Dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung keine Chance haben würde, das wurde in der ausgiebigen Diskussion im Ausschuss für Bauen, Energie, Bildung und Kultur des Kreistags früh klar. Letztlich war es neben Landrätin Sabine Sitter nur Martin Fischer (Freie Bürger), der am Donnerstag in der Lohrer Stadthalle dafür stimmte, erst eine Ist-Analyse sämtlicher Schulen zu machen, bevor man über die Bereitstellung von Investitionsmitteln entscheide. Dem Rest des Gremiums war entweder der Handlungsbedarf am Schulstandort Marktheidenfeld zu groß oder eine weitere Erörterung des Themas samt Behandlung der dazu eingereichten Anträge im Kreistag zu wichtig.
Dabei sollte am 10. Dezember der Kreistag die Sache sowieso aufgreifen, betonte Landrätin Sitter. Dass der Schulstandort Marktheidenfeld da nicht auf der Tagesordnung stand, sei schlicht vergessen worden, ein "pandemiebedingter Fehler", der inzwischen korrigiert wurde. Und auch die Anträge dazu wolle niemand unter den Tisch kehren. Sie sollten sehr wohl behandelt werden, doch fehlten dazu aus Sicht der Verwaltung "relevante Daten, um eine Entscheidung treffen zu können". Es sei Ziel des Beschlussvorschlags, diese zu erheben.
Die Tragweite des zur Diskussion stehenden Themas wurde auch im Aufgebot der Referenten deutlich: Neben dem geschäftsführenden Beamten Otto Streitenberger steuerten vor allem die Sachgebietsleiter Sebastian Gehret (Schulen), Thomas Hubrich (Finanzen) und Markus Krämer (Bauabteilung) Informationen bei. Sogar die Marktheidenfelder Schulleiter Matthias Schmitt (Realschule) und Hartmut Beck (Gymnasium) waren zugeladen. Das Signal, das Sabine Sitter geben wollte: "Hier sollen die sachlichen und fachlichen Informationen nach außen getragen werden, nicht anderswo."
Millionen in Bauunterhalt und Ausstattung gesteckt
Schulreferent Sebastian Gehret zeigte zunächst die Beschlusslage bezüglich Marktheidenfeld auf und erinnerte an die Kostenschätzung von 70,3 Millionen Euro, die die Erneuerung von Main-Spessart-Halle, Realschule und Gymnasium kosten soll. Angesichts der Entwicklung der Baupreise sei "da sicher Luft nach oben". In den vergangenen zehn Jahren habe der Landkreis rund 7,9 Millionen Euro in den Bauunterhalt und 1,6 Millionen Euro in die Ausstattung der drei Gebäude gesteckt. Für 2022 seien – die Zustimmung des Kreistags vorausgesetzt – weitere 225 000 Euro für die Realschule, 371 000 für das Gymnasium und 43 000 Euro für die Halle vorgesehen. Damit sollen unter anderem zwei Pavillons aufgestellt werden, um die Raumnot der Realschule zu lindern.
Eine ganze Reihe von Schäden listete Gehret für das Gymnasium auf, die Schulleiter Beck noch um einiges ergänzte, so etwa defekte Installationen, Wassereinbrüche und statische Probleme. Markus Krämer unterstrich jedoch, dass die "Gebrauchstauglichkeit" für alle drei Gebäude gegeben sei. Krämer: "Wenn gravierende Mängel da sind, müssen und werden wir die sofort beheben."
Kämmerer Hubrich stellte klar, dass eine Investition beispielsweise in die MSP-Halle "mittelfristig nicht zu schultern" sei. Er formulierte es angesichts zeitgleicher Aufwendungen von sechs Millionen Euro für das Gymnasium in Gemünden und zwölf Millionen Euro für das neue Klinikum drastisch: "Das wäre für den Kreishaushalt Suizid." Man müsste dann eine Erhöhung der Kreisumlage – also dem Anteil, den die Gemeinden zum Kreishaushalt beisteuern müssen – ins Auge fassen. "Da reden wir aber über drei oder vier Prozentpunkte mehr."
