Die schlechte Nachricht, die UGM-Sprecher Christian Menig von der nachmittäglichen Besprechung der Fraktionsvorsitzenden aus dem Landratsamt mitgebracht hatte, erwies sich letztlich als Kraftstoff für die Diskussion am Abend im Pfarrheim St. Laurentius. Dass nämlich jetzt am Donnerstag im Bauausschuss des Kreistags erst eine Untersuchung sämtlicher Schulen beschlossen werden soll, bevor weitere Investitionen umgesetzt werden, das empfand nicht nur Menig als "Zeitspiel". Über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg wollten die rund 50 Kommunalpolitiker und Bürger aus dem Raum Marktheidenfeld nicht akzeptieren, dass es erst nach 2025 mit der Erneuerung von Main-Spessart-Halle, Realschule und Gymnasium losgehen könnte.
Esselbachs Bürgermeister Richard Roos, der gemeinsam mit Menig und Marktheidenfelds Bürgermeister Thomas Stamm (alle UGM) sowie den Fraktionssprechern des Stadtrats am Podium saß, erinnerte an den Beschluss des Kreisausschusses vom 20. April 2020. Damals hatte sich das Gremium einstimmig für Variante 3 bei der Modernisierung des Schulstandorts entschieden: Für rund 70 Millionen Euro sollen der Reihe nach MSP-Sporthalle, Realschule und Gymnasium neu gebaut werden. Passiert sei seitdem nichts. Die UGM habe deshalb in einem Antrag an den Kreistag gefordert, dass noch heuer ein Architekten-Auftrag angestoßen wird und für die Turnhalle in den Haushaltsjahren 2022 und 2023 insgesamt 7,5 Millionen Euro in den Kreishaushalt eingestellt werden.
Drei Anträge zu Marktheidenfeld an den Kreistag
Ein Antrag an den Kreistag liegt auch von der CSU vor, wie Hafenlohrs Bürgermeister und Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab erläuterte. Ziel sei, "dass endlich was mit dem Schulstandort Marktheidenfeld weitergeht", sagt der CSU-Kreisvorsitzende. Seine Fraktion halte es für sinnvoll, dass 2022 für die Architektensuche 150 000 Euro im Haushalt vorgesehen werden, sich die Beauftragung des Planenden über alle drei Projekte – Halle und Schulen – erstreckt, und in den Folgejahren das nötige Geld für die Umsetzung im Kreisetat hinterlegt wird. Mit diesem Antrag, so wusste Schwab, könnten sich auch die SPD-Fraktion und Landrätin Sabine Sitter anfreunden.
Ein weiterer Antrag liegt von der Kreistagsfraktion der Freien Wähler vor. Wie Sprecher Holger Seidel ausführte, forderte sie einen "realistischen Zeitplan" für den Schulstandort, der mit allen betroffenen Abteilungen des Landratsamtes abgestimmt ist. Bevor man ein neues Projekt beginne, müsse "der endgültige Abschluss der Maßnahme in Gemünden feststehen", wo aktuell das Gymnasium erneuert wird. Stellvertretender Landrat Christoph Vogel (FW) betonte am Montagabend, dass dies nicht heiße, dass man mit Marktheidenfeld warten solle, bis Gemünden fertig ist. Es müssten nur die Perspektiven abgeschätzt werden können.
Thomas Stamm gibt Anstoß zu gemeinsamem Vorgehen
Marktheidenfelds Bürgermeister Thomas Stamm regte an, aus den drei Anträgen einen neuen, gemeinsamen Änderungsantrag zu erstellen. Dafür hatte er am Ende des Diskussionsabends auch einen Entwurf, der im Saal breiten Konsens fand. Er stützt sich im Wesentlichen auf den CSU-Antrag, benennt die Zeiträume der gewünschten Umsetzung des Großprojekts jedoch deutlicher. Mit dem Bau der Halle soll es demnach 2023 losgehen. Den ausformulierten Antrag wollte Christian Menig noch am Dienstag den Kreistagsfraktionen zur Abstimmung zukommen lassen.
Würden die Vorstellungen von Kreisverwaltung und Landrätin Wirklichkeit, so schätzt es Richard Roos ein, "würde diese Legislaturperiode definitiv nichts mehr passieren". Begründet würde dies mit dem angeblich guten Zustand von Realschule und Gymnasium. Kreisrätin Susanne Rinno (Grüne) meinte, es werde "suggeriert, dass viel Geld in die Schule gesteckt wurde und alles gut ist". Sie bat den anwesenden Schulleiter des Gymnasiums, Hartmut Beck, zu sagen, was Sache ist.
Schulleiter: Marode Bausubstanz erfordert weitere Investitionen
"Es sind im Grund zwei Schulen", die er habe, sagte Beck. Auf der einen Seite seien tatsächlich Schulräume saniert und auf den neuesten Stand gebracht worden, der den Vergleich mit den anderen Gymnasien im Landkreis nicht scheuen müsse. Auf der anderen Seite habe er eine Schule, deren Bausubstanz marode sei: Fenster und Türen seien undicht, es gebe immer wieder Wassereinbrüche durchs Dach, die Böden würfen sich auf, hie und da mussten Stahlstützen und Sprießen eingezogen werden. Für ihn ist klar, dass weitere Investitionen erforderlich seien, sonst halte es nicht bis zu einem Neubau.
Über den Sanierungsbedarf in Marktheidenfeld sei schon 2009 im Schulausschuss gesprochen worden, erinnerte Thorsten Schwab. "Wir brauchen auch im Raum Marktheidenfeld die gleichen Lernbedingungen wie in den anderen Schulen im Landkreis", sagte er und stellte sogar eine Erhöhung der Kreisumlage zum Erreichen dieses Ziels in den Raum.
"Jeden Tag, den wir länger warten, verbrennen wir Geld an dieser Schule und heizen zu den Fenstern raus", meinte stellvertretende Landrätin Pamela Nembach (SPD). Sie unterrichtet selbst am Gymnasium und wünschte sich wie Thomas Stamm einen gemeinsamen, fraktionsübergreifenden Antrag. Das wäre "ein starkes Signal aus Marktheidenfeld".
Roos: Antrag der Verwaltung im Ausschuss ablehnen
Der erste Schritt ist laut Richard Roos, dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung am 3. Dezember im Bauausschuss abgelehnt werde. Denn dann müsste über die Anträge geredet werden. "Das Entscheidende ist, dass das Thema am 10. Dezember auf die Tagesordnung der Kreistagssitzung kommt", sagte Kreisrat Kurt Schreck (AfD). "Wir müssen da alles daran setzen." Wie sehr der Raum Marktheidenfeld in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt wurde, das betonte Jürgen Schwarzkopf (proMAR), der auch für den erkrankten proMAR-Vorsitzenden Ludwig Keller sprach.
Dass schleunigst etwas passieren muss, das war auch der Tenor weiterer Beiträge, wie sie von den Kreisräten Holger Seidel (FW) und Paul Diener (CSU) oder den Stadträten Helmut Adam und Wolfgang Hörnig (beide CSU), Carolin Kutz (proMAR) oder Burkhard Wagner (FW) kamen. Wagner appellierte, jetzt in den Kreistagsfraktionen Werbung für den gemeinsamen Antrag zu machen. Das Schlusswort hatte Christian Menig: "Das war ein toller Abend. Wir müssen so etwas öfters machen."