240 Einwohner hat Jesserndorf, eine kleine Ortschaft, die zu Ebern (Lkr. Haßberge) gehört. Es gibt eine Gastwirtschaft, zwei Kirchen, einige Firmen und die Attraktion im Wald: die Heilsteine. Ob Esoterik oder nicht - ein außergewöhnliches Ausflugsziel ist der Heilsteinpfad in Jesserndorf allemal. Aus ganz Deutschland kommen immer wieder Wanderer, die sich für die Wirkung der Steine interessieren oder einfach die Schönheit dieses Waldes genießen wollen.
"Jeder Stein soll gegen ein anderes Leiden helfen", sagt Brigitte Gabel. Das spirituelle Ehepaar Irene und Oswald Tränkenschuh aus Königsberg hat die angebliche Kraft der Steine in den 80er Jahren entdeckt und darüber ein Buch geschrieben: "Felsenkräfte - Kraft der Erde. Eine geomantische Heilweise".
Die Steine sollen bei Rückenproblemen oder Prostatabeschwerden helfen
Rote Strichmännchen auf den Felsen geben die genauen Positionen an, die man einnehmen soll, wenn man die Heilkraft des jeweiligen Felsens für seine Erkrankung nutzen will. Die Steine sollen zum Beispiel bei Rückenproblemen, Augenleiden oder Prostatabeschwerden helfen. Wissenschaftlich belegt ist das nicht.
Heute hat sich eine kleine Gruppe von Leuten gebildet, die dieses Wissen weitergeben möchte. Dazu zählt auch Brigitte Gabel aus Königsberg. Immer wieder bietet sie Führungen zu den Heilfelsen an. Irene Tränkenschuh ist 2009 nach langem Krebsleiden gestorben, Oswald Tränkenschuh ist über 80 Jahre alt und bietet selbst keine Führungen mehr an.
Treffpunkt ist direkt gegenüber der Ortsausfahrt von Jesserndorf auf einem Parkplatz im Wald. Brigitte Gabel ist gelernte Friseurmeisterin und 62 Jahre alt. Sie ist über autogenes Training zu den Tränkenschuhs und so auch zu den Heilfelsen gekommen. Sie glaubt, dass "die Energie direkt aus der Erde kommt". Man müsse sich nur darauf einlassen.
Die Tour durch den "Steinert" ist familientauglich
Der Wald wirkt märchenhaft. Sonnenlicht trifft immer wieder auf die bemoosten Felsen, die hellgrün leuchten. Folgt man dem Wanderzeichen des Wildschweins, folgt ein angenehmer Rundweg entlang verschiedener Felsen. Diese Tour durch den "Steinert", wie das Felsenmeer auch genannt wird, empfiehlt auch der Tourismusverband Haßberge. "Er führt im unteren Teil an den Felsen vorbei und ist familientauglich", sagt Helen Zwinkmann vom Tourismusverband.
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Die kleine Gruppe um Brigitte Gabel läuft schweigend zum ersten Felsen, der mit der Nummer 2 gekennzeichnet ist. Eine Nummer 1 gibt es anscheinend nicht. "Nummer 2 soll gegen Rücken- und Bandscheibenschmerzen helfen", erklärt Gabel. Die Friseurin hatte vor etwa zehn Jahren vom vielen Stehen in ihrem Beruf starke Knieprobleme. "Dank der Kraft der Felsen geht es mir heute viel besser", sagt sie.
Esoterik-Tourismus in den nördlichen Haßbergen
Gleich daneben befindet sich Fels Nummer 3, er soll helfen, Energieblockaden zu lösen. Selbst einen Fels zur Stärkung des Haarwuchs gibt es. Er trägt die Nummer 11. "Sehr beliebt bei Männern ist auch ein Stein, der bei Prostatabeschwerden helfen soll", sagt Gabel. Dieser sei mit der Nummer 28 gekennzeichnet.
Die verschiedenen Nummern wurden von Verfechtern der "Geomantischen Heilweise" als "Heilsteine" auserkoren. Geomantie wurde Ende des 20. Jahrhunderts eine esoterische Bewegung: In den nördlichen Haßbergen setzte ein regelrechter Esoterik-Tourismus ein, Heilpraktiker schickten ihre Patientinnen und Patienten zu den Steinen in den Wald. Der Königsberger Sonderschullehrer Oswald Tränkenschuh hatte mit dem Pendel ausgelotet, welcher Stein welche Wirkung entfaltet.
Von der Mariengrotte bis zur Oase der Ruhe
Eine tatsächliche Wirkung der Heilsteine ist wissenschaftlich allerdings nicht nachgewiesen. Auch wenn man nicht an die Kräfte der Felsen glaubt, ist ein Ausflug zum "Steinert" lohnenswert. Der Rundweg "Wildschwein" führt vorbei an der Mariengrotte bis hin zur Oase der Ruhe, dort laden gemütliche Bänke zur Rast ein.
Doch woher kommen die vielen Felsen überhaupt? Die Felsgesteine wurden im Hochmittelalter zur Erbauung einiger bedeutender Burgen verwendet, erklärt das Tourismusbüro Haßberge. Heute nennt Brigitte Gabel sie "Kopfkissenfelsen" oder "Energieflusswanne".
Gegen Ende der kleinen Tour gabelt sich der Weg und führt nach einer kurzen Abzweigung den Berg hinauf zur einer Art Felskapelle. Brigitte Gabel weiß auch eine alte Sage rund um die Mariengrotte. So habe vor langer Zeit ein Mönch im Ort gelebt, der an Lungenkrebs erkrankt war. "Immer wieder ging der Geistliche in den Wald und hat gebetet", erzählt sie. Die gute Nachricht: der Mönch wurde geheilt. Zum Dank schuf er die Mariengrotte. Sogar eine Gebetsbank ist hier neben vielen Kerzen aufgebaut.
Von der Grotte aus geht es nur noch abwärts. Manchmal ist es steiler, meistens weniger steil. Hier gibt es keine Heilfelsen mehr. Einfach immer abwärts und rechts halten, so erreicht man wieder den Parkplatz. Gegenüber ist schon Jesserndorf zu sehen.