Wir leben in turbulenten Zeiten. Viele Menschen sind verunsichert, was beim Hausbau und -kauf sowie bei der Finanzierung zu beachten ist. Matthias Wolf, Bereichsdirektor Geschäftskunden und Immobilien bei der Sparkasse Mainfranken-Würzburg, und Toni Riedmann, Immobilienberater und Makler der Sparkasse in Main-Spessart, erklären im Interview, ob man in der aktuellen Lage eher bauen oder kaufen sollte und welche Fragen vorab zu klären sind.
Matthias Wolf: Wie geht es mit den Preisen und den Zinsen weiter? Welche Renovierungsarbeiten sind noch sinnvoll zu leisten oder besser zurückzustellen?
Toni Riedmann: Ungewissheiten infolge der Pandemie und des Krieges. All diese Sachen erhöhen natürlich den Beratungsbedarf. Insgesamt werden die Beratungen intensiver und die Fragestellungen genauer, weil mehr Klärungsbedarf besteht. Das war früher aber auch schon so.
Riedmann: Einen derartigen Rückgang spüren wir nicht. Wir haben hier einen relativ stabilen Markt, weil Spekulation eine geringere Rolle spielt. Zumeist finden sich hier Immobilien zur Eigennutzung, wir haben sehr viele Einfamilienhäuser mit kleinem Grundstück, Bauernhöfe oder auch mal kleine Stadthäuser – und die werden mit dem Herzen gekauft.
Wolf: Es ist zwar kein Rückgang zu verzeichnen, aber die jahrelange Preisentwicklung ist zum Erliegen gekommen.
Wolf: Vorrangig aufgrund des höheren Zinsniveaus – das dämpft die Nachfrage nach Häusern. Bei Neubauten spielt außerdem die Verfügbarkeit von Baustoffen und Handwerkern eine wichtige Rolle: Einzelne Gewerke verzeichnen 30 bis 50 Prozent Preiszunahme. Das und gestiegene Zinsbelastungen machen Neubaufinanzierungen wesentlich teurer.
Wolf: Ja. Die fertige Immobilie steht da und beim Neubau weiß ich nicht genau, was in nächster Zeit auf mich zukommt. Dabei muss man aber immer im Kopf behalten, dass beim Kauf einer Immobilie immer ein gewisser Kompromiss gemacht werden muss: Einen Neubau gestalte ich, wie ich es will und ein gekauftes Haus hat vorher schon jemand konfiguriert. Was wir in der Folge feststellen: Renovierungsbedürftige Eigenheime werden weniger nachgefragt, weil dabei die Baustoff- und Handwerkerknappheit wieder Themen sind.
Riedmann: Unser Landkreis hat eine große Fläche und ist geprägt von den vier sogenannten Mittelzentren Marktheidenfeld, Lohr, Gemünden und Karlstadt und von ansonsten ländlicher Struktur. Die Verkehrsanbindung ist bei Immobilien eine ganz zentrale Frage, die den Preis mitbestimmt. Dasselbe Objekt in einem Mittelzentrum wird wohl einen höheren Preis erzielen als im Dorf, allerdings sind pauschale Aussagen schwierig. Es gibt zu viele Einflussfaktoren, die eine Rolle spielen.
Riedmann: Einen guten Überblick über die Preisstruktur bietet unser Wohnmarktbericht, den wir im Jahr 2021 zusammen mit dem IIB Dr. Hettenbach-Institut angefertigt haben und der online unter www.sparkasse-mainfranken.de einsehbar ist.
Riedmann: Corona. Die Einführung des Homeoffice für viele Menschen brachte einen Einstellungswandel: Wenn man von zu Hause aus arbeiten kann, warum dann nicht ein Haus im Grünen kaufen, das auch noch preislich attraktiv ist? Ländliche Wohnorte haben an Beliebtheit gewonnen.
Riedmann: Günstig ist immer relativ. Es gibt wenig Grundstückhandel in Main-Spessart und auch wenig Neuerschließung. Am Sichersdorfer Berg in Arnstein entstehen aber gerade 90 neue Grundstücke. In einem Neubaugebiet ist die Infrastruktur auf der Höhe der Zeit und daher sind solche Grundstücke oft teurer als ältere. Davon gibt es aber natürlich nur wenige.
Wolf: Viele Prognosen deuten darauf hin, dass die Zinsen sich in etwa auf dem momentanen Niveau einpendeln werden oder sogar noch leicht steigen. Es gibt aber auch gegenteilige Meinungen.
Wolf: Letztes Jahr waren wir bei zehnjähriger Bindung etwa bei 0,8 Prozent, momentan bewegen wir uns bei um die vier Prozent. Außerdem beobachten wir Schwankungen von bis zu 0,3 Prozent im Tagesverlauf – das ist sehr viel. Grund dafür ist die verstärkte Unsicherheit an den Märkten.
Wolf: Nein. Wir haben in der Regel feste Zinsbindungen zwischen zehn und 15 Jahren. Die meisten sind daher von den aktuell gestiegenen Zinsen gar nicht betroffen. Was man aber beobachtet sind Kundinnen und Kunden, die sagen: "Das kann oder will ich mir gerade nicht leisten."
Wolf: Wir empfehlen 15 bis 20 Prozent der Summe mit Ersparnissen selbst decken zu können. Die Sparkasse hat aber keine feste Untergrenze. Wenn die monatliche Tilgungsrate höher ist und ausreichend Sicherheiten gegeben sind, kann sie auch etwas niedriger sein.
Wolf: Eine feste Kalkulationsgrundlage ist die Basis. Dazu muss der eigene Budgetrahmen geklärt werden. Planen Sie dabei genügend Puffer für unvorhergesehene Ausgaben und eventuell weiter steigende Bau- aber auch Lebenshaltungskosten ein. Sie werden von ihrem Finanzpartner unterschiedliche Finanzierungspläne hinsichtlich Laufzeit und Verzinsung bekommen, das ist in die Planung mit einzubeziehen.
Wolf: Von einer flexiblen Verzinsung raten wir ab, lassen sie sich lieber ein Zinsniveau für einen gewissen Zeitraum festschreiben, wenn ein attraktives Niveau erreicht ist. Für die Kreditaufnahme sollte grundsätzlich, wie oben angesprochen, genügend Eigenkapital zur Verfügung stehen. Wenn Sie erkennen, dass es momentan nicht geht, dann können Sie genau an dieser Stelle ansetzen: Eigenkapital bilden. Das heißt, neben weiterlaufenden Kosten wie Miete und anderen Fixkosten versuchen, Geld zur Seite zu legen, damit später ein größerer Anteil der Summe selbst übernommen werden kann – Bausparen wird wieder sexy!
Wolf: Es klingt banal aber man sollte sich auch die Fragen stellen: Was will ich? Will ich bauen oder kaufen? Welche Kompromisse bin ich bereit dabei einzugehen? Welcher Finanzierungsplan ist realistisch? Und sich mit der Partnerin oder dem Partner zusammensetzen, um all diese Themen durchzusprechen.