
Was bedeutet es, einen fünf Gebäude umfassenden Hotel- und Tagungskomplex energetisch sinnvoll und nachhaltig zu betreiben? Im besten Fall autark zu machen? Um diese Fragen zu beantworten und einen Einblick zu geben, was sich in den letzten Jahren im Hotel und Weinhaus Anker getan hat, hat Josef Deppisch zu einem Rundgang in die Obertorstraße eingeladen.
Seit 1993 führt er zusammen mit seiner Frau Elisabeth den Betrieb. Die Idee, die Dinge nachhaltig und generationenübergreifend zu gestalten, habe er bereits durch seine Eltern, Theo und Helena Deppisch, eingeatmet, erzählt er. Dachbegrünung, Wassersparsysteme oder eine kluge Abfallwirtschaft, das alles habe schon seine Mutter vorangetrieben. Nachdem der Betrieb an ihn überging, führte er die Projekte weiter, entwickelte vor allem neue.
Eigene Wärmeleitplanung: Fünf Häuser über zwei Straßen hinweg
"In mir schmort es dann immer", beschreibt er, während er in den Keller führt, wie er die Maßnahmen zunächst im Kopf durchdenkt. Dabei geht der promovierte Physiker die Dinge gerne in Eigenregie an, tüftelt und entwirft selbst Steuerungssysteme. "Ich mache viel selbst, hole mir aber auch fachliche Unterstützung", sagt er.
So wie beim Thema Wärmeversorgung. Bereits vor 13 Jahren entstand das erste Blockheizkraftwerk, mit dem die Familie zwei Häuser versorgen konnte. 2024 ersetzte Deppisch die alte Anlage durch eine neue mit 46 kW Wärme und 21 kW Strom. "Mit der Abwärme der Anlage heizen wir nun fünf Häuser über zwei Straßen hinweg", erzählt er.

Um das zu ermöglichen, wurde eine Wärmeleitung zwischen den Häusern gelegt: Wie ein Spinnennetz ziehen sich die dicken, silbern ummantelten Rohre durch die Kellerräume und verbinden die Gebäude in der Obertorstraße 13, 6 und 8 mit denen in der Kolpingstraße 7 und 11.
Keine Angst vor großen Bussen: Pufferspeicher verhindern Engpässe
Ihr Herzstück: Ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BKHW), das später auch mit Wasserstoff betrieben werden kann, sowie zwei Pelletheizkessel mit jeweils 100 kW. Sie unterstützten im Winter, wenn es richtig kalt wird. Damit es in Versorgungsspitzen nicht eng wird, gibt es im Leitungsnetz an mehreren Stellen Pufferspeicher, die immer mit warmem Wasser gefüllt sind. "Die kommen zum Einsatz, wenn zum Beispiel ein Bus mit vielen Gästen anreist. Die gehen dann meist zeitgleich duschen und danach essen", beschreibt Deppisch.
Wassersparen: Weintank-Zisternen und schlau programmierte Waschmaschinen
Er ist mittlerweile einen Gang weitergegangen und steht nun im ehemaligen Weintanklager. Hier stehen auch immer noch zwei Weintanks. Allerdings sind sie mit Regenwasser gefüllt und dienen als Zisterne zum Gießen. 10.000 Liter fassen die beiden Tanks. "Hier kam uns auch die alte Funktion des Kellers entgegen", erzählt Deppisch und deutet zu einer Aussparung an der Decke. "So wurden früher schon die Weinfässer rein- und rausgehoben." Jetzt waren es die großen Heizanlagen.

Auch die großen Waschmaschinen in der hauseigenen Wäscherei sind auf Wassersparen ausgelegt. Das Zauberwort heißt "Laugenrückgewinnung" und bedeutet, dass die letzten Spülgänge für die Vorwäsche der nächsten Wäsche wiederverwendet werden. Zudem werden die großen Maschinen in der Aufheizphase zunächst so lange wie möglich über die Wärmeleitung geheizt. Erst wenn die gewünschte Temperatur, zum Beispiel bei Kochwäsche, damit nicht erreicht werden kann, schaltet sich eine Elektroheizung zu. Auch diese Steuerung ist eine Eigenentwicklung von Josef Deppisch.
Raumthermostate und Fensterkontakte verhindern unnötige Energieverschwendung
In der Zwischenzeit ist dieser auf die andere Straßenseite vorausgegangen, in die Obertorstraße 13, das Restaurant Anker. Ebenfalls 2024 hat die Familie das Gebäude aufgestockt, mit einem Vollwärmeschutz versehen und das Dach neu gedeckt. Im hinteren Bereich wurde das Flachdach begrünt und ein Schwammdach gebaut. "Das nimmt viel Wasser bei Starkregen auf und reduziert die Überschwemmungsgefahr, außerdem reguliert es hervorragend Kälte und Wärme", erklärt Deppisch.
Doch was nutzen alle Sparmaßnahmen, wenn der Gast zum Fenster hinaus heizt? Die Lösung: Fensterkontakte. Sie signalisieren, dass das Fenster geöffnet ist und die Heizung heruntergeregelt werden muss. Die Heizungen wiederum werden alle zentral über die Hotelsoftware gesteuert. "Dazu haben wir alle Hotelzimmer mit einem Raumthermostat ausgestattet", erklärt der Hotelchef. Ist der Gast da, kann er seine Temperatur individuell regeln. Checkt er aus, wird eine definierte Temperatur eingestellt, die davon abhängt, wann das Zimmer wieder belegt wird.
Noch Wunschgedanke: Insellösung für einen autarken Strombetrieb
Auch hier hat Deppisch selbst getüftelt und programmiert. Das alles mache ihm Spaß, ja, aber: "Es muss sich auch rechnen." Momentan geht er davon aus, dass sich die Neuanschaffungen in sechs bis sieben Jahren amortisiert haben.

Was ihn noch umtreibt: Er möchte eine Insellösung für einen autarken Strombetrieb schaffen, sozusagen ein unabhängiges eigenes Stromnetz. Eine Solaranlage gibt es bereits. "Im Idealfall speisen wir nicht mehr ins öffentliche Netz ein, sondern füllen unseren eigenen Batteriespeicher", so der Hotelchef. Damit möchte er sich schützen, zum einen vor Stromspitzen, die ihm seine kritische Infrastruktur zerschießen könnten, zum anderen vor Stromausfällen.
Immer im Blick: Langfristig und generationenübergreifend soll es sein
"Schon mit dem alten BKHW und der Solaranlage konnten wir summarisch den gesamten Strombedarfs des Hotels selbst erzeugen, einschließlich Strombedarf für E-Bike und E-Fahrzeuge des Hotels und der Gäste", so Deppisch. Mit dem neuen BKHW werde das Soll voraussichtlich noch überschritten. Doch noch wartet die Familie die preisliche Entwicklung solcher Batteriepuffer-Anlagen ab.
Es wird also nicht langweilig. Und dass das, was er tut, beispielhaft sein kann, zeigen auch die Auszeichnungen, die der Familienbetrieb bereits bekommen hat: 1994 wurde er mit dem bayerischen Umweltpreis in Gold ausgezeichnet. 2024 erhielt er den Zukunftspreis der Stadt Marktheidenfeld. Wichtig war und ist Josef Deppisch bei allen Planungen: Langfristig und generationenübergreifend sollen sie sein. Inwiefern sich bereits eines der vier Kinder für den Einstieg in den heimischen Betrieb interessiert? Vielleicht eine der Töchter, sie arbeite ebenfalls im Hotelfach, erzählt der Vater, allerdings in Wien. "Aber wir stehen in engem Austausch."