Der Sage nach verliebte sich Elisabeth aus der Familie der Grafen von Wertheim in den Grafen Gottfried von Hohenlohe. Gottfried war bekannt dafür, viel Zeit bei der Jagd zu verbringen, sich bei ritterlichen Spielen mit anderen Männern zu messen und nach "geselligen Gelagen" tagelang nicht nach Hause zu kommen. Zumindest letztes sollte sich – manchem mag das bekannt vorkommen – nach der Hochzeit ändern.
Um mehr Zeit gemeinsam verbringen zu können, teilten sie ein Hobby. Elisabeth begleitete ihren Mann auf die Jagd und lernte mit der Armbrust zu schießen. Nach kurzer Zeit soll sie "so sicher wie der beste Jäger" getroffen haben, sind sich die Geschichtenerzähler einig. Doch eines Tages im Jahr 1290 kam es zu einem tödlichen Unfall. In den Wäldern des Spessarts hetzte das Paar einem Hirsch hinterher. Im Eifer der Jagd verloren sie erst das anmutige Tier und dann sich gegenseitig aus den Augen.
Fataler Fehler: Auf vermuteten Hirsch im Dickicht geschossen
Plötzlich, so geht die Legende, glaubt Elisabeth im Dickicht den Hirsch gehört zu haben. Sie legt an und drückt ab. Doch sie trifft nicht das vermutete Wild, sondern ihren Ehemann. Der Pfeil durchbohrt seine Brust.
"Alles Jammern war vergebens", heißt es in der Sage. "Graf Hohenlohe starb nächst dem Dörfchen Grünau in Elisabeths Armen, nachdem das Glück ihrer Ehe kaum zwei Jahre gedauert hatte." An jener Stelle stiftete die Witwe im Jahr 1328 eine sogenannte Kartause, ein Kloster für Kartäusermönche.
Heute stehen von dem ehemaligen Kloster nur noch Grundmauern. Und das Gelände rund um die Kartause Grünau hier im Landkreis Main-Spessart ist an Gastronomen verpachtet. Die Gaststätte ist vor allem für ihre Forellengerichte bekannt und ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderungen rund um die Gemeinde Schollbrunn. Wer den Überresten der Kartause möglichst nahe kommen möchte, sollte da sein, wenn die benachbarte Gaststätte geöffnet hat. Außerhalb der Öffnungszeiten ist das Eingangstor geschlossen. Bei einem Blick über die niedrigen Mauern kann man sich dennoch einen Eindruck von dem ehemaligen Kloster verschaffen.
Kleiner Wildpark zu Beginn der Tour
Wer sich der ältesten Kartause Frankens zu Fuß nähern will, parkt am besten auf dem Wanderparkplatz in Schollbrunn, am Ortsausgang Richtung Rohrbrunn. Der erste Höhepunkt auf dem 10,8 Kilometer langen Rundweg ist ein kleiner Wildpark mit Wildschweinen und Hirschen. Das Gehege liegt nur wenige hundert Meter vom Start entfernt. Der Zugang ist ganzjährig möglich und kostet nichts. Nebenan befindet sich ein großer Spielplatz.
Entlang des Klingenwiesengrabens führt der Weg dann immer geradeaus auf die Kartause zu. Der Großteil der Strecke ist asphaltiert oder mit Spotter und Kies befestigt. Da aber auch schmale Pfade mit losem Untergrund nicht ausbleiben, sind Trekkingschuhe zu empfehlen.
Wenig erinnert heute daran, dass im frühen 15. Jahrhundert dort wohl 24 Mönche gelebt haben. Die ursprüngliche Kartause wurde dafür durch einen Neubau ersetzt. "Die Wirren der Reformationszeit gingen an Grünau nicht spurlos vorüber", schreibt Historiker Markus Schütz in einem Beitrag für das Haus der Bayerischen Geschichte. Bei einer Visitation im Jahr 1523 habe man Missstände festgestellt, die zur vorübergehenden Absetzung des Priors Michael Lemlein führten.
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Zwei Jahre später wurde die reiche Kartause von den aufständischen Bauern verwüstet. Im Bauernkriegsjahr 1525 schloss sich Graf Georg von Wertheim der Reformation an. Deshalb hatte das Kloster fortan einen lutherischen Vogt, und die Grafenfamilie übernahm im Jahr 1545 die Verwaltung der Klostergüter. "Der Niedergang der Kartause zog sich bis ins Jahr 1557, als die letzten drei Mönche das Kloster verließen", schreibt Schütz.
Das Kloster konnte nicht mehr an die alte Blütezeit anknüpfen
Doch der Orden der Kartäuser bestand fort und kämpfte mit juristischen Mitteln für die Wiedererrichtung des Klosters – mit Erfolg. Zu seiner alten Größe fand das Kloster indes nicht mehr zurück. 1635 bewohnten gerade einmal vier Mönche die Kartause. Ein Sprichwort besagte: "In Grünau sind vier Mönche, drei befehlen und einer gehorcht." Anfang des 19. Jahrhunderts gelangte das bescheidene Kloster dann in den Besitz der Grafen von Löwenstein-Freudenberg, die das Gebäude zu einem Fürstlichen Hofgut erklärten.
Wer nach einer Stärkung in der Gaststätte aufbricht und das Gelände durch das Tor aus rotem Sandstein verlässt, gelangt linker Hand zu einem kleinen See. Dort ist der Weg zum nächsten Zwischenziel ausgeschrieben: die Markuskapelle. Erstmal erwähnt wird die Kapelle im Jahre 1216. Lange diente sie als Wallfahrtsort. Im Bauernkrieg um 1525 wurde die Kapelle zerstört und verfiel. Zeitweise wurde sie als Viehstall genutzt. Die Ruine steht direkt an der Staatsstraße 2316. Um die Kapelle zu erreichen, müssen Wanderer von der Kartause kommend rund hundert Meter parallel zu der Landstraße gehen.
Von da aus führt die Strecke am Gasthaus Nickelsmühle, in dem man ebenfalls einkehren kann, auf die Schreckemühle zu. Nach einem kurzen Anstieg in südöstlicher Richtung führt der Weg scharf links zur Zwieselmühle. Wenige Meter vor der Siedlung zeigt der Wegweiser nach Links Richtung Schollbrunn. Der letzte Kilometer hat es in sich. Steil und immer geradeaus führt der Weg zurück an den Rand der Gemeinde Schollbrunn.