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Eußenheim
Mails löschen, WhatsApp und QR-Codes: Eußenheimer Mittelschüler helfen Senioren mit dem Smartphone
In Eußenheim lernen Senioren und Seniorinnen, ihr Smartphone zu bedienen. Ihre Lehrer sind die Schüler der Mittelschule. Welche Probleme hatten die Kursteilnehmer?
Max Appelmann (rechts) erklärt Peter Keller das Smartphone: Die Mittelschule Eußenheim hat Hilfe für Erwachsene angeboten.
Foto: Greta Nagel | Max Appelmann (rechts) erklärt Peter Keller das Smartphone: Die Mittelschule Eußenheim hat Hilfe für Erwachsene angeboten.
Greta Nagel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:29 Uhr

"Quillt der Papierkorb denn nicht über, wenn ich zu viel lösche?", fragt eine Seniorin hilflos. Die 15-Jährige Loredana Hetze beruhigt lächelnd: "Nein, da müssen sie sich keine Sorgen machen." Bei Kaffee und Kuchen erklären elf Schüler und Schülerinnen der neunten Klasse der Mittelschule Eußenheim 20 Senioren und Seniorinnen ehrenamtlich Smartphone, Tablet und Laptop.

Die Erwachsenen haben neben ihren Geräten auch ausgedruckte QR-Codes, Bons mit Codes zum Aufladen ihres Telefonguthabens oder Zugangsdaten für Apps mitgebracht. Die meisten von ihnen sind außerdem mit Stift und Papier gewappnet, um sich alle Tipps der Jugendlichen genau notieren zu können. Im Klassenzimmer herrscht höchste Konzentration.

Organsiert wurde die Smartphone-Hilfe von der Freiwilligenagentur EMiL des Landratsamts Main-Spessart und von Johannes Kriegel, Lehrer an der Mittelschule und Leiter der "Digital-AG".

Bevor die Senioren und Seniorinnen eintrudeln, zeigt sich der Neuntklässler Colin Höhnl aufgeregt: "Die Spannung steigt. Aber wir sind ein eingespieltes Team. Die meisten in der Digital-AG sind seit der siebten Klasse dabei. Ich hoffe deshalb, dass wir alle Fragen verstehen und beantworten können." Normalerweise betreue die Arbeitsgruppe den Instagram-Account der Schule und kümmere sich um die technische Betreuung der Geräte in der Schule, so Kriegel. Die Veranstaltung ist auch für ihn eine Premiere. Vor vier Jahren fand die Smartphone-Hilfe zwar schon einmal statt, damals wurde sie aber durch eine andere Lehrkraft betreut. 

Eigentlich wollte die 85-Jährige Karla Ries nie ein Smartphone haben

Colins Sorge, er und seine Mitschüler und Mitschülerinnen würden die Fragen nicht beantworten können, ist nach der Begrüßung durch Susanne Reuber und Heidi Roth von der Freiwilligenagentur EMiL verflogen. Während dieser taucht schon das erste Problem einer Teilnehmerin auf. Ihr Handy klingelt mehrfach laut. "Wie kann ich den Ton ausschalten", fragt sie hilfesuchend.

Während des Nachmittags kommen weitere Fragen auf, die von den Jugendlichen beantwortet werden. Wie schreibe ich eine SMS? Wie lösche ich eine Nachricht oder antworte auf E-Mails? Auch der Messenger-Dienst WhatsApp bereitet einigen Probleme. "Es sind eigentlich selbstverständliche Dinge, aber ich weiß trotzdem nicht, wie es funktioniert", so die 85-Jährige Karla Ries. Ihre Kinder wohnen 400 Kilometer weit weg, deshalb würden sie ihr nur selten bei Fragen rund um ihr Smartphone helfen können, erzählt sie. Eigentlich wollte Ries nie ein Smartphone haben, aber ohne bekäme sie wenig von ihren Kindern und Enkelkindern mit. Gerne würde die Rentnerin die Fotos und Videos, die sie erhält weiter an Freudinnen leiten können und auch selbst welche verschicken. Nach heute wisse sie, wie das geht, sagt sie strahlend. "Es ist toll, dass alle so schön helfen!"

Ärger darüber mit der Digitalisierung allein gelassen worden zu sein

Gerlinde Stumpf weiß zwar, wie man Bilder und Videos verschickt, aber der Unterschied zwischen einem WhatsApp-Profilbild und einem WhatsApp-Status ist ihr nicht klar. Das zu beantworten, fällt Ben Kunitzty leicht. Die beiden nehmen kurzerhand ein eigenes Bild auf und posten es in Stumpfs Status.

Ben Kunitzty (links) erklärt Gerlinde Stumpf den Unterschied zwischen WhatsApp-Profilbild und WhatsApp-Status bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen. 
Foto: Greta Nagl | Ben Kunitzty (links) erklärt Gerlinde Stumpf den Unterschied zwischen WhatsApp-Profilbild und WhatsApp-Status bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen. 

Genauso wie Ries Kinder leben auch die von Peter Keller weiter weg. Der 85-Jährige findet es deshalb gut, dass die Eußenheimer die Smartphone-Hilfe anbieten. Er ist extra aus Zellingen hergefahren. Eine ganze Mappe mit ausgedruckten Codes hat Keller dabei. Er ärgere sich, dass oft vorausgesetzt würde, man könne ohne Probleme mit der Digitalisierung umgehen. Aber wenn er es nie gezeigt bekäme, woher solle er es dann wissen. Deshalb zeigt Max Appelmann ihm geduldig, wie man einen QR-Code scannt und gibt Antworten auf weitere Fragen des 85-Jährigen. 

Smartphone-Hilfe soll in Zukunft noch häufiger angeboten werden

So wie Keller geht es vielen der Senioren und Seniorinnen, die zur Smartphone-Hilfe nach Eußenheim gekommen sind. Nach fast zwei Stunden rauchen die Köpfe aller. "Ich habe so viel Neues gelernt", sagt Stumpf. Heidi Roth plant die Smartphone-Hilfe auch in Zukunft in Kooperation mit weiteren Schulen oder Vereinen durchzuführen. Nicht nur den Älteren vor Ort hat das Projekt genützt, auch für die Jugendlichen war es ein erfolgreicher Nachmittag. "Wenn ich meine Hilfe anbieten kann, helfe ich gerne", so die Neuntklässlerin Leonie Göbel. "Ich gehe als glücklicher Mensch nach Hause", verabschiedet sich eine Seniorin. "Jetzt heißt es das Gelernte zu üben", sagt ein Anderer.

 
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Kommentare
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  • M. F.
    Tolle Aktion!
    Herzlichen Glückwunsch!!!
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