zurück
Lohr
Lohrer Stadtrat diskutiert Investitionen bis ins Jahr 2027 – hinter verschlossenen Türen
Sitzungen des Lohrer Stadtrats finden üblicherweise öffentlich im großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Doch nun traf sich das Gremium für zwei Tage zu einer Klausur, um hinter verschlossener Tür über das Investitionsprogramm der kommenden Jahre zu sprechen. Kritik an dem Format weisen die Verantwortlichen zurück. Das Bild zeigt die Eingangstüre zum großen Sitzungssaal des Rathauses. (Symbolbild)
Foto: Johannes Ungemach | Sitzungen des Lohrer Stadtrats finden üblicherweise öffentlich im großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Doch nun traf sich das Gremium für zwei Tage zu einer Klausur, um hinter verschlossener Tür über das ...
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:51 Uhr

Der Lohrer Stadtrat und die Spitze der Stadtverwaltung haben sich bei einem nichtöffentlichen Workshop auf das städtische Investitionsprogramm für die kommenden Jahre verständigt. Kritik daran, dass sich der Stadtrat zur Beratung eines für die Lohrer Öffentlichkeit derart wichtigen Themas hinter verschlossene Türen zurückzieht, wiesen Bürgermeister Mario Paul ebenso wie Vertreter einzelner Fraktionen im Nachgang bei einem Pressegespräch zurück.

Bei der zweitägigen Klausurtagung im Lohrer Gründerzentrum war es aber nicht nur um das städtische Investitionsprogramm gegangen. Einen Nachmittag lang standen auch die Atmosphäre im Gremium sowie die Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Verwaltung im Mittelpunkt. Deswegen waren neben den Ratsmitgliedern auch die Amtsleiter und die Leiter der Eigenbetriebe Stadtwerke und Stadthalle mit von der Partie.

Im Nachgang sprachen Paul, der geschäftsführende Beamte Dieter Daus sowie Brigitte Riedmann (Freie Wähler), Ruth Steger (SPD) und Wolfgang Weis (Grüne) als Vertreter ihrer Fraktionen gegenüber der Presse davon, dass die Klausur von den Beteiligten als positiv und der ungezwungene Austausch als hilfreich bewertet worden sei.

Wolfgang Weis: Treffen war ein "Zeichen für die Zukunft"

Paul sprach davon, dass es "fair, aber durchaus auch konstruktiv-kritisch" zugegangen sei. Man habe Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit im Gremium aufgearbeitet und sich über die künftige Zusammenarbeit unterhalten. Im Ergebnis wolle man versuchen, sich vermehrt mit gegenseitigem Respekt und Wohlwollen zu begegnen. In der Sache solle jedoch auch weiterhin "hart und mit unterschiedlichen Positionen" gerungen werden, so der Bürgermeister.

Ruth Steger sprach von einer "sehr vertrauensvollen Atmosphäre", die bei dem Treffen geherrscht habe. Wolfgang Weis erklärte, es habe "jeder seine Meinung sagen können", wobei es auch ohne Moderation "keine Eskalation" gegeben habe. Das Treffen habe "für die Zukunft Zeichen gesetzt", so Weis. Riedmann und Paul sprachen davon, dass man es jährlich wiederholen könne. Dieter Daus sagte, dass Stadtrat und Verwaltung durch das Treffen "näher zueinandergefunden" hätten, wobei man sich gegenseitige Kritik angehört habe.

Hohe Arbeitsbelastung für alle im Rathaus

Grundsätzlich, das betonten die Beteiligten, sei die Atmosphäre im Stadtrat gar nicht so schlecht. Brigitte Riedmann, die Dienstälteste im Gremium, sagte, früher schon ganz andere Auseinandersetzungen erlebt zu haben. So gesehen sei die vonseiten des Stadtrats ebenso wie von der Verwaltung gewünschte Klausur auch ein präventiver Akt gewesen. "Es muss nicht immer erst die Hütte brennen", so Wolfgang Weis.

