
Niemand wird entlassen, aber bis 2026 fallen 240 Stellen in Lohr weg – diese Ankündigung machte Bosch Rexroth, einer der größten Arbeitgeber im Landkreis Main-Spessart, am vergangenen Dienstag. Damit schlägt sich die weltweit schwierige wirtschaftliche Lage nun auch in der Region nieder. Ist das schon Grund zur Sorge?
Wenn der "Motor" Industrie stottert, wirkt sich das auch auf andere aus
Lukas Kagerbauer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, ist mit einer Bewertung vorsichtig. "Im Moment prasselt auf die Unternehmen extrem viel gleichzeitig ein." Die globale Nachfrage gehe zurück, Personal- und Energiekosten sind gestiegen, gleichzeitig liefen große transformatorische Prozesse wie die Digitalisierung und die Elektrifizierung. "Erfreulich ist, dass Bosch Rexroth weiter in Innovation investiert und zum Beispiel beim geplanten Technologie-Transfer-Zentrum eine wichtige Rolle spielt."
Main-Spessart sei stärker von Industrie geprägt als viele andere Landkreise in Unterfranken. "Alles, was wir bei der Industrie beobachten, sehen wir in Main-Spessart und Schweinfurt unter dem Brennglas", so Kagerbauer. Bei der letzten Konjunktur-Umfrage, die die IHK regelmäßig bei ihren Mitgliedern macht, hatten die Industrie-Unternehmen ihre aktuelle Lage eher schlecht bewertet und auch der Ausblick fiel pessimistisch aus. "Das macht uns ein wenig Bauchschmerzen, denn die Industrie ist ein Motor für die gesamte Wirtschaft." Auch Global Player wie Rexroth seien lokal verflochten.
Arbeitslosenquote ist gestiegen, aber trotzdem niedrig
Wie die Agentur für Arbeit auf Anfrage mitteilt, macht sich die schwierige wirtschaftliche Großwetterlage auch auf dem Arbeitsmarkt in Main-Spessart bemerkbar. So waren im August 2024 1977 Menschen als arbeitslos gemeldet, knapp 300 mehr als im August 2023. Doch das kann man wohl als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen, denn die Arbeitslosenquote liegt trotzdem nur bei 2,7 Prozent – nur sechs Landkreise in ganz Bayern haben eine niedrigere Quote.
Aus Sicht der Agentur für Arbeit ist Kurzarbeit ein Frühindikator dafür, wie sich der Arbeitsmarkt entwickeln könnte. "Wir merken, dass seit einiger Zeit mehr Unternehmen auf uns zukommen, um sich zum Thema Kurzarbeit beraten zu lassen", sagt dazu Pressesprecher Wolfgang Albert. Wie viele Main-Spessarter Betriebe und Arbeitnehmer im August in Kurzarbeit waren, lässt sich aktuell noch nicht sagen. Im Juli haben im Landkreis zehn Unternehmen Kurzarbeit angemeldet, davon betroffen sind 120 Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer. Weil die Unternehmen eine längere Frist haben, um das Kurzarbeitergeld tatsächlich mit der Arbeitsagentur abzurechnen, kann die Agentur erst fünf Monate später sagen, wie viele Menschen tatsächlich in Kurzarbeit waren.
Sichere Kurzarbeitszahlen kann Albert aktuell also nur bis Februar melden: Damals waren 13 Betriebe mit 227 Beschäftigten in Kurzarbeit. "Man kann festhalten, dass sich die Betriebe in MSP nicht gänzlich der aktuellen Konjunkturentwicklung entziehen können", fasst Albert die Kurzarbeits-Statistik zusammen. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Entwicklung der Arbeitslosigkeit seien aber derzeit noch überschaubar, wenn man betrachte, wie schwierig die wirtschaftliche Lage aktuell ist. "Da eine kurzfristige konjunkturelle Besserung jedoch nicht zu erwarten ist, bleibt die Entwicklung in den kommenden Monaten abzuwarten", so Albert.
IHK: Keine Sorge, dass es zu wenig Arbeitsplätze gibt
IHK-Experte Kagerbauer hat keine Sorgen, dass es zu wenige Arbeitsplätze in der Region geben könnte. "Rexroth hat den Abbau bis 2026 angekündigt, das ist ein recht langer Zeitraum - anderswo geht das viel schneller." Er könne sich gut vorstellen, dass kleine und mittelständische Betriebe, denen die Industrie bisher die Arbeitskräfte "abgesaugt" habe, nun Mitarbeiter übernehmen würden. "Natürlich klappt das zeitlich nicht nahtlos, und auch Qualifizierung und Gehaltsvorstellungen werden nicht immer zusammen passen – da ist ein Anpassungsprozess nötig."
Er sieht auch schon positive Entwicklungen, die darauf hinweisen, dass sich in der Wirtschaft in Main-Spessart etwas tut. Neben dem Technologie-Transfer-Zentrum, das sich in Marktheidenfeld im Aufbau befindet, nennt er etwa die aktive Gründerszene im Starthouse und die Markthalle in Lohr. "An diesen Beispielen sieht man, dass die Region mit innovativen Ansätzen vorangeht."