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Lohrer Karfreitagsprozession soll Kulturerbe werden
Die Lohrer Karfreitagsprozession hat eine lange Tradition. Hier eine Aufnahme von 1966. (Archivbild)
Foto: Redaktion Lohr | Die Lohrer Karfreitagsprozession hat eine lange Tradition. Hier eine Aufnahme von 1966. (Archivbild)
Bearbeitet von Lena Schwaiger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

Die Lohrer Karfreitagsprozession soll ins immaterielle Kulturerbe der UNESCO aufgenommen werden. Der Förderkreis der Prozession hat sich in seiner Jahresversammlung einstimmig dafür ausgesprochen, einen dementsprechenden Antrag zu stellen. Unterdessen laufen die Vorbereitungen, um die Tradition nach der dreijährigen Corona-Pause an Karfreitag wieder aufleben zu lassen.

Ein gewisses Unbehagen war in der Runde der Obleute zu spüren, ob sich nach der dreijährigen Pause wohl wieder genügend Träger einfinden werden, um die Stationen gebührend zu begleiten. Ein Vorbereitungstreffen Ende Februar mit den Obleuten, die sich um die einzelnen Stationen kümmern, und dem Vorstand des Fördervereins habe gezeigt, dass man auf das "ungebrochene Engagement aller Beteiligten" zählen könne, so der Vorsitzende Joachim Salzmann.

Doch es werde immer schwieriger, auch junge Menschen zu gewinnen. Auf Initiative des zweiten Vorsitzenden, Walter Heußlein, wolle der Verein deshalb nun bestehende Innungsstrukturen wieder verstärkt einbinden. Neben dem jeweiligen Obmann solle nach Möglichkeit eine Führungskraft der Innung, Obermeister, Stellvertreter oder Geschäftsführer, angesprochen werden.

Er stehe hinter der Prozession und dem Versprechen, das viele Handwerker hier gegeben haben, betonte Heußlein, langjähriger Obermeister der Schreinerinnung, Kreishandwerksmeister und HWK-Präsident. "Wo wir noch Innungen haben, sollten wir jemanden heranführen." Manchmal liege es auch daran, "dass wir die richtigen Leute nicht informiert haben".

Allgemeine Zustimmung

Das Projekt, die Aufnahme in die Liste immaterieller Kulturgüter zu beauftragen, fand allgemeine Zustimmung. Die bayerische Liste umfasse aktuell 69 Einträge, erklärte Joachim Salzmann zur Einordnung. In der Bewerbungsrunde 2021/22 sei der evangelische Hochzeitszug aus der Alten Grafschaft erfasst worden, nannte er ein Beispiel aus der näheren Umgebung. Seit 2016 stehe auf der bundesweiten Liste unter anderem die Palmsonntagsprozession in Heiligenstadt.

Die Karfreitagsprozession sei "mit Abstand die wertvollste Prozession im deutschsprachigen Raum", so der Vorsitzende. Kulturell bedeutsam sei die Jahrhunderte alte und weiter bestehende Tradition der Trägerschaft durch die Zünfte und ihre Nachfolgeorganisationen, ebenso die Tatsache, dass die Prozession das Sterben einiger Handwerksberufe überdauert habe. Voraussetzung der Bewerbung sei allerdings, dass der Antrag den Willen und das Engagement der Handwerkerschaft und der Lohrer insgesamt widerspiegele.

Das nächste Bewerbungsverfahren beginne im April. Zwei Forscher, nämlich Privatdozent Johannes Sander vom Institut für Kunstgeschichte an der Universität Würzburg und Professor Wolfgang Weiß, Inhaber des Lehrstuhls für Fränkische Kirchengeschichte an der Universität Würzburg und Vorsitzender des Diözesangeschichtsvereins, hätten sich bereit erklärt, den Prozess zu begleiten. Ein geplanter Beitrag von Johannes Sander kam an dem Abend nicht zustande.

Prozession soll wissenschaftlich aufgearbeitet werden

"Das ist eine Sache, auf die Lohr stolz sein kann", äußerte der Leiter der Touristinfo, Jürgen Goldbach, seine Unterstützung für den Antrag. Die Prozession sei es "mehr als wert", betonte auch Bürgermeister Mario Paul. Wenn man die Prozession miterlebe, sei man in den Bann gezogen. "Man spürt, dass in jahrhundertealter Tradition mit jedem etwas passiert. Es entsteht eine Gemeinschaft, um diese Tradition zu pflegen." Paul dankte den Menschen, die sie lebendig erhalten, und verwies auf den Begriff "Erbe" im immateriellen Kulturerbe der UNESCO. "Die, die hier sind, tragen Verantwortung", rief er in Erinnerung. "Irgendwann ist es so weit, dass man nicht mehr kann. Dann muss es jemanden geben, der dieses Erbe übernimmt."

Weniger überzeugt zeigte sich Pfarrer Sven Johannsen, insbesondere, was die Hoffnung angeht, durch den Titel als Kulturerbe neue Träger zu gewinnen. Weil der Antrag mit dem Anspruch verbunden sei, die Prozession wissenschaftlich aufzuarbeiten, unterstütze er ihn trotzdem. "Es gibt Momente in der Geschichte, in denen die Prozession hätte untergehen können, wie in anderen Städten", bemerkte er. "Die Besonderheit ist nicht, dass Lohr eine Prozession hatte, sondern dass es eine hat." Er sei dafür, diesen Weg zu gehen, weil die Dokumentation eine sichere Basis gebe. "Auch, um in 100 Jahren zu wissen, wie wir das in diesen drei Jahren gemacht haben", so Johannsen.

Finanzielle Situation

Anschließend präsentierte Kassier Michael Schecher die finanzielle Situation des Fördervereins. In der dreijährigen Corona-Pause sind zahlreiche Arbeiten in der Kapuzinerkirche, wo die Stationen das Jahr über aufbewahrt werden, ausgeführt worden. Dazu zählen Malerarbeiten, erneuerte Beleuchtung, Infotafeln und weitere Podeste für die Figuren. Auf Anregung der Stadtführer, die mit ihren Gruppen die Kirche besuchen, habe man einen Opferstock angebracht und die Bücher zur Prozession zum Verkauf ausgelegt. Das habe schon 300 Euro an Spenden eingebracht. Aktuell hat der Verein ein Vermögen von rund 36.500 Euro.

Wer sich als Träger an der Prozession beteiligen möchte, kann sich beim Förderverein der Prozession melden, unter joachim@salzmann-lohr.de, oder um 10.15 Uhr am Schlossplatz sein.

 
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