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Lohr
240 Stellen sollen bei Bosch Rexroth in Lohr weg:  Viele "Rexröther" von großem Einschnitt überrascht
Vom angekündigten Stellenabbau bei Bosch Rexroth sind vor allem Automatisierung und Elektrifizierung betroffen. Mitarbeiter sprechen von "grottenschlechter" Auftragslage.
Bosch Rexroth in Lohr (Lkr. Main-Spessart) hat Abbau angekündigt: Die Business Unit Automatisierung und Elektrifizierung im Industriegebiet Süd ist vom Stellenabbau betroffen.
Foto: Axel Haesler | Bosch Rexroth in Lohr (Lkr. Main-Spessart) hat Abbau angekündigt: Die Business Unit Automatisierung und Elektrifizierung im Industriegebiet Süd ist vom Stellenabbau betroffen.
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 22.09.2024 02:28 Uhr

Bosch Rexroth baut in seinem Bereich Automatisierung und Elektrifizierung (früher Indramat) 240 Stellen bis Ende 2026 ab, die meisten davon am Standort Lohr im Landkreis Main-Spessart. Das Unternehmen informierte die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber am Dienstagnachmittag in der Lohrer Stadthalle. Grund sei die "schwierige Marktlage", wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung erklärt. Eine Erholung des Marktes sei nicht in Sicht.

Schon im vergangenen Jahr hatte Bosch Rexroth über Umsatzrückgänge berichtet und von "Herausforderungen" für 2024 gesprochen, allerdings noch auf eine Stabilisierung im zweiten Halbjahr gesetzt. Das habe sich nicht realisiert, erklärte Unternehmenssprecher Jan Saeger jetzt. 

Mehr als eine Konjunktur-Schwäche: Unternehmen spricht von "strukturellem Rückgang"

Kurzfristige Maßnahmen wie Kurzarbeit seien schon Ende 2023 zum Ausgleich der konjunkturellen Schwäche genutzt worden, so die Mitteilung. Das reicht nun nicht mehr. Man sehe einen "strukturellen Rückgang" und plane, die Personalkosten an das "absehbare Umsatzniveau" anzupassen.

Dies führt bis Ende 2026 zu einem Abbau von rund 240 Stellen in den Bereichen Entwicklung, Verwaltung und Produktion, hauptsächlich am Standort Lohr. Bosch Rexroth hat in Lohr nach Unternehmensangaben zurzeit rund 5300 Mitarbeitende, davon circa 1400 im Bereich Automatisierung und Elektrifizierung.

Ziel sei es, die Arbeitsplätze sozialverträglich abzubauen. "Niemand wird entlassen", präzisiert Jan Saeger, die Stellen würden über die "normale" Fluktuation und einvernehmliche Lösungen reduziert.

Restrukturierung hat 2022 begonnen: "Wunden noch nicht verheilt"

In der Mitarbeiterschaft überzeugt dies nicht alle. Ob man diese Zahl ohne betriebsbedingte Kündigungen erreichen könne, sei nicht sicher. "Das ist die große Frage", sagt auch Betriebsratsvorsitzende Ina Mützel. "Wir kommen aus einer Restrukturierung, die Wunden sind noch nicht verheilt." Freiwillige zu finden, könne deshalb schwierig werden.

2022 war Bosch Rexroth in einen Restrukturierungsprozess seiner Werke in Lohr, Erbach und dem slowenischen Brnik gestartet. Der Transfer von Aufgabenfeldern und Stellen von Lohr in das Werk nach Slowenien ist wohl weitgehend abgeschlossen. Allerdings müssen, sagt ein Insider, die dort montierten Motoren aktuell wieder nach Lohr transportiert werden, um hier lackiert zu werden. Im Werk in Slowenien gebe es keine Möglichkeit dazu.

Der Betriebsrat war nach Angaben von Ina Mützel am Dienstagmorgen um 9 Uhr über die Pläne informiert worden. Die Mitarbeitenden hätten die Einladung ohne weitere Informationen am Montag erhalten. Aufgrund dieser Kurzfristigkeit sei klar gewesen, dass es um größere Einschnitte gehe, sagt ein langjähriger Mitarbeiter.

