
Bagger, Traktoren und Laster mit Geröll und Erdreich fahren steile Abhänge hinauf und hinunter. "Sichersdorfer Berg" heißt das Neubaugebiet der Stadt Arnstein mit 93 Bauplätzen, das gerade im Entstehen ist. Ein passender Name für die Hangfläche, die oben in ein recht flaches Plateau mündet. Von dort aus führt der Blick hinunter in das Werntal mit seinen Hügeln und Waldstücken. "Das Baugebiet ist so groß wie 17 Fußballfelder. Nach unserem Kenntnisstand ist es momentan das größte Neubaugebiet in Unterfranken, das in der Entstehung ist", sagt Fabian Helmerich, geschäftsführender Beamter der Stadt Arnstein.
Das Bauunternehmen Glöckle aus Schweinfurt arbeite sich derzeit vom Plateau im Norden den Hang hinunter nach Süden. In den ersten Bauabschnitten sollen die Grundstücke schon im Herbst 2024 bebaubar sein, der komplette Tiefbau soll Mitte 2025 abgeschlossen sein.
Wie läuft der Verkauf von Grundstücken ab?
Der Verkauf ist erst ab November oder Dezember 2023 möglich. "Man kann sich aber jetzt schon mit der Stadt Arnstein in Verbindung setzen und Interessensbekundungen und Reservierungen hinterlegen", sagt Helmerich. Kürzlich lagen der Stadt bereits 35 Reservierungsanfragen vor. Die Vergabe funktioniert nach dem Windhundprinzip.
"Der Stadtrat hat sich bewusst dafür entschieden, bei Einfamilienhausgrundstücken das Windhundprinzip anzuwenden, schon allein qua der Masse, die man hat. Man ist bewusst froh um jeden, der sagt, ich möchte nach Arnstein bauen", sagt Helmerich. Für Grundstücke, auf denen Mehrgeschossbau möglich ist, müsse eine kurze Bewerbung bei der Stadt abgegeben werden. Die Grundstücksgrößen liegen zwischen 400 und 800 Quadratmetern. Auf der Website zum Neubaugebiet, neubaugebiet-arnstein.de, kann man sich schon ein erstes Bild von den Grundstücken und der Lage machen.
Gehen Bauwillige mit dem Kauf eine Bauverpflichtung ein?
Ja, die Bauverpflichtung gibt es – und zwar innerhalb von fünf Jahren plus einem optionalen Jahr. Die Verpflichtung gelte aber erst ab dem Zeitpunkt, wenn das Baugrundstück fertiggestellt ist und nicht ab dem Kaufdatum. Das optionale Jahr werde die Stadt mit einer Begründung der Bauwilligen großzügig geben, erklärt Helmerich. Danach müsse der geschlossene Rohbau stehen.

In der momentanen Lage sei der ein oder andere verunsichert: "Seien es die Zinsen, sei es die ganze Thematik Heizen und Heizungsgesetz. Gibt es eine Förderung oder gibt es keine? Da wollen wir auch die Angst nehmen", sagt Helmerich.
Wie geht die Stadt mit dem Rückgang des Baugeschäfts um?
Der Stadtrat habe sich bewusst dazu entschieden, das komplette Gebiet zu erschließen, Hang und Plateau. Der Bebauungsplan stamme von Anfang der 2000er Jahre, nun werde das Projekt abgeschlossen. "Sicherlich, das kostet die Stadt viel Geld. Auf der anderen Seite muss man sagen, die Einkommenssteuer ist für uns die Tragsäule im Haushalt. Da möchte man nachverdichten", sagt Helmerich.
In der aktuellen Phase müsse man das Bauinteresse erst einmal wieder locken, weiß Helmerich. Bis alle Baugrundstücke verkauft sind, werde es seiner Einschätzung nach drei bis vier Jahre dauern. "Wir werden auch wieder Jahre und Zeiten erleben, in denen das Bauen wieder weitergeht. Wir sehen das hier auch als ein langfristiges Projekt."
Welches finanzielle Risiko geht die Stadt ein?
Auf jedem Bauplatz gelte ein einheitlicher Quadratmeterpreis von 280 Euro. Das sei der Vollkostenpreis, Herstellungs- und Erschließungsbeiträge kämen nicht mehr dazu. Auf sieben bis acht Grundstücken sei Mehrgeschossbau möglich; da liege der Quadratmeterpreis bei 292 Euro. "Das ist die Summe, die wir 2021 und 2022 kalkuliert haben", sagt Helmerich.

