Wer an die Martinsbräu Marktheidenfeld denkt, dem fallen wahrscheinlich gleich zwei Dinge gleichzeitig ein: Die Flaschen mit dem blauen Etikett und dem gold-gelben Schriftzug und das markante Gebäude-Ensemble, das schon beim Überqueren der alten Mainbrücke Richtung Stadt ins Auge springt. Am besten kommt es aber bei Laurenzi mit Blick aus luftiger Höhe im Riesenrad zur Geltung.
Doch was passiert in einer Brauerei, wenn zwei Jahre lang kein Volksfest mehr stattfindet? Die Menschen aufgrund einer Pandemie ihr Ausgehverhalten umkrempeln? Und dann auch noch eine Energiekrise kommt? Um über all das zu sprechen, hat Brauereichefin Maria Martin in die Georg-Mayr-Straße 4 geladen. Aber nicht sie alleine: Ihre Söhne Luis und Veit Pfeuffer-Martin sind dabei, sie sind in den letzten Jahren in den Betrieb eingestiegen.
Der älteste Sohn, Luis, 29 Jahre, ist seit 2021 alleinverantwortlicher Braumeister und seit 2022 Prokurist. Sein jüngerer Bruder Veit, 23 Jahre, ist seit Sommer 2022 fest als Brauer in der Produktion dabei. Nicht in der Runde ist das jüngste Familienmitglied, Jakob. Der 21-Jährige hat einen anderen Weg gewählt und macht in der Firma seines Vaters eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner.
Maria Martin bindet Söhne in Führungsaufgaben ein
"Luis und Veit wachsen gut mit rein", beschreibt Maria Martin. Beide sind auf dem Brauereigelände groß geworden. "Der große Hof zum Radfahren, die vielen Ecken zum Verstecken – für die Jungs war das immer ein großer Abenteuerspielplatz", erzählt Maria Martin. Mit der Sortierung von Leergut habe er sich das erste Taschengeld verdient, erzählt Luis. Sein Bruder Veit sei gefühlt auf dem Gabelstapler groß geworden. Aber die Söhne bekamen auch mit, auf was es zu verzichten galt: Nie richtig Feierabend. Urlaub zu Hause? Undenkbar! Trotzdem hatten beide nie einen anderen Berufswunsch.
Nun bindet Maria Martin die beiden Söhne immer mehr in die Führungsaufgaben ein, die sie bisher alleine betreut hat, etwa in den Kundenkontakt, die Finanzplanung oder die Öffentlichkeitsarbeit. Daneben haben beide auch noch ihre eigenen Schwerpunkte, Luis die Produktion und den kreativen Bereich der Vermarktung, Veit ebenfalls die Produktion, aber auch die Logistik und den Fuhrpark. Vor allem aber sind sie Teamworker, packen überall mit an, wo es nötig ist – so wie alle Familienmitglieder. "Luis und ich, wir sind beide Praktiker", sagt Veit.
Maria Martin denkt momentan noch nicht daran, aufzuhören. In ein paar Jahren aber möchte sie langsamer machen. Die 60-Jährige ist mittlerweile in ihrem 35. Berufsjahr. Ob sie gut abgeben kann? "Ich glaube schon", sagt sie. Vor allem wegen des Tempos, dass mittlerweile überall in der Arbeitswelt herrsche und auch erwartet werde.
Und dann war da die Corona-Zeit, die das Familienunternehmen einerseits noch mehr zusammengeschweißt, aber auch gefordert hat. "Corona hat uns alle psychisch sehr belastet", erläutert Luis Pfeuffer-Martin. "Das war ein Einbruch von allem. Wir haben von heute auf morgen kein Bier mehr ausgeliefert. Es gab keine Laurenzi-Messe. Alle Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Der Hof gespenstisch leer." Was blieb waren die Existenzängste, erinnert sich Veit Pfeuffer-Martin.
Zusammenhalt hilft
Geholfen habe in der Situation der Zusammenhalt. Nicht nur in der Familie, sondern auch in der regionalen Bierbrauer-Branche. "Bei uns sind die Telefone heiß gelaufen", erinnert sich Maria Martin. Was versucht ihr? Welche Hilfen können wie und wo beantragt werden? Womit können wir uns gegenseitig unterstützen? Besonders beeindruckt hat die Familie Martin die Solidarität der Bevölkerung: Über eine Crowdfunding-Aktion kamen knapp 62.000 Euro zusammen – die Summe setzte sich zusammen aus vielen kleinen Beträgen von vielen Menschen. "Wir haben dann später auch extra samstags aufgemacht und per Hand Festbier-Dosen abgefüllt und verkauft", erzählt Luis. Auch hier gab es große Resonanz.
Doch auch wenn die Pandemie mittlerweile vorbei scheint, die Laurenzi wieder stattfindet: Ein Vor-Corona-Niveau wird es nicht mehr geben, sind sich die drei sicher. Kneipen haben ihr Personal verloren und ihre Öffnungszeiten reduziert. Helferkreise sind auseinandergebrochen und organisieren keine Feste mehr. Zudem gehen die Leute weniger raus. "Bier wird aber nun mal in erster Linie in der heimischen Gastronomie getrunken. Hier sind wir auf die Region angewiesen", so Luis Pfeuffer-Martin. Aber auch hier würden es die sogenannten "Fernsehbiere", die die Menschen aus der Werbung kennen, den heimischen Brauern schwerer machen. "Früher war klar: Wir trinken das, was in der Region gebraut wird. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich", so Maria Martin. Hier wünscht sie sich ein Umdenken zugunsten der regionalen Betriebe.
Energiekrise ist härter als Corona
Mittlerweile sei die Situation durch die Energiekrise fast noch schwieriger als während Corona. "Früher haben wir alle zwei, drei Jahre unsere Preise erhöht. Im letzten Jahr 2022 mussten wir zwei Mal erhöhen, um halbwegs kostendeckend zu laufen", erläutert die Brauerei-Chefin. Denn der Energiebedarf sei hoch: Das Sudhaus läuft mit Dampf, die Leitungen müssen sterilisiert werden, die Kühlung dauerhaft laufen.
Um am Markt und am Leben zu bleiben, mussten neue Ideen her: 2021 übernahmen sie den Biergarten am Mainkai. Um zukünftig Rohstoffe zu sichern und die Region zu stärken, gründeten sie 2022 das Projekt "Braugerste aus der Region", indem sie Partnerschaften mit Landwirten eingehen und den heimischen Ausbau fördern. Ein weiteres Problem ist, wie überall, der Personalmangel und somit die Frage: Wie kommen wir mit weniger Personal klar? Aber auch zu diesen Themen haben sie sich schon Gedanken gemacht und arbeiten an Lösungen. Das sei eben der Vorteil, wenn mehrere an einem Strang ziehen. "Was wir aber alle gut können", so Maria Martin, "ist positiv zu denken."
zum Frühstück 1-2 Helles trinken.