Paul begründete die Notwendigkeit eines solchen Treffens auch damit, dass die Arbeitsfülle für alle im Rathaus seit Beginn der Wahlperiode vor drei Jahren aufgrund von Pandemie, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Kriegsfolgen und Geldnot enorm gewesen sei. Es sei gut gewesen, sich nun die Zeit zu nehmen, um sich im Austausch um ein stärkeres gegenseitiges Verständnis zu bemühen. Ruth Steger nannte schließlich noch als eines der bei der Klausur besprochenen Ziele, dass man sich künftig nach Sitzungen – wie bis vor etlichen Jahren üblich – auch mal wieder in einem Wirtshaus zusammensetzen wolle.

Im Gegensatz zu einem solchen Treffen im Wirtshaus bietet die Klausursitzung des Stadtrats durchaus Ansatz zur Kritik. Denn die Bayerische Gemeindeordnung schreibt vor, dass Stadt- und Gemeinderäte bis auf ganz wenige Ausnahmen, die auf den Aspekt des Investitionsprogramms gewiss nicht zutreffen, grundsätzlich öffentlich zu tagen haben. Die Vorgabe dient dem Zweck, Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen zu stärken.

Ergebnisse der Klausur sollen noch in öffentlicher Sitzung beraten werden

Bürgermeister Paul verwies dazu darauf, dass bei der Klausur keine Beschlüsse gefasst worden seien. Aus diesem Grund ist das Format formal tatsächlich nicht zu beanstanden.

Brigitte Riedmann sprach davon, dass bei der Klausursitzung auch solche Ratsmitglieder "den Mund aufgemacht" hätten, die sich in öffentlichen Stadtratssitzungen eher selten zu Wort meldeten. Das führte sie darauf zurück, dass niemand Angst hätte haben müssen, "in der Presse zitiert zu werden" oder durch gewisse Aussagen "seine Klientel zu verstören". Paul sprach davon, dass Politik zwar grundsätzlich öffentlich stattfinden müsse. Die politischen Akteure müssten sich jedoch auch mal auf einen Holzweg begeben oder eine "Schnapsidee" äußern können, ohne damit gleich in der Öffentlichkeit zu stehen. Das sei bei einer solch nichtöffentlichen Sitzung möglich.

Die Öffentlichkeit werde nun im Nachgang einbezogen, so Paul. Dazu werde man die bei der Klausur besprochenen Weichenstellungen für das städtische Investitionsprogramm der kommenden Jahre in öffentlicher Stadtratssitzung beraten und offiziell beschließen. Künftig, so nannte Paul ein weiteres Ergebnis der Klausurtagung, wolle das Rathaus "mehr Öffentlichkeit wagen". Die Lohrer Öffentlichkeit solle sich überraschen lassen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lohr
Johannes Ungemach
Dieter Daus
Klausuren
Kritik
Mario Paul
Stadt Hofheim
Stadträte und Gemeinderäte
Stadtverwaltung Haßfurt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hindenburg
    Der ewige jahrelange Kleinkrieg eines Redakteurs gegen den Stadtrat. Wenn es der Sache dient, warum sollte man nicht mal diese Wege gehen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • robert.erhard@gmx.de
    Es ist absolut korrekt, dass Klausurtagung nicht öffentlich sind. Und daran sollten sich auch alle Räte halten. Das geht in diesem Stadium niemanden (auch der Presse) nichts an!
    Für unsere Bundesregierung gilt doch auch das selbe oder?

    Zudem darf schon mal die Frage erlaubt sein, ob die CSU auch im Stadtrat vertreten ist oder ob man diese Fraktion schon bewusst in den Berichten weg lässt, damit die Parteianhänger unserer Bundesregierung besser zur Geltung kommen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mona.froehling@googlemail.com
    Sowohl die Sitzungen der Bundesregierung, als auch der Staatsregierung finden nichtöffentlich statt. Das ist bei Regierungen so üblich. Von daher ist es hier auch gar kein rechtliches Problem, wenn diese ihre Sitzungen in geheimen Klausurtagungen vorbereiten.

