
Für die meisten mag der Pfadweg in Karlburg, der das Gewerbegebiet "Heßheimer Weg" mit der Siedlung verbindet, wie ein normaler landwirtschaftlicher Weg aussehen. Für einige Karlburger und die Karlstadter Verwaltung aber ist er zum Politikum geworden. Aktuell wird der Weg saniert. Eine mögliche Verbreiterung im Zuge dessen war bereits Thema im Bauausschuss, wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Einige Karlburger versuchten weiterhin, bei Bürgermeister Michael Hombach für einen Ausbau zu argumentieren. Die Stadt scheint keinen Diskussionsspielraum mehr zu sehen.
Aber von vorne: Im Werkausschuss und der darauffolgenden Stadtratssitzung im Juli kam die Sanierung des Pfadwegs zur Sprache, als die Neuverlegung einer Wasserleitung vergeben wurde. Von einer Verbreiterung war bis dahin nie die Rede. Stadtratsmitglied Edgar Ehrenfels aus Karlburg stellte einen Antrag, den teilweise hochfrequentierten Weg aus Gründen der Verkehrssicherheit zu verbreitern und zu beleuchten. Hombach wies das Gremium darauf hin, dass dafür keine Finanzmittel im Haushalt vorgesehen wären, sagte aber einer internen Prüfung zu.
Beschluss demokratisch oder nicht?
Ende September wurde im Bauausschuss über den Antrag abgestimmt. Der Beschlussvorschlag sah vor, eine Beleuchtung zu installieren, jedoch auf die Verbreiterung des Pfadwegs auf seiner gesamten Länge zu verzichten. Insgesamt ist der Weg 260 Meter lang. 70 Meter davon grenzen an den landwirtschaftlichen Familienhof Kübert und werden auf einer Breite von fünf Metern geteert. Mit fünf zu vier Stimmen entschied sich der Ausschuss knapp für den Vorschlag der Verwaltung, lehnte die Verbreiterung also ab.
An der Formulierung des Beschlussvorschlags stört sich nicht nur Edgar Ehrenfels, sondern auch der Karlburger Thomas Bilitza. "Wir hätten uns hier eine ergebnisoffene Diskussion gewünscht. Die konnte durch den Wortlaut im Beschlussvorschlag aber nicht stattfinden", so Bilitza. Ehrenfels ergänzt: "Dass der Bürgermeister für den Vorschlag der Verwaltung stimmt, ist logisch. Dann ist eine Stimme schonmal weg." Bilitza und er sind der Meinung, dass das Abstimmungsergebnis "nicht demokratisch" zustande kam.
Mit diesem Vorwurf konfrontiert, antwortet die Karlstadter Verwaltung in einer E-Mail, dass ein Gremium während der Sitzung immer frei entscheiden kann, ob es über einen vorgelegten Beschlussvorschlag, dessen abgeänderte Version oder eine komplett neue Version abstimmen möchte. Der Vorschlag hätte also zum Zeitpunkt des Ausschusses angepasst werden können.

Verdeckte Messung des Verkehrs
Auch Nadine Kübert, einer der beiden Töchter des Familienhofs, kennt mehrere Gründe, die aus Karlburger Sicht dafür sprechen, den Pfadweg auch auf den verbliebenen 190 Metern Länge um einen Meter zu verbreitern. Sie beobachtet das Verkehrsaufkommen aus nächster Nähe. "Ein Gehsteig wäre am besten, sonst wäre aber auch ein ebenerdiger Trennstrich hilfreich", sagt sie.
"Wir nutzen den Weg täglich mit breiten landwirtschaftlichen Maschinen", erklärt sie. Der Mähdrescher etwa ist 3,18 Meter breit und ist somit breiter als der Pfadweg selbst. Hinzu kommt, dass die Küberts aufgrund ihres neuen Geschäftszweigs mit einem Hofladen mehr Kundenverkehr verzeichnen als bisher.
