Strom vor allem von Offshore-Windkraftanlagen im Norden in den Süden zu transportieren sollen die künftigen Gleichstromtrassen DC41, DC42 und DC42+. Sie verlaufen auch durch den Landkreis Main-Spessart. Zu den auch als NordWest- und SuedWestLink(+) bekannten Projekten informierte Chris Göpfert, Bürgerreferent bei TransnetBW, im Ausschuss für Landkreisentwicklung. Viel Neues erfuhren die Räte dabei nicht.
Die Gleichstromverbindungen sind sehr lange Leitungen von Endpunkt zu Endpunkt ohne Auskoppelung dazwischen. Sie werden ein "Bypass" zum vorhandenen Hochspannungs-Drehstromnetz sein, es entlasten und damit die Abregelung der Windkraft- und Solaranlagen wegen Netzüberlastung verhindern. Rund 600 Kilometer wird DC41 zwischen Alfstedt (Niedersachsen) und Obrigheim (Baden-Württemberg) lang sein, rund 730 Kilometer DC42 von Büchen (Schleswig-Holstein) nach Böblingen (Baden-Württemberg), DC42+ zwischen Büchen und Trennfeld im Landkreis Main-Spessart mit 670 Kilometer etwas kürzer.
Alle zehn Kilometer ein Schaltschrank
Diese Leitungen werden mindestens 1,3 Meter unter der Erde verlegt. Jede besteht aus drei je zwölf Zentimeter dicken Kabeln, eines davon ist als metallischer Rückleiter Reserve. Je zwei Gigawatt Übertragungsleistung entsprechen grob der Leistung von zwei Atomkraftwerken. 73 Meter wird der Arbeitsstreifen breit sein, 38 Meter der bleibende Schutzstreifen. Etwa alle zehn Kilometer wird eine "Linkbox" aus der Erde ragen, die wie ein Telekom-Schaltschrank aussieht. Große Kabelabschnittstationen, sie sehen wie Umspannwerke aus, sind ist alle 150 km nötig, in ganz Bayern wird es nur eine sein. Der Vorteil der Gleichstromtechnik sind laut Chris Göpfert die geringen Verluste von einem Prozent je Konverter und 0,5 Prozent je 100 Kilometer Leitungslänge. Das summiere bei zwei Gigawatt trotzdem auf die Anschlussleistung einer Stadt (Größenordnung 100 Megawatt).
Karlstadter Vorschlag wird geprüft
Die drei Leitungen werden im Landkreis Main-Spessart direkt nebeneinander verlegt, einen Trassenvorschlag legte TransnetBW im Februar vor. Seither gab es neun Gespräche mit Bürgermeistern und zwei Infomärkte mit 250 Besuchern und 21 Hinweisen. Beim Infomarkt in Karlstadt machten Bürger und Landwirte einen Vorschlag für einen alternativen Verlauf weniger dicht an Rohrbach und Aussiedlerhöfen vorbei. Der wird jetzt geprüft, er ist sechs Kilometer kürzer und die nötige Unterquerung der ICE-Bahnstrecke wäre leichter zu bauen.
Der weitere Zeitplan sieht das den Antrag Planfeststellungsverfahren bis Ende 2024 vor und letztlich eine Inbetriebnahme bis 2037.
Offen ist, wo die Trassen den Main queren werden. Entweder wird das zwischen Gambach und dem Umspannwerk der Bahn sein. Oder südlich von bestehenden Gewerbegebieten in Karlstadt und Laudenbach. Noch nicht sicher ist laut Chris Göpfert auch, ob DC42+ alleine als Stich nach Trennfurt gelegt wird, was bisher als Favorit galt, oder alle drei Trassen verschwenkt werden.
Generell solle die Trasse der Gleichstromleitung der Fulda-Main-Leitung folgen, 40 Meter neben dem Schutzstreifen der Freileitung. In Taleinschnitten wie bei Michelau sei das wirtschaftlich aber nicht machbar.
"Schaler Beigeschmack" beim Sachgebietsleiter
Um die Fulda-Main-Leitung ging es auch bei Informationen aus der Landkreisentwicklung. Nach dem Wasserschutzgebiet Römershag bei Bad Kissingen, was 2023 zu einer Umplanung der Trasse durch den Landkreis führte, habe Tennet nun "zwei rosa Kaninchen aus dem Hut gezaubert", so Sachgebietsleiter Sebastian Kühl: Die Waldquerungslänge wurde korrigiert und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz soll novelliert werden. Das verstärke den "schalen Beigeschmack des Verfahrens" noch.
Landrätin Sabine Sitter kritisierte: "Man redet viel, kann aber nichts ändern. Was unterm Strich rauskommt, weiß ich nicht." Ein Mitarbeiter der Bundesnetzagentur zudem bemerkt, es seien "alles nur Vorschläge".