
Männern wird nachgesagt, dass sie wichtige Termine vergessen: Geburtstage, Kennenlerntage, Hochzeitstage. Vielleicht ist es nur ein Klischee, vielleicht auch nicht. Der Glasofener Adrian Götzelmann (40 Jahre) wird den oft beschworenen "wichtigsten Tag" in seinem Leben wahrscheinlich nicht vergessen. Denn er hat, gemeinsam mit seiner Frau Sandra Fleischmann (34) gleich mehrmals im Jahr "Hochzeitstag".
Die beiden führen regelmäßig den historischen Hochzeitszug der Grafschaftstrachtengruppe "Die Glasf'lder" an (siehe Infokasten). Mittlerweile sind die beiden auch "richtig" verheiratet. Am 22. Januar 2021 gaben sich der Qualitätstechniker und seine Frau, die im Marketing eines Onlineversandhändlers arbeitet, das Ja-Wort vor dem Standesbeamten im Marktheidenfelder Franck-Haus. Das war auf den Tag genau 16 Jahre nachdem sie ein Paar wurden.
Als "Hochzeitspaar" auf dem Münchner Oktoberfest
Das "Hochzeitspaar" in historischer Tracht mimen sie bereits seit über zehn Jahren gemeinsam, erstmals auf dem Münchner Oktoberfest 2011. Götzelmann erinnert sich: "Ich musste den ganzen Festzug lang einen Regenschirm halten. Nach vier Kilometern tat mir der Arm weh."

Ist es allerdings heiß und der Umzug überwiegend in der prallen Sonne, kann es ebenfalls sehr anstrengend werden. Denn Mieder, Röcke, Hosen und Kittel sind vor allem aus dunklen Stoffen geschneidert. "Wichtig ist, dass die Kleidung sitzt", so Götzelmann, der seit zwei Jahren die Trachtengruppe leitet. Seine Frau ergänzt: "Dann ist sie auch bequem." Nach und nach haben sich die beiden deshalb persönliche Stücke schneidern lassen.
Von Brautführer und -jungfer zum "Hochzeitspaar"
Bevor Fleischmann und Götzelmann zum "Hochzeitspaar" aufstiegen, trugen sie die Tracht eines Brautführers und einer Brautjungfer. Als "Hochzeitspaar" hatten sie schon Auftritte auf dem Kiliani-Volksfest in Würzburg, den Canstatter Wasen (Stuttgart) und in Saint-Malo (Frankreich).
Das Paar findet, dass die Feste, auf denen sie auftreten, gar nicht groß sein müssen. Vor allem die Festbesuche in Tracht in der näheren Umgebung – egal ob in der Heimatstadt Marktheidenfeld, in Bad Mergentheim, Miltenberg oder Wertheim – finden die beiden immer wieder schön.

Anfang Juli nahmen "Die Glasf'lder" am "Tag der Franken" in Aschaffenburg teil. Dort wurde das Paar des Öfteren gefragt, ob sie tatsächlich an diesem Tag heiraten würden. Das sei ihnen zuvor noch nie passiert, wundern sie sich. Vielleicht hat das Publikum gespürt, dass die beiden frisch vermählt sind. "Es ist authentischer, wenn man tatsächlich ein Paar ist. Dann gibt man sich auch mal einen Kuss oder hält Händchen", so Adrian Götzelmann.
Publikum freut sich über Festtrachten
Die eigene Hochzeit empfand er als etwas ganz Besonderes. Schade finden die beiden, dass sie coronabedingt nur im kleinen Kreis heiraten konnten. Ob es noch eine kirchliche Trauung geben wird, steht noch nicht fest. Wenn ja, dann auf jeden Fall in Tracht, mit der Flitterkrone aus dem 19. Jahrhundert, die in Adrian Götzelmanns Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Schon als Bub gehörte Adrian Götzelmann zur Kindertrachtengruppe, die 1987 gegründet wurde. Wie er dazu kam, kann er heute gar nicht mehr sagen: "Ich bin da einfach hin, so wie die anderen Kinder aus dem Ort auch." Als Jugendlicher hatte er dann andere Interessen.
Grafschaftstrachtengruppe fördert die Gemeinschaft
Später schätzte er die Gemeinschaft, die die Trachtengruppe mit sich bringt, wieder. Und auch seine Freundin Sandra Fleischmann, die aus Wüstenzell (Lkr. Würzburg) stammt, nahm er mit zu den Tanzproben. "Es macht mir Spaß und ich habe mich schnell aufgenommen gefühlt", sagt sie. "Seit ich mit ihr zusammen bin, gehe ich auch wieder gerne und regelmäßig hin," so Götzelmann.
Er hofft, dass sich auch andere Tanzbegeisterte finden, die zur wöchentlichen Probe am Dienstag um 20.30 Uhr in das Glasofener Bürgerhaus kommen. Gerne gesehen sind auch Neulinge. Sie müssen nicht in dem Ort wohnen. Auch für die Kindertanzgruppe, die dienstags um 18 Uhr übt, werden noch Nachwuchstänzerinnen und -tänzer gesucht.