Seit Jahren schiebt die finanziell klamme Stadt Lohr etliche wichtige Projekte vor sich her. Nun hat der Stadtrat bei einem zweitägigen Workshop hinter verschlossener Tür darüber beraten, was relativ zeitnah angepackt werden soll beziehungsweise kann – und wofür voraussichtlich noch etwas länger das Geld fehlt.
Das im Nachgang der Klausur von Bürgermeister Mario Paul in einem Pressegespräch dargestellte Ergebnis lässt erkennen: Gerade besonders kostenträchtige, jeweils etliche Millionen umfassende Vorhaben kann die Stadt in den nächsten Jahren nicht stemmen. Deswegen werden der Hochwasserschutz an der Flutmulde des Rechtenbachs ebenso wie die Generalsanierung oder gar ein Neubau der Grundschule Sendelbach nach derzeitigem Stand noch mehrere Jahre auf sich warten lassen.
Noch weiter nach hinten geschoben haben die Ratsmitglieder Neubau oder Sanierung der zentralen Feuerwache. Hierfür, so Paul, werde im Rat "aktuell keine Priorität gesehen", schließlich sei die derzeitige Wache betriebsbereit.
Kindergartenerweiterung als Muss
Auf der Liste der Projekte, die die Stadt bis 2027 erledigen will, steht die Erweiterung des Kindergartens Seeweg ganz oben. Allerdings gibt es hier auch einen gewissen Zwang. Denn an dieser Erweiterung hängt die Verlängerung der Betriebserlaubnis. Paul sagte dazu, dass die Umsetzung wohl Ende 2024 beginnen könnte.
Neben diversen Investitionen in das städtische Freibad umfasst die Erledigungsliste bis 2027 auch den Neubau einer öffentlichen Toilette an der Mainlände. "Das können wir leisten", sagte der Bürgermeister über die Finanzierbarkeit der bis 2027 geplanten Projekte, ohne deren Volumen zu beziffern. Zu den anderen, deutlich kostenträchtigeren Vorhaben müsse man festhalten, dass diese die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt aktuell überforderten.
Dies begründete Paul mit den weitgehend aufgebrauchten Rücklagen. Neue Schulden seien aufgrund gestiegener Zinsen problematisch, weil teuer. Klar sei während der Klausur geworden, dass sich die Stadt keine zusätzlichen freiwilligen Leistungen mehr leisten könne. Es habe auch den Vorschlag gegeben, bei den derzeitigen freiwilligen Leistungen der Stadt Abstriche zu machen. Doch konkret geworden sei diese Diskussion nicht.
Grundschule Sendelbach ganz oben auf der Prioritätenliste
Bei den Projekten, die zwar dringlich sind, die die Stadt aktuell jedoch nicht finanzieren kann, steht laut Paul die Grundschule Sendelbach ganz oben auf der Prioritätenliste. Der Sanierungsbedarf sei dort offenkundig, so der Bürgermeister mit Verweis auf die 40 Jahre alte Heizung, den nicht gedeckten Platzbedarf des ab 2026 vorgeschriebenen Ganztagsangebots und den energetischen Gesamtzustand des Gebäudes.
Die Sanierung der Grundschule sei "zwingend erforderlich in den nächsten wenigen Jahren", sagte Paul. Diese Formulierung lässt erkennen, dass man einerseits um die Notwendigkeit weiß, sich wegen der Finanznot jedoch sicher nicht vor 2027 an die Umsetzung machen kann. Womöglich kommt für die Sendelbacher Grundschule aber noch eine ganz andere Option ins Spiel: ein Neubau. "Das muss man alles prüfen", so der Bürgermeister. Eventuell brauche es eine Machbarkeitsstudie.
Wenig machbar war für die Stadt in den vorigen Jahren beim Straßenunterhalt. Hier und beim damit verbundenen Austausch maroder Kanäle und Wasserleitungen ist ein millionenschwerer Investitionsstau aufgelaufen. Dazu habe sich der Stadtrat grob vorgenommen, künftig jedes Jahr eine Straße sanieren zu lassen, sagte Paul. Für mehr fehlten die personellen und finanziellen Ressourcen.
Beschlüsse werden nachgeholt
"Nicht weiter vertiefend diskutiert" wurde nach Aussage des Bürgermeisters bei der Stadtratsklausur über ein anderes Vorhaben, das vor Jahren schon einmal recht konkret und zwischendurch durch die Flutkatastrophe im Ahrtal in Erinnerung gerufen worden war: die Hochwasserfreilegung an der Flutmulde des Rechtenbachs. Hier, so Paul, wären zunächst eine erneute Planung und eine europaweite Ausschreibung erforderlich, wobei man im Rathaus personell an Grenzen stoße.
Zu all den Überlegungen zum Investitionsprogramm der kommenden Jahre habe der Stadtrat bei seiner Klausur keine konkreten Beschlüsse gefasst. Diese werde man, wie vorgeschrieben, in öffentlicher Stadtratssitzung nachholen. Bis dahin solle aus dem Protokoll der Klausur ein Positionspapier als "grober Fahrplan für die Zukunft" erstellt werden.