Die Stadtverwaltung schreibt, dass es eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung von "vielen Fahrzeugen" und "hohen Geschwindigkeiten" gebe. Hombach habe im Gespräch mit Bilitza eine verdeckte Messung angesprochen, bei der die Anzahl der Fahrzeuge und deren Geschwindigkeiten mit Uhrzeit gespeichert werden. Sollte die Verwaltung Fußgänger und Radfahrer anhand der Auswertung gefährdet sehen, könne man über weitere Maßnahmen beraten. Im Jahr 2022 zählte Kübert den Verkehr auf dem Pfadweg in einer Erhebung für ihre Bachelorarbeit in eigener Sache. Damals kam die Landwirtin auf 900 Fußgänger und Radfahrer pro Woche.
Pfadweg auch von Rollstuhlfahrern genutzt
Thomas Bilitza ist selbst Anlieger und Besitzer einer Halle seitlich vom Pfadweg. Er weiß, dass das Karlburger Gewerbegebiet stetig weiter wächst. "Immer mehr Arbeiter nutzen den Weg täglich", so Bilitza. Er hätte überschlagen, dass es sich dabei aktuell um etwa 200 Erwerbstätige handeln müsste. Ehrenfels ergänzt, dass diese den Pfadweg – entgegen einiger Behauptungen im Ausschuss – zu einem großen Teil mit dem Fahrrad nutzen und nicht mit dem Auto.

Durch den Berufsverkehr bestehe auch ein erhöhtes Risiko für einige Menschen mit Behinderung, die regelmäßig auf dem Pfadweg unterwegs sind. Bilitzas Vater ist schwerstbehindert. "Ich schiebe ihn mit dem Rollstuhl in den Dreck und aus dem Dreck wieder heraus, wenn uns Fahrzeuge entgegenkommen", sagt er. Kübert wirft ein, dass man die Rollstuhl- oder Fahrradfahrer aus dem Fenster der Traktoren auf dem schmalen Weg aufgrund des toten Winkels oft gar nicht sehen könne.
Bilitza fragte sich daher, ob der Behindertenbeauftragte der Stadt Karlstadt bei Beratschlagungen oder einer Ortsbegehung anwesend war. Von der Verwaltung heißt es dazu, dass dieser zu keiner Zeit vorgesehen war, da es sich nicht um einen klassischen Straßenausbau, sondern die Erneuerung von Ver- und Entsorgungsleitungen handle.
Bürgermeister betont gegenseitige Rücksichtnahme
Erst kürzlich verkaufte die Stadt Karlstadt zudem ein am Heßheimer Weg gelegenes Gelände für den Bau eines Katastrophenschutz- und Ausbildungszentrums an den Landkreis Main-Spessart. Das Risiko eines erhöhten Verkehrsaufkommens in der Zukunft durch Einsatzfahrzeuge sei hier laut Schreiben der Stadt nicht gegeben. "Die offizielle Anbindung an das Grundstück ist über den Heßheimer Weg. Von dort aus gelangen die Einsatzfahrzeuge über die Umgehungsstraße sicher in alle Richtungen", heißt es.
Während Ehrenfels, Bilitza und Kübert hoffen, noch etwas bewegen zu können, sieht die Einschätzung der Stadt nicht erfolgversprechend aus. Aus Sicht der Verwaltung sind durch die Termine mit den Vertretern aus Karlburg seit dem Beschluss im Ausschuss keine neuen Sachverhalte hinzugekommen.
Einzelne Bürger sollen sogar gegenüber anderen Stadtratsmitgliedern den Wunsch geäußert haben, den Weg nicht weiter auszubauen, um keinen weiteren Verkehr in den Siedlungsbereich zu ziehen. Bürgermeister Hombach spricht das "Gebot der Rücksichtnahme aller Beteiligten" an. Er spricht von einem "gut einsehbaren" Weg, dessen bewilligte Beleuchtung einen "zusätzlichen Schutz bei Dunkelheit" schaffen soll. Die Asphaltierungsarbeiten sind zwischen dem 21. und dem 28. November geplant.