Betriebsratschefin setzt weniger gestrichene Stellen als Ziel 

Dass es Einschnitte geben würde, sei vorhersehbar gewesen. Der Auftragseingang sei schon seit vergangenem Jahr "grottenschlecht", sagt ein Rexröther. Das nun verkündete Ausmaß des Stellenabbaus habe aber doch viele überrascht. Die Stimmung im Betrieb sei sehr gedämpft.

Wie der Stellenabbau genau umgesetzt wird, muss jetzt ausgehandelt werden. Man werde sich am Mittwoch in der Betriebsratssitzung sortieren, möglicherweise auch externe Unterstützung holen, erklärt Mützel. Auch die Zahl der abzubauenden Stellen ist für die Betriebsratsvorsitzende noch zu diskutieren. "Unser Ansinnen ist, dass es weniger werden."

Hydraulik-Sparte besser im Geschäft: Mitarbeiterwechsel ins Werk I?

In einer der Versammlungen wurde laut Aussage eines Teilnehmers von der Chefetage erklärt, dass man versuchen werde, Mitarbeiter bei passender Qualifikation und Einverständnis in das Werk I von Rexroth in Lohr zu versetzen. Zwar liefen die Geschäfte bei Rexroth derzeit generell nicht gut, in der Hydraulik-Sparte jedoch noch besser als bei der Automation.

Bei Versammlungen in der Lohrer Stadthalle hat Bosch Rexroth die Mitarbeiter über den geplanten Stellenabbau informiert. 
Foto: Liam Schwaiger Leroux | Bei Versammlungen in der Lohrer Stadthalle hat Bosch Rexroth die Mitarbeiter über den geplanten Stellenabbau informiert. 

Generell solle bei der Umsetzung des Abbaus das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit gelten. Demnach muss nicht nur der Arbeitnehmer einem Ausscheiden etwa gegen Zahlung einer Abfindung zustimmen, sondern auch der Arbeitgeber. So soll, so erklärt ein Insider, verhindert werden, dass Mitarbeitende unter Mitnahme einer Abfindung zur Konkurrenz wechseln.

Automatisierungsgeschäft: Hart umkämpfter Markt mit Konkurrenz aus Asien

Langfristig sehe man Chancen im Automatisierungsgeschäft, insbesondere mit der 2019 vorgestellten Plattform ctrlX Automation, heißt es in der Mitteilung von Bosch Rexroth. Insbesondere im Bestandsgeschäft mit älteren Produktgenerationen herrsche ein starker Preiskampf, vor allem mit neuen, schnell wachsenden Anbietern aus Asien. Der Umsatz von Bosch Rexroth im Bereich Automationstechnik sei im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Aufgrund der absehbar anhaltenden Investitionsschwäche und den Lagerbeständen seiner Kunden rechnet das Unternehmen mit einer Verzögerung des Wachstums auch in den kommenden Jahren.

Der Vorstand zeigt sich aber zuversichtlich: "Trotz des schwierigen Marktumfeldes glauben wir an die Zukunft des Automatisierungsmarktes und haben mit unserer Automationsplattform ctrlX Automation ein starkes Portfolio. Wir werden auch in der Zukunft in Produktinnovationen investieren. Zur Finanzierung dieser Zukunftsinvestitionen müssen wir gleichzeitig im Bestandsgeschäft effizienter werden und Kosten einsparen", wird Thomas Fechner, Vorstandsmitglied und verantwortlich für den Geschäftsbereich Fabrikautomation zitiert.

Langfristig investieren - und Personalkosten als ein Hebel

"Genauso wie viele andere Unternehmen in unserer Branche müssen wir unsere Kosten senken. Dafür setzen wir an verschiedenen Hebeln an – dazu gehören effizientere Prozesse, Budgetkürzungen und auch Personalkosten", so Falk Zwicker, kaufmännischer Leiter der betroffenen Business Unit Automation and Electrification Solutions, in der Mitteilung.

Bosch Rexroth habe viel in seinen Bereich Fabrikautomation sowie die Weiterentwicklung des stetig wachsenden ctrlX -Automation-Geschäfts investiert, darunter auch das neue Logistikzentrum mit einem Investitionsvolumen von rund 20 Millionen Euro, das im Süden von Lohr entstanden ist. Man werde das Portfolio weiter ausbauen und die Automatisierungsplattform zum Kerngeschäft der Automationstechnik machen, kündigt das Unternehmen an.

 
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