Der Lohrer Stadtrat und die Spitze der Stadtverwaltung haben sich bei einem nichtöffentlichen Workshop auf das städtische Investitionsprogramm für die kommenden Jahre verständigt. Kritik daran, dass sich der Stadtrat zur Beratung eines für die Lohrer Öffentlichkeit derart wichtigen Themas hinter verschlossene Türen zurückzieht, wiesen Bürgermeister Mario Paul ebenso wie Vertreter einzelner Fraktionen im Nachgang bei einem Pressegespräch zurück.
Bei der zweitägigen Klausurtagung im Lohrer Gründerzentrum war es aber nicht nur um das städtische Investitionsprogramm gegangen. Einen Nachmittag lang standen auch die Atmosphäre im Gremium sowie die Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Verwaltung im Mittelpunkt. Deswegen waren neben den Ratsmitgliedern auch die Amtsleiter und die Leiter der Eigenbetriebe Stadtwerke und Stadthalle mit von der Partie.
Im Nachgang sprachen Paul, der geschäftsführende Beamte Dieter Daus sowie Brigitte Riedmann (Freie Wähler), Ruth Steger (SPD) und Wolfgang Weis (Grüne) als Vertreter ihrer Fraktionen gegenüber der Presse davon, dass die Klausur von den Beteiligten als positiv und der ungezwungene Austausch als hilfreich bewertet worden sei.
Wolfgang Weis: Treffen war ein "Zeichen für die Zukunft"
Paul sprach davon, dass es "fair, aber durchaus auch konstruktiv-kritisch" zugegangen sei. Man habe Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit im Gremium aufgearbeitet und sich über die künftige Zusammenarbeit unterhalten. Im Ergebnis wolle man versuchen, sich vermehrt mit gegenseitigem Respekt und Wohlwollen zu begegnen. In der Sache solle jedoch auch weiterhin "hart und mit unterschiedlichen Positionen" gerungen werden, so der Bürgermeister.
Ruth Steger sprach von einer "sehr vertrauensvollen Atmosphäre", die bei dem Treffen geherrscht habe. Wolfgang Weis erklärte, es habe "jeder seine Meinung sagen können", wobei es auch ohne Moderation "keine Eskalation" gegeben habe. Das Treffen habe "für die Zukunft Zeichen gesetzt", so Weis. Riedmann und Paul sprachen davon, dass man es jährlich wiederholen könne. Dieter Daus sagte, dass Stadtrat und Verwaltung durch das Treffen "näher zueinandergefunden" hätten, wobei man sich gegenseitige Kritik angehört habe.
Hohe Arbeitsbelastung für alle im Rathaus
Grundsätzlich, das betonten die Beteiligten, sei die Atmosphäre im Stadtrat gar nicht so schlecht. Brigitte Riedmann, die Dienstälteste im Gremium, sagte, früher schon ganz andere Auseinandersetzungen erlebt zu haben. So gesehen sei die vonseiten des Stadtrats ebenso wie von der Verwaltung gewünschte Klausur auch ein präventiver Akt gewesen. "Es muss nicht immer erst die Hütte brennen", so Wolfgang Weis.
Paul begründete die Notwendigkeit eines solchen Treffens auch damit, dass die Arbeitsfülle für alle im Rathaus seit Beginn der Wahlperiode vor drei Jahren aufgrund von Pandemie, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Kriegsfolgen und Geldnot enorm gewesen sei. Es sei gut gewesen, sich nun die Zeit zu nehmen, um sich im Austausch um ein stärkeres gegenseitiges Verständnis zu bemühen. Ruth Steger nannte schließlich noch als eines der bei der Klausur besprochenen Ziele, dass man sich künftig nach Sitzungen – wie bis vor etlichen Jahren üblich – auch mal wieder in einem Wirtshaus zusammensetzen wolle.
Im Gegensatz zu einem solchen Treffen im Wirtshaus bietet die Klausursitzung des Stadtrats durchaus Ansatz zur Kritik. Denn die Bayerische Gemeindeordnung schreibt vor, dass Stadt- und Gemeinderäte bis auf ganz wenige Ausnahmen, die auf den Aspekt des Investitionsprogramms gewiss nicht zutreffen, grundsätzlich öffentlich zu tagen haben. Die Vorgabe dient dem Zweck, Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen zu stärken.
Ergebnisse der Klausur sollen noch in öffentlicher Sitzung beraten werden
Bürgermeister Paul verwies dazu darauf, dass bei der Klausur keine Beschlüsse gefasst worden seien. Aus diesem Grund ist das Format formal tatsächlich nicht zu beanstanden.
Brigitte Riedmann sprach davon, dass bei der Klausursitzung auch solche Ratsmitglieder "den Mund aufgemacht" hätten, die sich in öffentlichen Stadtratssitzungen eher selten zu Wort meldeten. Das führte sie darauf zurück, dass niemand Angst hätte haben müssen, "in der Presse zitiert zu werden" oder durch gewisse Aussagen "seine Klientel zu verstören". Paul sprach davon, dass Politik zwar grundsätzlich öffentlich stattfinden müsse. Die politischen Akteure müssten sich jedoch auch mal auf einen Holzweg begeben oder eine "Schnapsidee" äußern können, ohne damit gleich in der Öffentlichkeit zu stehen. Das sei bei einer solch nichtöffentlichen Sitzung möglich.