"Da würde die Kreisumlage dann bei über 50 Punkten liegen", ergänzte Otto Streitenberger. Die Kreisräte müssten sich sehr gut überlegen, was sich der Landkreis leisten kann und was nicht. Wenn der Kreistag, wie von der CSU beantragt, 2022 ein vgV-Verfahren (Architektensuche) anstoße, so informierte Markus Krämer, dann gebe es kein Zurück mehr, dann stoße man das gesamte Großprojekt an mit den entsprechenden Kosten. Schon 2020 habe es mit der Regierung wegen des Haushalts Probleme gegeben, weil ihr der Wille zur Konsolidierung nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Es sei zu viel drin, was nicht zuwendungsfähig sei, so Hubrich: "Wir leisten uns goldene Wasserhähne, sag ich mal salopp."
Walter Heußlein will kein Verschleppen der Entscheidung
Dankbar für die Informationen, ansonsten aber wenig beeindruckt zeigte sich Walter Heußlein (CSU). "Wir müssen endlich mal eine Perspektive für diese Region aufzeigen", forderte er. Beim Blick auf die Schulen in Marktheidenfeld müsse sich jeder fragen, ob solche Bedingungen für junge Familien attraktiv zum hier Leben seien. Zum Beschlussvorschlag meinte er, dass die Bauabteilung doch wissen müsse wie der Ist-Zustand der Schulen ist. Ihm sehe es nach einem Verschleppen der Entscheidung und nach Aussitzen aus.
Thomas Stamm (UGM) wies darauf hin, dass den Schülern in Marktheidenfeld gleiche Bedingungen zustünden wie anderswo. "Wir müssen hier ein attraktives Angebot bieten. Das ist derzeit nicht der Fall", so der Marktheidenfelder Bürgermeister. Neue Erhebungen zu machen, sah er als "vertane Zeit". Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Den sah auch Susanne Rinno (Grüne).
Horst Wittstadt (Grüne) sagte, alle wüssten, "da müssen wir etwas tun". Zugleich mahnte er aber: "Wir sollten nichts beginnen, das wir nicht mehr einfangen können." Niemand solle so tun, als ob es ein Leichtes sei, für drei Punkte Kreisumlage mehr die Hand zu heben. Gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung stimme er nur, weil er das Thema und die Anträge im Kreistag erörtert haben möchte. Ähnlich argumentierte Bertram Werrlein (FW), der eine gemeinsame Entscheidung des Kreistags forderte und einen Blick "auf alle großen Projekte, die angestoßen, begonnen oder geplant sind".
Als "unerlässlich" sah diese Bestandsaufnahme auch Martin Fischer (FB). Eine höhere Kreisumlage mache es für die Gemeinden schwieriger, ihre eigenen Aufgaben zu erfüllen. Franz Schüßler (CSU) regte sogar an, die Anträge zum Schulstandort bis zu den Haushaltsberatungen zurückzustellen.
SPD: Prioritätenliste gibt es schon längst
Pamela Nembach und Stefan Rümmer (beide SPD) verwiesen darauf, dass es keine neue Prioritätenliste brauche, weil es diese seit vielen Jahren gebe. In den vergangenen Jahren seien andere Schulen saniert und erneuert worden, nun sei man auf der Liste bei Marktheidenfeld angelangt. Rümmer:" Mir ist wichtig, dass diese Liste eingehalten wird." Und Nembach kritisierte: "Wir investieren weiter in Gebäude, die einmal abgerissen werden sollen. Ich frage mich, wo hier der Vorteil sein soll."
Richard Oswald erinnerte an den einstimmig in seiner Fraktion erstellten CSU-Antrag, den es zu behandeln gelte. Wenn man alle Projekte umsetzen wolle, so sei eine konstante, langfristige Erhöhung der Kreisumlage die "logische Konsequenz". Sein Kreisvorsitzender Thorsten Schwab gab zu bedenken: "Wir können nicht 30 Jahre mit Marktheidenfeld warten, bis die anderen Großprojekte abfinanziert sind." Sein Appell: "Wir müssen uns trauen, diesen Schritt zu gehen. Wenn wir es schieben, gewinnen wir nichts."
Für eine grundsätzliche Diskussion sprachen sich Michael Hombach (CSU) und Anna Stolz (FW) aus. "Wir brauchen endlich einmal einen Kassensturz, um zu sehen, wie sich das hier im Landkreis entwickelt", sagte Hombach. Stolz regte sogar eine Sondersitzung des Kreistags an. Marktheidenfeld dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden, so die Kultusstaatssekretärin, "aber wir müssen uns dringend über die Finanzierung unterhalten".