Mit diesem Preis schreibe die Stadt aufgrund von gestiegenen Baukosten rote Zahlen, habe aber aus Sorge vor einem Nachfragerückgang nicht erhöht. Über die Höhe möglicher Verluste für die Stadt konnte sich Helmerich derzeit noch nicht äußern. Etwa 20 Millionen Euro fließen in die Erschließung der Bauplätze, so Helmerich. Zunächst entstünden der Stadt keine Kosten, weil die Bayerngrund Grundstücksbeschaffungs- und Erschließungs-GmbH die Finanzierung als Treuhänderin und Bauherrin übernimmt. Ab 2026 müsse die Stadt Arnstein die nicht verkauften Bauplätze zurückerwerben.
Welche Bauformen sind nach Bebauungsplan möglich? Nur das freistehende Einfamilienhaus?
"Die privaten Anfragen sind eingebrochen. Wir sind nicht mehr in dem Markt wie 2021. Was wir erleben, ist, dass Bauunternehmen bei uns Grundstücke für den Schlüsselfertigbau einkaufen", sagt Helmerich. So könnten Bauwillige finanziell planen. Von den 35 reservierten Grundstücken gingen 20 an Baufirmen, 15 an Privatpersonen.
Bei den Einfamilienhaus-Grundstücken seien Doppelhaushälften und Reihenhäuser denkbar; dafür gebe es auch bereits Interessenten. Dabei versuche die Stadt Arnstein darauf zu achten, dass die Flächen keine Spekulationsobjekte werden. Momentan seien die interessierten Baufirmen alle aus der Region.

Und die Idee, auf mehr Grundstücken die Mehrgeschossbauweise im Sinne von weniger Flächenversiegelung zu erlauben? "Das hätten wir uns auch gern gewünscht, aber das gibt der Bebauungsplan nicht her. Da sind uns die Hände gebunden. Wenn wir den Bebauungsplan geändert hätten, hätten wir das ganze Bauleitverfahren noch einmal neu aufrollen müssen", sagt Helmerich.
Wie sieht es im Ort beim Thema Leerstand aus?
Im Bereich Leerstandsmanagement habe die Stadt Erhebungen gemacht. Eine Rückmeldung sei gewesen, dass im Bereich seniorengerechtes Wohnen Nachfrage bestünde, wenn beispielsweise ältere Personen alleine in einem großen Haus wohnen. Ambulante oder stationäre Pflege werde die Stadt im Neubaugebiet aber nicht selbst in die Hand nehmen. "Wir versuchen das natürlich schmackhaft zu machen für den ein oder anderen Pflegedienst", sagt Helmerich. Ansonsten reguliere sich der Leerstand selbst – was privat angeboten werde, werde privat auch wieder gekauft.
Der Bebauungsplan ist schon älter – wird das Baugebiet nach modernen Vorstellungen gestaltet?
"Wir haben ein Baugebiet mit sehr vielen Grüninseln realisiert. Durch das komplette Baugebiet läuft eine grüne Lunge mit einem zentralen Fußweg", sagt Christian Dehmer vom Planungsbüro Köhl aus Würzburg. Dehmer ist Projektleiter des Tiefbaus im Neubaugebiet. "Die Fläche haben wir genutzt; nicht nur, um einfach ein Haus nach dem anderen hinzustellen, sondern mit Aufenthaltsqualität", sagt er. Vom zentralen Fußweg könne man auch immer wieder nach Osten zu den Terrassen laufen, die aus dem Abraum des Tiefbaus entstehen sollen.
Zur Regenrückhaltung gebe es einen offenen Graben in der "grünen Lunge" und zwei große Rückhaltebecken. Im Kanalbau entsteht derzeit ein Trennsystem aus Regenwasserkanal und Schmutzwasserkanal, ab Frühjahr 2024 sollen dann auch die Straßen gebaut sowie die Leitungen, mitunter für Glasfaser, verlegt werden. Im Anschluss werde ein Spielplatz und weitere Begrünung angelegt. Auch Eidechsen seien abgelesen worden und dürften nun weiter in dem Gebiet leben: "Wir haben entsprechend in den Grünanlagen mit Steinen und altem Gehölz Ausweichquartiere geschaffen", sagt Dehmer.