zurück
Gambach
Hubert Aiwanger zu Stromtrassen in Gambach: "So eine Leitung tut nicht weh"
Aiwanger war zu einem Gespräch über die vielen Trassen bei Gambach eingeladen worden. Er zeigt sich realistisch. Für das neue Umspannwerk wird eine Fläche von 20 Hektar gesucht.
Hubert Aiwanger diskutiert in Gambach mit den Bürgern Friedrich Füller (Mitte) und Siegmund Dittmeyer.
Foto: Silvia Gralla | Hubert Aiwanger diskutiert in Gambach mit den Bürgern Friedrich Füller (Mitte) und Siegmund Dittmeyer.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 27.09.2024 02:38 Uhr

Hubert Aiwanger, inzwischen stellvertretender Ministerpräsident und Bayerns Wirtschaftsminister, wurde beim Thema Stromtrassen über die Jahre von der Realität eingeholt. Im Februar 2015 wetterte er bei einem Termin in Obersinn heftig gegen den inzwischen unterirdisch geplanten SuedLink, eine "Monstertrasse". Die sei überhaupt nicht nötig, sie diene vor allem Konzernen dazu, Kohlestrom und den Strom von "Riesenwindparks im Norden" in den Süden zu transportieren. Die Energieversorgung in Bayern sei trotz Abschaltung der Atomkraftwerke nicht gefährdet, so Aiwanger damals.

Am Donnerstag schlug Aiwanger bei einem Besuch in Gambach, wo sich künftig noch mehr Stromtrassen als bisher schon kreuzen sollen, ganz andere Töne an. Gegenüber den zwei Gambachern Friedrich Füller und Siegmund Dittmeyer sagte er im Anschluss an ein nichtöffentliches Gespräch im Feuerwehrhaus: "Man kann nicht dran vorbei, man braucht den Strom. So eine Leitung tut aber auch nicht weh." Füller fand: "Die Masten tun sehr weh."

Leitungen und ein neues sage und schreibe rund 20 Hektar (30 Fußballfelder) großes Umspannwerk bei Gambach stinken laut Aiwanger nicht und seien auch nicht laut. Die neue Energiepolitik mit dem Ende der Kernenergie und weniger Gas erfordere eben Infrastrukturmaßnahmen, die Energiewende sei aber auch eine Chance für Wertschöpfung in der Region.

20 Hektar für ein neues Umspannwerk gesucht

20 Hektar Platzbedarf, umgerechnet fast 30 Fußballfelder, für das neue Umspannwerk finde er schon sehr viel, sagte Dittmeyer, der auch Jagdvorsteher ist: "Wir werden unsere Jagd nicht mehr loskriegen." Aiwanger erwiderte: "Dann pachte ich sie." Der Gambacher hätte sich gewünscht, dass Aiwanger sich mal die bestehende Situation mit den Leitungen und Masten in Gambach anschaut, anstatt nur im Feuerwehrhaus zu diskutieren, aber der hatte Zeitnot. "Erdkabel kriegen wir auch noch", so Dittmeyer. "Diese Punkte haben wir ausführlich erläutert und auch Bilder gezeigt", warf Karlstadts Bürgermeister Michael Hombach ein. "Herr Aiwanger war sehr gut vorbereitet."

Bei Gambach kreuzen sich jetzt schon Stromtrassen, hinzu kommen eine Höchstspannungsleitung (P43), unterirdische Stromleitungen und ein Umspannwerk
Foto: Björn Kohlhepp | Bei Gambach kreuzen sich jetzt schon Stromtrassen, hinzu kommen eine Höchstspannungsleitung (P43), unterirdische Stromleitungen und ein Umspannwerk

Hombach war es, der Aiwanger nach Gambach eingeladen hatte. Eineinhalb Stunden sprachen Aiwanger, Hombach, Landrätin Sitter, Landtagsabgeordneter Schwab, Vertreter der Stadtratsfraktionen, des Rathauses, des Landratsamts, des Wirtschaftsministeriums und des Netzbetreibers Tennet hinter verschlossenen Türen miteinander. Hombach hinterher: "Dieses Gespräch war sehr wichtig für uns, um unsere Interessen mit einbringen zu können." In der Vergangenheit habe er die Erfahrung gemacht, dass Einwendungen zu wenig beachtet wurden. Nach dem Gespräch sei er aber optimistisch. Das Interesse der Stadt sei, dass die P43-Trasse (Fulda-Main-Leitung) und das Umspannwerk so weit wie möglich von der Bebauung wegkommen.

Aiwanger optimistisch, dass P43 möglichst weit von Gambach weg verlegt wird

"Es war ein sehr fruchtbares, sehr sachliches Gespräch", sagte Wirtschaftsminister Aiwanger dazu. Ziel müsse es sein, die Belastung zu minimieren und den Nutzen zu optimieren. Der Vorteil des Umspannwerks sei, dass hier lokal erzeugte erneuerbare Energie eingespeist werden könne und dass Industrie und Gewerbe hier genug Strom bekämen. Die Fulda-Main-Leitung P43 solle möglichst weit vom Ort weg. "Da gibt's Möglichkeiten, die innerhalb des Korridors zu verschieben", so Aiwanger. Man werde dann zwar in den Wald kommen, aber immerhin weiter vom Ort weg. Aiwanger bot Hombach an, wenn es hart auf hart kommen sollte, mit dem Netzbetreiber noch mal zu reden.

Welchen Einfluss die Politik denn überhaupt auf den Trassenverlauf habe, hat die Redaktion Thomas Wagner, Referent für Bürgerbeteiligung bei Tennet gefragt, der auch dabei war.  Bei dem Termin seien bestimmte Interessen artikuliert worden, so Wagner. "Wir gucken, ob wir die in die Planung mit einbringen können", machte er keine allzu großen Hoffnungen. Zum geplanten Umspannwerk sagte Wagner, dass man nach 20 Hektar suche, aber "de facto wird's kleiner werden". Zum Vergleich: Das große Umspannwerk in Bergrheinfeld hat etwa 11,5 Hektar. Hombach nahm die Einladung des Wirtschaftsministeriums, sich einmal ein bestehendes Umspannwerk anzuschauen, gerne an.

Ernüchterung bei Gössenheims Bürgermeister nach Gespräch mit Aiwanger

Ernüchtert von einem Gespräch mit Aiwanger wegen der P43-Trasse zeigte sich bei der Tennet-Infoveranstaltung am Mittwoch Gössenheims Bürgermeister Klaus Schäfer: "Es hat gar nichts gebracht." Gemeinsam mit Karsbachs Bürgermeister Martin Göbel war er Ende 2023 nach München zu Hubert Aiwanger gefahren, um eine Stunde lang ihre Gründe zu erläutern, die gegen den aktuellen Trassenverlauf sprechen.

Der genaue Trassenkorridor von P43 ist im Internet einsehbar unter https://emuapps.gis.arcadis.com/ADE_PROD/A140/

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gambach
Obersinn
Gössenheim
Karsbach
Karlstadt
Arnstein
Gemünden
Björn Kohlhepp
Atomkraftwerke
Gespräche
Hubert Aiwanger
Klaus Schäfer
Martin Göbel
Michael Hombach
Stadt Lohr am Main
Südlink
Tennet
Thomas Wagner
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Ulrich Wilhelm Kretzer
    Bin ja mal gespannt was Gössenheim und Eußenheim dazu einfällt. Bisher kam von diesen Gemeinden noch nichts zu den Plänen für die Neu-Trasse, die Verlegung der Bestandstrasse in Richtung Eußenheim und dem Umspannwerk.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten