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Gemünden
Hans Michelbach: Der Landkreis darf das Gemündener Kreisseniorenzentrum gar nicht abtreten
Der frühere Bürgermeister sagt, der Landkreis habe sich als Ausgleich für das geschlossene Gemündener Krankenhaus rechtlich verpflichtet, in Gemünden auf Dauer ein Seniorenheim zu betreiben.
Das Kreisseniorenzentrum in Gemünden.
Foto: Björn Kohlhepp | Das Kreisseniorenzentrum in Gemünden.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 01.07.2024 02:37 Uhr

Der Landkreis Main-Spessart möchte die beiden Kreisseniorenzentren in Gemünden und Marktheidenfeld an die Karlstadter Heroldstiftung abtreten. Diese Nachricht ist auf großes Leserinteresse gestoßen. Hintergrund ist, dass sich der Landkreis Main-Spessart den nötigen Neubau der zwei Seniorenheime offenbar nicht leisten kann, eine Lösung über einen Investor wäre ein mögliche Alternative gewesen.

Im Werkausschuss des Klinikums Main-Spessart und im Kreistag hat es – nicht-öffentlich – laut Landratsamt umfassende Diskussionen dazu gegeben. Der ehemalige Gemündener Bürgermeister Hans Michelbach bezweifelt aber, dass der Landkreis die Einrichtungen einfach so abtreten darf. Zumindest im Fall der Gemündener Einrichtung gebe es eine Verpflichtung des Landkreises gegenüber der Stadt zum Betreiben eines Seniorenheims.

Dies sei eine unter dem früheren Landrat Armin Grein getroffene Abmachung mit der Stadt Gemünden. Gemünden habe dafür Ende 1988 freiwillig sein Krankenhaus geschlossen und 50 Akutbetten an das Krankenhaus Lohr abgetreten, sagt Michelbach. "Das war ein enormer Wert, der nie mehr gutzumachen ist." Lohr hätte selbst ansonsten zu wenige Betten für eine Förderung im Zuge des Krankenhausbedarfsplans gehabt, die erst ab 150 oder 160 Betten gegriffen habe.

Michelbach: An Zusage des Landkreises muss sich ein Dritter nicht gebunden fühlen

Für den Landkreis habe damals die Notwendigkeit bestanden, in Lohr ein Schwerpunktkrankenhaus zu betreiben, da die vorher vier Krankenhäuser in den vier ehemaligen Kreisstädten auch aus Michelbachs Sicht eine "Zersplitterung der Krankenhauslandschaft" bedeutet hätten. "Das Versprechen war", so Michelbach, "dass der Landkreis dafür auf Dauer ein größeres Kreisseniorenzentrum in Gemünden unterhält und ausbaut." Grein habe das auch öfter öffentlich kundgetan. Gemünden habe dafür seinerzeit nicht gegen die Änderung des Krankenhausbedarfsplans geklagt.

Im umgebauten ehemaligen Gemündener Krankenhaus in der Friedenstraße sind jetzt die Caritas-Sozialstation, die Sparkasse und der Pflegestützpunkt untergebracht.
Foto: Björn Kohlhepp | Im umgebauten ehemaligen Gemündener Krankenhaus in der Friedenstraße sind jetzt die Caritas-Sozialstation, die Sparkasse und der Pflegestützpunkt untergebracht.

An die Zusage des Kreises müsse sich ein Dritter ja nicht gebunden fühlen, so Michelbach – "und die Betten hat die Stadt dann mehr oder minder umsonst gegeben". "Man müsste eine neue vertragliche Bindung herstellen zwischen der Stadt, dem Landkreis und der Heroldstiftung." So wie das zwischen ihm als Bürgermeister und Armin Grein damals stattgefunden habe. Die Vereinbarung basiere auf Beschlüssen des Krankenhausausschusses und des Kreistags, wo Michelbach damals CSU-Fraktionsvorsitzender war. Diese habe überhaupt erst dazu geführt, dass Lohr ein leistungsfähiges Krankenhaus wurde.

Schließung des Krankenhauses Gemünden sorgte für Wirbel

Der Altlandkreis Gemünden hatte zuvor ein kleines Altenheim, das danach saniert und erweitert wurde. Das Krankenhaus wurde dabei integriert. "Das hat der Grein eingehalten." Über die Schließung des Gemündener Krankenhauses sagt der Ex-Bürgermeister und -Bundestagsabgeordnete: "In Gemünden war damals total Feuer unter dem Dach, die Ärzte, die es mit Belegbetten betrieben haben, waren auf den Barrikaden." Es sei auch immer voll gewesen. Das ehemalige Krankenhaus wurde teilweise abgerissen, innen ausgehöhlt und erweitert. "Der Landkreis hat sich damals erkenntlich gezeigt, dass wir das nicht blockiert haben."

Michelbach frage sich auch, ob die Stiftung überhaupt in der Lage wäre, den geplanten Abriss und Neubau in Gemünden und Marktheidenfeld zu schultern. Dieter Reichert, Geschäftsführer der Otto-und-Anna-Herold-Altersheim-Stiftung Karlstadt, sagt, dass eine Übernahme der Kreisseniorenzentren in Bezug auf die Stiftungssatzung kein Problem wäre. "Wir haben außerdem diesbezüglich schon bei der Regierung von Unterfranken nachgefragt und grünes Licht erhalten." Mit Hilfe der vom Landkreis gestellten Sicherungsmaßnahmen könne die Heroldstiftung das stemmen.

Für Marktheidenfeld offenbar keine ähnliche rechtliche Verpflichtung

Leonhard Scherg, Bürgermeister in Marktheidenfeld von 1984 bis 2008, sagt, der Altlandkreis Marktheidenfeld habe das dortige Krankenhaus und Altenheim in den 60er Jahren gebaut. Er wisse für Marktheidenfeld von keiner rechtlichen Verpflichtung des Landkreises, auf Dauer ein Kreisseniorenzentrum zu betreiben. Eine moralische bestehe gleichwohl. Aber aus seiner Sicht könnte das auch die Heroldstiftung leisten. Die Heroldstiftung steht laut Stiftungsvertrag unter der Gewährträgerschaft des Landkreises.

"Es ist richtig, dass es sich bei der angestrebten Übertragung der Kreisseniorenzentren an die Otto-und-Anna-Herold-Stiftung um einen rechtlich komplexen Vorgang handelt", heißt es es auf Anfrage vom Landratsamt. "Ebenfalls richtig ist, dass noch nicht sämtliche Punkte abschließend geklärt sind."

Michelbach fehlt Verständnis für kleineren Neubau

Dass der geplante Neubau in Gemünden kleiner werden soll, darüber ist Michelbach nicht glücklich. Jetzt sind es 132 Betten, im Neubau sollen es nur noch 78 sein. "Das ist gegen die Entwicklung." Der Bedarf sei genau gegenteilig, nämlich "erheblich mehr". Davor könne man die Augen nicht verschließen.

Die Argumentation, dass zu wenig Pflegepersonal da sei, könne Michelbach nicht nachvollziehen. Man müsse eben ausbilden. "Man muss eine Pflegeschule angliedern." In Marktheidenfeld gebe es ja auch eine. Er habe auch in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter in Coburg unterstützt, dass dort eine Pflegeschule gebaut wurde. So habe es immer wieder genug Personal gegeben.

 
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  • Werner Müller
    Danke, Herr Kohlhepp, für Ihre ordentlichen Recherchen. Mir fällt dazu auch die Mainbrücke ein. Deren Übernahme war doch auch durch den Landkreis, sogar vom Vorgängerlandkreis "MIttelmain" vorgesehen. Leider ist das so nicht geschehen, auch die Übernahme der Ertüchtigten lässt auf sich warten. Gemünden hat dafür Millionen gezahlt. Ansonsten braucht man MIchelbachs Ausführungen, hier in der Sache Kreisseniorenzentrum, nichts mehr hinzuzufügen. Gemünden hat doch auch Kreisräte. Wo ist deren Befassung mit dem Thema? Der Landkreis ist in der Pflicht!
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