Ausgesprochen diskussionsfreudig gebärdete sich das Karlstadter Stadtratsgremium in seiner jüngsten Sitzung am Donnerstagabend im Rathaussaal. Bei der Haushaltsvorberatung gab es mehrere knappe Abstimmungen, bei denen – grob gesagt – eine Koalition aus Freien Wählern und Grünen jeweils einer solchen aus CSU und SPD unterlag.
Die Freien Wähler hatten beantragt, dass im Haushalt 50 000 Euro vorsorglich bereitgehalten werden sollten für mögliche kleinere Klimaschutzprojekte – wie zum Beispiel den Austausch einer Heizung. Im Zuge der Energiewende und der gegenwärtigen Diskussion um die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl könnte es kurzfristig Fördermöglichkeiten geben, auf die Karlstadt dann reagieren könnte, argumentierte Stadtrat Gunter Müller (Freie Wähler). Der Posten solle ohne konkrete Benennung der Investition in den Haushalt aufgenommen werden.
Kompromiss gefunden
Eugen Köhler (CSU) hielt dem entgegen: "Wir decken so etwas normalerweise über Deckungsringe ab." Deckungsring oder Deckungskreis bedeutet, dass mehrere untereinander deckungsfähige Haushaltsstellen miteinander verbunden sind. Kämmerer Ralf Liebl sagte, er könne nicht 50 000 Euro pauschal ohne Verwendungszweck im Haushalt einplanen. Die Aufsichtsbehörde werde das nicht genehmigen.
Armin Beck (Grüne) unterstützte den Antrag der Freien Wähler. Karlstadt sollte reagieren können und nicht abwarten, bis für die Energiewende ein Gesamtkonzept steht. Manfred Goldkuhle (CSU) hingegen meinte: "Da könnten wir ja gleich aus den 46 Millionen Euro des diesjährigen Haushalts immer etwas rausnehmen, wenn wir's gerade brauchen." Benedikt Kaufmann (Freie Wähler) verwies darauf, es gebe auch an anderen Stellen im Haushalt Platzhalter.
Schließlich kam es zu folgendem Kompromiss: Die Haushaltsstelle für die Umrüstung auf stromsparende LED bei der Straßenbeleuchtung wird um 50 000 Euro auf 150 000 erhöht und um den Begriff "Klimaschutz-Sofortmaßnahmen" ergänzt.
Parkplätze in der Kritik
Das zweite Thema, das eine längere Diskussion auslöste, ging in eine ähnliche Richtung. 10 000 Euro sind vorgesehen für Kleinprojekte im Zusammenhang mit der "Fahrradfreundlichen Kommune", also etwa eine Fahrrad-Reparaturstation oder Fahrrad-Anlehner. Benedikt Kaufmann sagte, dieser Betrag sollte erhöht werden. "Wir hoffen, dass das Fahrradkonzept bald kommt." Da werde man vermutlich mehr Geld brauchen.
Sein Kollege Gunter Müller – den Fahrradhelm vor sich auf dem Tisch – machte sich regelrecht zur Speerspitze für die Radfahrer und Fußgänger. "Wir haben in der Vergangenheit viel über Parkplätze nachgedacht. Aber es braucht eine andere Denkweise. Die Stadt und die Stadtteile können nicht mit noch mehr Blech zugestellt werden. Die Städte sind für die Menschen da, nicht für die Autos. Klimaschutz sieht anders aus." Mit seinem Hinweis auf die 120 000 Euro, die für weitere Parkplätze im Leckertsgarten investiert werden sollen und die man besser für Fußgänger und Radfahrer abzweigen sollte, nahm die Diskussion eine neue Richtung – hin zum Thema Leckertsgarten.
Gunter Müller: "neues Denken"
Bürgermeister Michael Hombach betonte, der Leckertsgarten sei wichtig für alle, die von Karlstadt aus mit der Bahn fahren. Uwe Mehling (CSU) verwies darauf, dass der Talavera-Parkplatz in Würzburg kostenpflichtig werden soll. Das könnte mehr Menschen dazu bewegen, mit der Bahn nach Würzburg zu fahren. Mehling kritisierte die Freien Wähler "Hier geht es um Symbolpolitik und darum, einer Gruppe, die sich – zu Recht – für das Fahrrad starkmacht, nach dem Mund zu reden." Gemeint war vermutlich "Karscht macht mobil".
Seine Fraktionskollegin Isabel Frohnapfel meinte: "Ich muss jetzt schon an mich halten. Jahrelang habe ich mit dem Bürgermeister (Paul Kruck, Freie Wähler; Anm. d. Red.) debattiert, dass mehr für die Spielplätze getan werden muss. Immer wurden Parkplätze propagiert statt Spielplätze." Auch Hombach erinnerte an den früheren Antrag der Freien Wähler zur Vergrößerung des Leckertsgartens. Verzichte man auf die Parkplätze, dann laute die nächste Diskussion "Die Altstadt stirbt aus".
"Sie brauchen nicht so zynisch daherzureden", konterte Müller. Der jetzige Antrag der Freien Wähler stehe für ein neues Denken. "Wir haben genug Parkplätze, die müssen nur alle genutzt werden."
Hombach brachte die Idee ins Spiel, als Kompromiss die 10 000 Euro auf 25 000 zu erhöhen. Letztlich stimmten zwölf Stadträte dafür, den Haushaltsansatz bei 10 000 Euro zu belassen. Die zehn Stadträte, die lieber 50 000 Euro eingestellt hätten, unterlagen.