mit 55 oder 60 Prozent", sagt Sutter auf Nachfrage einer Bürgerin.
Menschen gesucht, die sich zusammentun
Der Projektentwickler gab an, selbst Genossenschaftler zu sein und machte sich auch in diesem Projekt für diese Investmentoption stark. "Das Kapital einer Genossenschaft wird mit 2,5 Prozent Dividende ausgeschüttet und für jede Einlage bekommt man Zins." Sutter gehe von 800.000 Euro Eigenkapital aus, das über die Genossenschaftsanlage eingebracht werden müsste.
Bürgermeister Michael Hombach sieht die vor kurzem gegründete Genossenschaft "Karschter Wohnen" als möglichen Grundstein eines Investments. Es könnte sich für das Projekt aber auch eine eigene Genossenschaft gründen. "Jetzt bedarf es Menschen, die sich zusammentun", sagt Hombach. "Das kann auch eine Gruppe aus mehreren Privatinvestoren sein", ergänzt Sutter.
Eine alternative Konzeption mit Sozialwohnungen statt Ferienwohnungen scheint unwahrscheinlich. Platz gäbe es insgesamt für acht Wohnungen. Über die 30 Jahre gesehen mache aber sowohl der Privatinvestor, als auch als Genossenschaft oder die Stadt Karlstadt ein Minus. Dafür sorgen die Zins- und Tilgungskosten auf dem derzeitigen Wohnungsmarkt.