    Für den Gemeinderat gilt gesetzlich eben etwas anderes, nämlich der Grundsatz der Öffentlichkeit. Ähnlich wie etwa auch der Bundestag oder die Landtage. Daher ist es beim Gemeinderat schon ein Problem,m mit Klausurtagungen, weil man hier den Grundsatz der Öffentlichkeit von Sitzungen umgeht
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • robert.erhard@gmx.de
    Das ist nicht wahr!
    Es ist erstens keine Sitzung die in der Regel einen öffentlichen und nichtöffentlichen Teil hat, sondern zweitens eine Klausurtagung in der man in "Klausur" Sachen/Maßnahmen überlegt, die man umsetzen möchte.
    Da hat die Öffentlichkeit nichts zu suchen!
    Es ist von der Bayerischen Gemeindeordnung klar geregelt was öffentlich und nichtöffentlich ist!
    Und wenn es nichtöffentlich ist, geht es erst mal niemanden etwas an, auch nicht bzw. erst recht nicht die Presse!
    Das hat nichts mit Hinterzimmer zu tun und ist schon dreimal nicht undemokratisch!
    Es ist Kommunalrecht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mona.froehling@googlemail.com
    @Mic_Ro:
    Oh doch, das ist wahr. So schreibt zum Beispiel der für Bayern maßgebliche Gesetzeskommentar von Widtmann/Grasser/Glaser zum Sitzungszwang (Art. 47 GO, Rn. 5):

    "Auch im Hinblick auf die der Abstimmung notwendig vorausgehende Beratung ist die Abhaltung von Sitzungen unabdingbare und unverzichtbare Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beschlüsse des Gemeinderats."

    D.h., der Sitzungszwang der Gemeindeordnung in Art. 47 GO bezieht sich nicht nur auf Abstimmungen, sondern auch auf die der Abstimmung vorausgehende Beratung. Und eben für diese zwingend abzuhaltenden Sitzungen des Gemeinderats verlangt Art. 52 GO die Öffentlichkeit. Vertrauliche Klausurtagungen sieht die Gemeindeordnung schlicht nicht vor, aus gutem Grund.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Da hilft nur eins: suchen sie Gleichgesinnte und Klagen dagegen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • cschulte
    Hallo Mic_Ro,

    die CSU ist im Lohrer Stadtrat mit sieben Sitzen vertreten. Beim Pressegespräch waren nur Vertreter der im Artikel genannten Fraktionen anwesend. Die Einladung erfolgte durch die Stadt, die Redaktion hat hier keine Auswahl getroffen.

    Herzliche Grüße aus der Redaktion Main-Spessart,

    Carolin Schulte
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • e.max.s@t-online.de
    Heißt das dass die CSU-Stadträte erst gar nicht eingeladen wurden,
    oder haben die CSUler die Einladung nicht wahrgenommen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mona.froehling@googlemail.com
    Diese Form der "Klausur" eines Gemeinderats ist eine offensichtliche und nicht hinnehmbare Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen (Art. 52 BayGO).

    Hier sollte sich dringend die Kommunalaufsicht des Landratsamts Main-Spessart einschalten.

    Die Argumente von Herrn Paul und Frau Riedmann gehen völlig ins Leere. Die Gemeindeordnung Bayerns sieht auch dann die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen vor, wenn darin keine Beschlüsse gefasst werden. Alles andere wäre ja auch ein Witz, wie der Fall hier zeigt (Kontroverses geheim vorberaten, dann öffentlich abnicken...)

    Dass sich einige Ratsmitglieder in öffentlichen Sitzungen nicht trauen, den Mund auf zu machen, kann ja wohl kein Argument für den Ausschluss der Öffentlichkeit sein. Dann sollen sie sich halt nicht zur Wahl stellen, die (mit Verlaub) Lötpfeifen!

    Eine kommunalpolitische Farce, was da in Lohr gemacht wird.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    "Ergebnisse der Klausur sollen noch in öffentlicher Sitzung beraten werden
    Bürgermeister Paul verwies dazu darauf, dass bei der Klausur keine Beschlüsse gefasst worden seien. "

    Wo ist das Problem? Wollen sie in jeden Workshop rein?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mona.froehling@googlemail.com
    Wollen Sie jetzt grundlegende demokratische Institutionen wie den Gemeinderat mit einem x-beliebigen Workshop gleichsetzen?

    Mir ist wichtig, dass demokratische Prozesse weiterhin öffentlich stattfinden, so wie es das Gesetz und unsere Verfassung vorsehen. Und nicht im Hinterzimmer. Denn wenn man nicht mehr weiß, welcher Funktionär für was steht, dann machen Wahlen keinen Sinn mehr und dann funktioniert auch die demokratische Kontrolle nicht mehr. Das ist das Problem.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten