In der Corona-Zeit hat die Möbelbranche ein Hoch erlebt, zurzeit laufen die Geschäfte aufgrund von Lieferschwierigkeiten und Inflation weniger gut. Geschäftsführer Sebastian Spitzhüttl führt das gleichnamige Neubrunner Unternehmen, das in diesem Jahr 50-jähriges Jubiläum feiert. Im Interview erzählt er, wie er mit den aktuellen Krisen umgeht und warum er nicht an ein Möbelhaus-Sterben glaubt.
Frage: 2019 haben Sie die alleinige Geschäftsführung bei Spitzhüttl übernommen, kurz danach hat Corona die Welt auf den Kopf gestellt. Wie sehr hat das auch Sie persönlich gefordert?
Sebastian Spitzhüttl: Es war die erste Krise, die ich erlebt habe, bei der ich niemanden fragen konnte: "Wie hast du das denn damals gemacht?". Als Geschäftsführer habe ich immer wieder mit Problemen zu tun, bei denen ich aber immer Kollegen fragen kann oder eben meinen Vater. Das ging bei Corona nicht. Die Gefühle waren eine Mischung aus Angst, aber auch fast ein bisschen Neugierde, was da kommt und wie man das meistern kann. Ich habe mich auf jeden Fall nicht ins Schneckenhaus zurückgezogen.
Wie sind Sie als Unternehmen durch die Corona-Zeit gekommen?
Spitzhüttl: Die ersten Monate waren natürlich katastrophal, weil wir das Geschäft schließen mussten, also von heute auf morgen keinen Umsatz mehr hatten. Aber nachdem der Lockdown vorbei war, haben sich viele Menschen auf ihr Zuhause besonnen und dort viel investiert. Neue Küche, neues Sofa – denn viele andere Möglichkeiten sind ja weggefallen. Urlaub ging erst mal nicht und keiner hat sich in dieser Anfangszeit getraut, wegzufahren. Große Anschaffungen wie ein neues Auto haben auch viele erst einmal zurückgestellt.
Hat dieser Effekt inzwischen nachgelassen? Man kann sich ja auch nicht jedes Jahr ein neues Sofa kaufen. Hinzu kommt die hohe Inflation.
Spitzhüttl: Ja, das ist leider so. Wenn wir uns heute die Zahlen anschauen, schauen wir nicht auf die beiden Vorjahre, sondern auf 2019, also vor die Pandemie. Man merkt auch in den letzten Monaten eine deutliche Zurückhaltung, weil die Verunsicherung riesig ist. Möbel oder eine neue Küche braucht man nicht unbedingt, da kann man sehr leicht sparen und sagen: das Sofa hält ja noch ein Jahr. Das merken wir natürlich auch. In der Regel sind Krisenjahre ganz gute Möbeljahre, weil die Menschen sich dann auf ihr Zuhause besinnen. Doch die heftigen Preissteigerungen bewirken jetzt schon, dass die meisten genauer überlegen, ob eine Anschaffung wirklich sein muss.
Sie können in Ihrem Möbelgeschäft nicht einfach das Licht ausschalten oder gar nicht mehr heizen. Wie sehr treffen Sie die aktuellen Energiepreise?
Spitzhüttl: Wir haben zum Glück schon vor acht Jahren ein Blockheizkraftwerk gekauft, mit dem wir unseren eigenen Strom erzeugen. Zusammen mit einer Photovoltaikanlage auf unseren Dächern können wir an guten Tagen tatsächlich circa 70 Prozent unseres Strombedarfs selbst decken. Das Abfallprodukt eines Blockheizkraftwerks ist warmes Wasser und das können wir wieder verwenden, um die Heizkörper zu erwärmen. Um das Heizkraftwerk zu betreiben, brauchen wir zwar Flüssiggas, aber da sind die Preise zum Glück nicht ganz so gestiegen wie für normales Gas. Insofern kommen wir damit hoffentlich ganz gut durch den Winter.
Thema Holzmangel: Der Rohstoff ist gerade sehr begehrt und der Holzmarkt fast leergefegt. Spüren Sie diese Entwicklung?
Spitzhüttl: Mittlerweile beruhigt sich der Markt tatsächlich wieder ein bisschen, auch wenn wir noch nicht wieder auf dem Niveau vor Corona sind. Aber durch gebrochene Lieferketten haben wir natürlich total lange Lieferzeiten, teilweise haben sie sich verdreifacht. Und die Preise sind deutlich gestiegen. Wir haben noch einige, wenn auch wenige, Hersteller, die in Deutschland produzieren und deutsches Holz verarbeiten. Mit denen läuft es gut. Aber alle, die ihr Holz aus Russland oder China importieren – und das sind viele – haben eine heftige Steigerung bei den Lieferzeiten. Wenn aus vier auf einmal zwölf oder 16 Wochen Lieferzeit werden, muss man das den Kunden erst einmal erklären. Zum Glück gibt es hier durch Corona viel Verständnis, weil die Menschen wissen, dass alles länger dauert.
Gibt es noch andere Bereiche, in denen es Lieferschwierigkeiten gibt?
Spitzhüttl: Ein riesiges Thema sind bei uns die Elektrogeräte-Hersteller, die machen uns gerade die meisten Schwierigkeiten. Ein Grund ist der Chipmangel. In so ziemlich jedem Elektrogerät ist heute ein Chip enthalten, auch im Backofen oder der Spülmaschine. Bei den großen Firmen kommt hinzu, dass durch die Globalisierung an einem Backofen bis zu 60 verschiedene Nationen beteiligt sind. Wenn die Schrauben aus Vietnam nicht kommen, kann man alles andere nicht zusammenbauen, obwohl es da wäre. Da hatten wir vor allem im Sommer 2020 große Schwierigkeiten und das hat sich bis heute nur bedingt erholt.
Ein weiteres Thema, das gerade sehr viele Unternehmen beschäftigt, ist der Fachkräftemangel.
Spitzhüttl: Das Thema ist auch bei uns sehr präsent. Es ist wirklich schwierig, vor allem im handwerklichen Bereich. Und wir finden keine Auszubildenden: sowohl in der Logistik als auch bei den Einzelhandelskaufleuten kriegen wir so gut wie keine Bewerbungen. Kritisch ist die Situation aber zum Glück noch nicht. Im Verkauf kommen wir noch gut klar, aber in der Logistik müssen wir teilweise auf externe Montagepartner zurückgreifen, weil einfach so viel zu tun ist.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie angesichts der aktuell schwierigen Situation auf den bevorstehenden Winter?
Spitzhüttl: Wenn uns Corona eines gelehrt hat, dann, dass wir überhaupt nicht wissen können was passiert. Dadurch bin ich gegenüber Krisen, die kommen, gelassener geworden. Auch wenn ich das teilweise schmerzhaft durch manch schlaflose Nächte zu Beginn der Corona-Zeit lernen musste. Wir schauen natürlich schon, dass wir keine Investitionen tätigen, die nicht unbedingt sein müssen. Aber den Kopf in den Sand zu stecken, wäre auch völlig falsch. Insofern versuche ich eine Art realistischen Optimismus zu verbreiten, dass auch diese Zeit irgendwann vorübergeht. Ich glaube nicht, dass wir in der Branche jetzt das große Möbelhaus-Sterben erleben werden.