Der Lohrer Stadtrat will mehr Öffentlichkeit wagen. Das ist löblich. Ironischerweise hat das Gremium diesen Vorsatz ausgerechnet unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefasst. Das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre wurde ebenfalls im Stillen besprochen, nur die offiziellen Beschlüsse werden noch in öffentlicher Sitzung fallen. Eine Debatte werde es dann trotzdem noch geben, versichern Bürgermeister und Fraktionssprecher. Eine Scheindebatte?
Denn warum sollten Stadträtinnen und -räte noch öffentlich, vor Publikum, vor ihren Wählerinnen und Wählern kontrovers diskutieren, wenn doch eigentlich längst alles gesagt ist? Warum sollten sie riskieren, sich unbeliebt zu machen, wenn sie ihre Meinung doch schon im geschützten Raum bei der Klausur kundgetan haben? Und, auch diese Frage muss erlaubt sein: Warum trauen sich gewählte Räte nicht, in öffentlicher Sitzung ihre Meinung zu sagen?
Der Stadtrat hat mit seiner Klausur den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit genommen, mitzubestimmen. Man nimmt ihnen die Möglichkeit, auf ihre gewählten Vertreter zuzugehen, bevor diese in einer Abstimmung die Hand heben. Warum sollten die Lohrerinnen und Lohrer noch in die Sitzung gehen oder die Berichte der Presse lesen, sich überhaupt noch für Lokalpolitik interessieren, wenn sie sich dabei immer fragen müssen: Ist das hier noch Demokratie oder nur Laientheater?