Auf der Bahnstrecke zwischen Gemünden und Würzburg herrscht viel Betrieb. Nicht nur die Zahl der Zugvorbeifahrten ist hier höher als sonst irgendwo im Lande, sondern vor allem auch die Zahl der Güterzüge, wie dem kürzlich erschienenen Lärm-Monitoring-Jahresbericht 2022 des Eisenbahn-Bundesamts zu entnehmen ist. Das sorgt für eine hohe Lärmbelastung der Anwohnerinnen und Anwohner.
Die für den Jahresbericht als Quelle dienende "Lärm-Monitoringstation Karlstadt" ist seit Mai 2019 in Betrieb und liegt laut Eisenbahnbundesamt zwischen Retzbach und Karlstadt. Der Lärmpegel dort ist der höchste aller in Deutschland entlang des Schienennetzes aufgestellten 19 Überwachungsstationen. Dort fuhren 2022 am Tag durchschnittlich 319 Züge vorbei, davon 192 Güterzüge. Zum Vergleich: Bei der Messstation Bad Hersfeld mit der zweithöchsten Zahl vorbeifahrender Züge waren von 315 Zügen nur 161 Güterzüge.
2022 40 Prozent mehr Züge auf der Strecke Würzburg–Karlstadt
Vergangenes Jahr nahm an der Monitoringstation Karlstadt die Zahl der Zugvorbeifahrten im Vergleich zu 2021 zu. Die innerhalb eines Jahres um 40 Prozent höhere Frequentierung ist laut dem Jahresbericht auf mehr Personenzüge zurückzuführen. Auch die Länge der Personenzüge nahm im Schnitt um 67 Meter zu. "Dieses Mehraufkommen kann in der Streckensperrung der SFS 1733 begründet liegen", heißt es in dem Bericht. Die SFS 1733 ist die Schnellfahrstrecke Fulda–Kassel. Von Juni bis Dezember 2022 wurde der Abschnitt zwischen Fulda und Würzburg saniert. Die ICE-Züge nach Hannover fuhren in dieser Zeit über alternative Routen, so etwa die Regionalzugstrecke zwischen Gemünden und Würzburg.
Da der sogenannte Mittelungspegel an der Messstelle, also der Dauerschallpegel, laut Bericht durch den Güterverkehr dominiert wird, änderte sich dieser zu 2021 nicht und bleibt mit 72,1 Dezibel weiterhin der höchste Wert aller Stationen in Deutschland. Eine positive Entwicklung gibt es: Der Anteil der lärmarmen Güterwagen zwischen Gemünden und Würzburg liegt mit 88,6 Prozent und steigender Tendenz über dem bundesweiten Durchschnitt. Inzwischen sind in Deutschland fast alle Güterwagen mit Verbundstoffbremssohlen statt der früheren Grauguss-Bremssohlen ausgestattet. Seit Inbetriebnahme der Lärm-Monitoringstationen bis zum Jahr 2021 hat sich deshalb an allen Stationen der Lärmpegel reduziert. 2019 hat der Mittelungspegel an der Messstelle Karlstadt noch 75,4 Dezibel betragen.
Zustand der Schienen zwischen Karlstadt und Würzburg bislang schlecht
Trotz umgerüsteter Bremsen sind lautere Pegel etwa durch akustisch ungünstige Radzustände möglich. Bei den Schallemissionen spielen neben der Zuganzahl auch die Vorbeifahrtgeschwindigkeit oder die Gleiseigenschaften eine Rolle. Auch der Gleiszustand kann den Lärmpegel beeinflussen. Die Schienenrauheit wurde an der Monitoringstelle Karlstadt schon 2019 mit "erhöht" angegeben, auch die Gleisabklingrate, also das Schwingungsverhalten der Schienen, war schlecht. Diese Faktoren könnten sich durch den derzeit laufenden Austausch der Schienen auf der Strecke verbessern.
Vom Bahnlärm geplagt ist aufgrund der Kessellage und der zusätzlichen Güterzüge der Werntalbahn, die von der Messstation zwischen Retzbach und Karlstadt nicht erfasst werden, vor allem Gemünden. Gemünden soll allerdings erst 2026 bis 2028 Lärmschutzwände erhalten. Erst danach haben lärmgeplagte Anwohner eine Chance auf Zuschüsse zu etwa Schallschutzfenstern.
Karlstadt bekommt früher Lärmschutzwände als Gemünden
Vor Gemünden ist zunächst Karlstadt an der Reihe, weil sich die Bahn offenbar systematisch von Würzburg, das schon Lärmschutzwände hat, ausgehend einen Ort nach dem anderen vornimmt, ungeachtet der tatsächlichen Lärmbelästigung. Für Karlstadt sind die Planungen laut Bahn abgeschlossen. Die Hauptbauarbeiten für die Karlstadter Schallschutzwände sollen im ersten Halbjahr 2024 stattfinden, in der Zeit soll es dafür auch Sperrungen geben.
Für Gemünden beginnen die Planungen für die Lärmschutzwände ebenfalls Anfang kommenden Jahres. Vorarbeiten im Zuge der aktuellen Bauarbeiten zwischen Würzburg und Gemünden seien noch nicht passiert, Vermessungsarbeiten, Baugrunduntersuchungen und Kampfmitteluntersuchungen stünden erst noch an.
Weniger stark mit Güterzügen belastet ist die Strecke Gemünden–Aschaffenburg, weil die meisten Güterzüge nach Gemünden in den Sinngrund abbiegen. Obersinn etwa hat schon Lärmschutzwände.