Die aktuellen Ermittlungen zum Mord an der 13-jährigen Sabine Back im Dezember 1993 laufen auf Hochtouren. Das Mädchen war damals nach zweitägiger Suche in einer Jauchegrube neben dem Pferdestall eines Aussiedlerhofes in Wiesenfeld (Lkr. Main-Spessart) ermordet aufgefunden worden. Der oder die Täter sind bis heute nicht überführt.
Verteidiger: Durchsuchung war rechtswidrig
Der Verteidiger eines Verdächtigen, der auf freiem Fuß ist, geht jetzt gegen die Ermittler vor: Rechtsanwalt Bernhard Zahn aus Aschaffenburg fordert eine Prüfung, ob die Durchsuchung bei seinem Mandanten in Wiesenfeld (Lkr. Main-Spessart) rechtswidrig gewesen ist. Sein Würzburger Kollege Hanjo Schrepfer hatte bereits zuvor gegen die Inhaftierung des zweiten Verdächtigen Beschwerde eingelegt und fordert dessen Freilassung aus der Untersuchungshaft. Beide Anträge muss das Landgericht Würzburg jetzt prüfen.
Zahn hatte als Anwalt eines Verdächtigen bereits im vergangenen Jahr Erfolg in einem sogenannten Cold Case in Aschaffenburg: Auch dort schien es zunächst, als sei der Mörder nach vielen Jahren gefasst. Im Schlossgartenmord an einem jungen Mädchen schien eine Biss-Spur am Körper des Opfers auf Zahns Mandanten hinzuweisen. Doch der Anwalt weckte - wie sich zeigte zu Recht - Zweifel am eindeutigen Beweiswert der Spur. Am Ende stand ein Freispruch.
Im Januar Hof des Verdächtigen durchsucht und Objekte beschlagnahmt
Wird es im Fall Wiesenfeld ähnlich? Sein Mandant – laut Aussage des Anwalts der heutige Eigentümer des Tatort-Hauses – war schon 1993 unter Verdacht geraten, mit dem Tod des Mädchens zu tun zu haben. Beweisbar war dieser Verdacht bisher aber nicht. Warum ihn Sabine am Nachmittag vor ihrer Ermordung besucht hatte und zeitweise offenbar mit dem damals 28-Jährigen allein war, ist bis heute nicht geklärt.
Im Zug der neu aufgeflammten Ermittlungen ist am 20. Januar laut Anwalt der Hof des Verdächtigen durchsucht und von ihm eine DNA-Probe verlangt worden. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zu Details nicht. Zahn zufolge wurde "der gesamte Hof durchsucht", dabei seien "sämtliche Telefone, Notebooks, Tablets und sonstige Datenträger beschlagnahmt" worden. Und, so der Verteidiger: Die DNA-Probe habe keine Übereinstimmung mit DNA-Spuren vom Tatort ergeben.
Verdacht gestützt nur durch Gerüchte?
Der Tatverdacht gegen seinen Mandanten stütze sich 27 Jahre später lediglich auf eine Zeugin, so Zahn. Nach mehreren intensiven Befragungen mit widersprüchlichen Äußerungen "meinte sie sich daran erinnern zu können", dass ihr vor rund 15 Jahren - "in einer geselligen Runde, als wir alle sehr viel Alkohol getrunken hatten" - jemand erzählt habe: Er wisse, dass der damals 28-Jährige der Täter sei. Woher diese Person dies wisse, sei nicht gesagt worden.
"Was wir auf das Schärfste ablehnen, sind die Versuche der Ermittlungsbehörden, über Gerüchte einen nicht bestehenden Tatverdacht herzuleiten", sagt Zahn. Die Gerüchte seien "teils durch Aufrufe und Hausbesuche noch kräftig geschürt" worden. Dabei habe die Würzburger Kriminalpolizei seinen Mandanten längst als Verdächtigen ausgeschlossen gehabt: "Es konnte exakt festgestellt werden, wann unser Mandant an seinem PC gearbeitet und telefoniert hatte und damit dieser als Täter eindeutig ausgeschlossen werden."
Landgericht sah 1994 Lücke im Alibi
Nach Unterlagen, die der Redaktion vorliegen, ist das Alibi des Verdächtigen indes keineswegs so wasserdicht: Im Prozess gegen einen anderen Verdächtigen hatte das Würzburger Landgericht 1994 eine Lücke von etwa einer Viertelstunde festgestellt. Zeit genug, um Sabine zu töten und dann nach Mitternacht in der Jauchegrube zu verstecken, wie das Gericht damals ausdrücklich in seinem Urteil schrieb.
Was die Durchsuchung in diesem Januar betrifft, sieht sich die Staatsanwaltschaft Würzburg auf sicherem Grund: Ein Ermittlungsrichter habe sie vorschriftsmäßig angeordnet, weil "der notwendige Anfangsverdacht vorlag und auch weiterhin vorliegt", sagt Pressesprecher Tobias Knahn. Zu Einzelheiten könne mit Blick auf die andauernden Ermittlungen "keine Angaben gemacht werden".
Das Landgericht äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu, wann es eine Entscheidung zu der Haftbeschwerde treffe. Zu den Vorwürfen wegen der Durchsuchung verwies Sprecher Rainer Volkert, ebenfalls wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens, auf die Staatsanwaltschaft.