Die Zahl der Kirchgängerinnen und Kirchgänger sinkt, die Einnahmen der Diözese ebenso, und katholische Pfarrer gibt es auch immer weniger. Was soll vor diesem Hintergrund mit den Kirchen, mit Pfarrhäusern und Pfarrheimen geschehen? Dazu kategorisiert das Bistum im Raum Gemünden, der eine Vorreiterrolle spielt, wie auch anderswo in der Diözese Würzburg Kirchen und andere Immobilien. Am Ende dieses Prozesses, der voraussichtlich im Frühjahr für den Raum Gemünden abgeschlossen sein wird, soll es eine Antwort darauf geben, welche der 29 Kirchen und weiteren Gebäude über Bau- und Instandsetzungsarbeiten künftig noch durch die Diözese mitfinanziert werden – und welche womöglich bald aufgegeben werden.
Was wird etwa aus dem Kirchlein in Wohnrod, was aus denen in anderen kleinen Orten? Was geschieht mit der zweiten Kirche in Gemünden und was mit der neuen Kirche in Wernfeld? Und wo werden überhaupt noch Pfarrer wohnen? Das alles sind Fragen, mit denen sich Gläubige nun konfrontiert sehen.
Jürgen Emmert, der das Kunstreferat des Bistums leitet und aus Karsbach stammt, ist auch Projektleiter für die Gebäudekategorisierung. Den Raum Gemünden habe er als Pilotraum ausgesucht, weil er diesen wie seine Westentasche kenne, erläutert er bei einem gemeinsamen Gespräch mit Thorsten Kapperer, Koordinator für den pastoralen Raum Gemünden, und dem Gössenheimer Pfarrer Norbert Thoma, Moderator des pastoralen Raums. Am 25. März gab es ein erstes Treffen mit den Kirchenpflegern im Raum Gemünden.
Gemünden bekommt keinen Pfarrer mehr
Dem war eine Erfassung aller Kirchen, Pfarrheime und Pfarrhäuser vorausgegangen, bei der Dinge wie der Sanierungsaufwand, die Größe, die Lage und die Heizung erfasst wurden. Die Planung für die Pfarrheime und Pfarrhäuser steht schon. Demnach sollen bis 2030 noch drei Pfarrer im Raum Gemünden tätig sein, bis 2040 sogar nur noch zwei. Wohnorte der Pfarrer werden Burgsinn, Gössenheim und Wolfsmünster sein, Gemünden auf absehbare Zeit nicht. In Gemünden soll dafür das zentrale Pfarrbüro entstehen.
"Jeder ehrenamtlich Tätige weiß, dass es in dieser Größe nicht mehr tragbar ist", sagt Emmert. "Allen ist klar, dass sich was verändern muss", berichtet auch Pfarrer Thoma. Während Thorsten Kapperer auch die Kirchenaustritte und die zurückgehenden Finanzen als Grund nennt, sieht Thoma "für das Tagesgeschäft" darin keine so große Bedeutung. Letzterer spricht von Räumen, die aus "vollkommen anderen Zeiten" stammen, auch gesellschaftlich habe sich etwas verschoben. "Die großen familiär organisierten Gruppen in der Gesellschaft gibt es nicht mehr", sagt Thoma. Deshalb seien viele Pfarrheime heute zu groß, der große Pfarrsaal in Wernfeld etwa werde nicht mehr genutzt. Dieser Dynamik müsse die katholische Kirche Rechnung tragen.
Pfarrer Thoma war es wichtig zu betonen, dass Entscheidungen "grundsätzlich nicht über die Leute hinweg" fallen. Die Gebäude seien Eigentum der Kirchenverwaltungen, die im Zweifel entscheiden müssten, wie sie künftig eventuell auch ohne Mittel vom Bistum unterhalten werden können. Der nun aufgestellte Plan solle für die nächsten 20 bis 30 Jahre bestehen und Klarheit bringen, mit welchen Zuschüssen der Diözese zu rechnen ist. Bisher sei das sehr "fallbezogen" gewesen, in Zukunft sollen alle gleich behandelt werden, so Thoma. In etwa 17,5 bis 20 Millionen Euro an Zuschüssen könne das Bistum pro Jahr stemmen. Emmert stellt klar: "Es wird keine 70 bis 80 Prozent Zuschuss mehr geben."