Die Öffentlichkeit werde nun im Nachgang einbezogen, so Paul. Dazu werde man die bei der Klausur besprochenen Weichenstellungen für das städtische Investitionsprogramm der kommenden Jahre in öffentlicher Stadtratssitzung beraten und offiziell beschließen. Künftig, so nannte Paul ein weiteres Ergebnis der Klausurtagung, wolle das Rathaus "mehr Öffentlichkeit wagen". Die Lohrer Öffentlichkeit solle sich überraschen lassen.
Für unsere Bundesregierung gilt doch auch das selbe oder?
Zudem darf schon mal die Frage erlaubt sein, ob die CSU auch im Stadtrat vertreten ist oder ob man diese Fraktion schon bewusst in den Berichten weg lässt, damit die Parteianhänger unserer Bundesregierung besser zur Geltung kommen?
Für den Gemeinderat gilt gesetzlich eben etwas anderes, nämlich der Grundsatz der Öffentlichkeit. Ähnlich wie etwa auch der Bundestag oder die Landtage. Daher ist es beim Gemeinderat schon ein Problem,m mit Klausurtagungen, weil man hier den Grundsatz der Öffentlichkeit von Sitzungen umgeht
Es ist erstens keine Sitzung die in der Regel einen öffentlichen und nichtöffentlichen Teil hat, sondern zweitens eine Klausurtagung in der man in "Klausur" Sachen/Maßnahmen überlegt, die man umsetzen möchte.
Da hat die Öffentlichkeit nichts zu suchen!
Es ist von der Bayerischen Gemeindeordnung klar geregelt was öffentlich und nichtöffentlich ist!
Und wenn es nichtöffentlich ist, geht es erst mal niemanden etwas an, auch nicht bzw. erst recht nicht die Presse!
Das hat nichts mit Hinterzimmer zu tun und ist schon dreimal nicht undemokratisch!
Es ist Kommunalrecht!
Oh doch, das ist wahr. So schreibt zum Beispiel der für Bayern maßgebliche Gesetzeskommentar von Widtmann/Grasser/Glaser zum Sitzungszwang (Art. 47 GO, Rn. 5):
"Auch im Hinblick auf die der Abstimmung notwendig vorausgehende Beratung ist die Abhaltung von Sitzungen unabdingbare und unverzichtbare Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beschlüsse des Gemeinderats."
D.h., der Sitzungszwang der Gemeindeordnung in Art. 47 GO bezieht sich nicht nur auf Abstimmungen, sondern auch auf die der Abstimmung vorausgehende Beratung. Und eben für diese zwingend abzuhaltenden Sitzungen des Gemeinderats verlangt Art. 52 GO die Öffentlichkeit. Vertrauliche Klausurtagungen sieht die Gemeindeordnung schlicht nicht vor, aus gutem Grund.
die CSU ist im Lohrer Stadtrat mit sieben Sitzen vertreten. Beim Pressegespräch waren nur Vertreter der im Artikel genannten Fraktionen anwesend. Die Einladung erfolgte durch die Stadt, die Redaktion hat hier keine Auswahl getroffen.
Herzliche Grüße aus der Redaktion Main-Spessart,
Carolin Schulte
oder haben die CSUler die Einladung nicht wahrgenommen?
Hier sollte sich dringend die Kommunalaufsicht des Landratsamts Main-Spessart einschalten.
Die Argumente von Herrn Paul und Frau Riedmann gehen völlig ins Leere. Die Gemeindeordnung Bayerns sieht auch dann die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen vor, wenn darin keine Beschlüsse gefasst werden. Alles andere wäre ja auch ein Witz, wie der Fall hier zeigt (Kontroverses geheim vorberaten, dann öffentlich abnicken...)
Dass sich einige Ratsmitglieder in öffentlichen Sitzungen nicht trauen, den Mund auf zu machen, kann ja wohl kein Argument für den Ausschluss der Öffentlichkeit sein. Dann sollen sie sich halt nicht zur Wahl stellen, die (mit Verlaub) Lötpfeifen!
Eine kommunalpolitische Farce, was da in Lohr gemacht wird.
Bürgermeister Paul verwies dazu darauf, dass bei der Klausur keine Beschlüsse gefasst worden seien. "
Wo ist das Problem? Wollen sie in jeden Workshop rein?
Mir ist wichtig, dass demokratische Prozesse weiterhin öffentlich stattfinden, so wie es das Gesetz und unsere Verfassung vorsehen. Und nicht im Hinterzimmer. Denn wenn man nicht mehr weiß, welcher Funktionär für was steht, dann machen Wahlen keinen Sinn mehr und dann funktioniert auch die demokratische Kontrolle nicht mehr. Das ist das Problem.