"Kein Gebäude wird einfach aufgegeben", sagt Thoma. Es handle sich um eine "flächendeckende, kulturelle Infrastruktur, die über Jahrhunderte gut gepflegt wurde". Die Kirchen und Pfarrgebäude tragen nach Ansicht Emmerts zur "Lebendigkeit der Orte" bei. Bei Kirchen sind laut Thoma "keine Profanisierungen geplant", Jürgen Emmert aber hakt ein und sagt: "Das wird's von Fall zu Fall geben." Manche Kirchenverwaltungen müssten auch über gemeinsame Gottesdienste mit Evangelischen oder gar eine touristische Nutzung ihres Gotteshauses nachdenken. Es werde vor Ort aber niemand zu etwas gezwungen, wenn die jeweilige Kirchenstiftung selbst in der Lage ist, ihre Gebäude zu unterhalten. Manche Kirchenstiftungen stünden durch Veranstaltungen, Wälder und Vermietungen sehr gut da, andere aber weniger gut.
In welche Kategorien von A bis E die 29 Kirchen im Raum Gemünden fallen, bleibt einstweilen ein Geheimnis. Verraten haben die drei kirchlichen Vertreter lediglich, dass die kleine 250 Jahre alte Kirche in Wohnrod in die Kategorie D fällt. Eine solche Dorfkirche in kleinen Orten soll künftig nur noch Zuschüsse für die Verkehrssicherheit erhalten. Weitere derlei genannte Kirchen sind die in Schonderfeld, Michelau und Weickersgrüben. Während Thorsten Kapperer von teils "sehr schmerzhaften Prozessen vor Ort" spricht, drückt es Pfarrer Thoma positiv aus: Die Eigenverantwortung solle gestärkt, Denkprozesse angestoßen werden. Manche Gebäude, die "den Geist der 70er atmen", könnten auch eine Belastung sein.
Pfarreien, in denen in der Nachkriegszeit eine weitere Kirchgemeinde ausgegründet oder eine größere Pfarrkirche errichtet wurde, sollen sich künftig auf eine der beiden konzentrieren. Das trifft in Gemünden auf die 1954 gebaute Dreifaltigkeitskirche in der Kolpingstraße zu. "Über die muss man gut nachdenken", sagt Emmert. Hier werde eher die Pfarrkirche St. Peter und Paul in der Innenstadt gestärkt. Oft sei der Zustand historischer Kirchen besser als der moderner. Gemäß dem Kategorisierungskonzept soll für Zweitkirchen nach einer neuen Nutzung gesucht oder die Gebäude abgerissen werden. Auch bei der neuen Wernfelder Kirche stelle sich die Frage nach der Zukunft. In Gräfendorf hingegen nutzen die Gläubigen die neue Kirche, die alte hingegen bleibe profanisiert, die Diözese beteiligt sich nicht am Unterhalt.
Sanierungen seien, so Emmert, in den vergangenen Jahren auf einem hohen Standard durchgeführt worden. Hier müsse man künftig wohl eher in Länder wie Italien blicken, wo Kirchen nicht immer in einem tiptop Zustand seien, manche einfach geschlossen sind. Laut Pfarrer Thoma sollen kleinere Sanierungen in Zukunft eher möglich sein. "Wenn du früher einen Farbeimer in die Hand genommen hast, ist schon 'Autsch!' gesagt worden."
Die Einstufung betreffe zunächst einmal nur die Frage der Zuschüsse. "Den Gottesdienstplan machen wir davon unabhängig", sagt Thorsten Kapperer. Wenn ein Kirchengebäude als solches erhalten bleibe, könnten dort auch weiterhin Gottesdienste stattfinden.